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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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bin über Ihren Werdegang auf dem laufenden, Commander.«
    Er hatte sich kaum verändert. Nach wie vor verbarg er seinen geschliffenen Verstand hinter einem schrulligen Auftreten.
    Er schob mich vor sich her – auf eine zweite Treppe zu.
    »Was halten Sie davon, wenn wir beim Essen reden, Brandis? Das Praeteroskopieren erzeugt in mir immer einen Mordshunger – ganz so, als hätte ich Lichtjahre zurückgelegt, zu Fuß.«
    Professor Smirnoff führte das Wort, während wir beim Essen saßen. Rang und Stellung machten auf ihn keinen Eindruck. Für ihn blieb ich der ehemalige Schüler. Er dozierte; meine Aufgabe war es, ihm zuzuhören. Er berichtete, von seiner Arbeit und seinem Leben.
    Der Eremit unter den Sternen, als der er mir vorgekommen war, war er durchaus nicht. Wenn ihm die Einsamkeit zu viel wurde, machte er den Laden kurzerhand zu, um sich in der Welt der Menschen umzutun. Sogar in Las Lunas war er gewesen. Ihn schauderte, wenn er daran zurückdachte. In den letzten Monaten freilich hatte er sich kaum von der Stelle gerührt.
    »Für meine Arbeit«, erklärte er, »gibt es gute und schlechte Perioden. Das mag zusammenhängen mit kosmischen Zyklen. Im Moment werde ich wieder einmal fündig.«
    Und damit waren wir bei der Praeteroskopie und ihrer praktischen Verwirklichung durch die Zeitspule. Smirnoff war in seinem Element.
    »Nichts geht verloren. Nichts. Können Sie mir folgen?«
    »Ich bin darum bemüht, Professor.«
    »Für uns mag es Vergangenheit werden. Aber wir sind nicht die letzte Instanz. Wir müssen uns daran gewöhnen, daß das Unverlierbare Realität ist.«
    »Es bleibt gespeichert. Wollen Sie das zum Ausdruck bringen?«
    »Speicher, Archiv: primitive Ausdrücke! Aber wir haben keine besseren. Sagen wir also: gespeichert. Wo, kann ich Ihnen nicht sagen. Wie, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber daß es unverloren ist, dafür liefert Ihnen die Zeitspule den Beweis. Sie haben’s gesehen. Robespierre! Dabei habe ich ihn gar nicht gewollt. Eigentlich galt mein Abruf Robin Hood.«
    Er bemerkte die unausgesprochene Frage in meinem Blick und fügte hinzu: »Die Praeteroskopie ist eine sehr junge Wissenschaft, Commander, und meine Zeitspule ein sehr sensibles Instrument. Gewissermaßen stochere ich mit ihr in einem wimmelnden Ameisenhaufen herum – auf der Suche nach einer ganz bestimmten Person. Noch übersehe ich nicht, nach welchem System dieser Speicher aufgebaut ist.«
    »Gibt es Unterschiede, Professor?«
    »O ja. Nehmen wir die Antike. Sie ist klar, logisch und übersichtlich. Kein Problem, sie abzurufen. Wahrscheinlich ist damals noch nicht so viel dummes Zeug geschwätzt worden.«
    »Darf ich daraus schließen, daß es für Sie bei der Neuzeit Probleme gibt?«
    »Gehen Sie mir mit der Neuzeit! Neulich bin ich versehentlich auf eine Parlamentsdebatte gestoßen. Prompt schlugen alle Sicherungen durch.«
    »Und wie rufen Sie ab?«
    »Meistens nach einer gedanklichen Vorstellung. Und das ist das Problem. Entweder stimmt die Vorstellung nicht, oder das Datum ist falsch, oder das ganze Ereignis gehört in einen ganz anderen Zusammenhang. Und dann ist da immer noch das Problem der richtigen Chiffrierung. Man müßte mehr in der Hand haben. Heute rief ich Robin Hood – und wer erschien? Robespierre. Robespierre erscheint überhaupt gern. Ich glaube, er ist eitel.«
    Verstohlen warf ich einen Blick auf die Uhr. Falls ich beizeiten auf dem Uranus sein sollte, um den beladenen Konvoi nach Metropolis zu führen, durfte ich auf P-kop keine Wurzeln schlagen.
    »Was würde Ihnen weiterhelfen, Professor?« erkundigte ich mich.
    Er runzelte die Stirn.
    »Vor allem: die exakte Beschreibung. Die exakte Beschreibung ist der Schlüssel für den Abruf. Sie macht es mir möglich, die Zeitspule auf alle wesentlichen Merkmale des Ereignisses oder der Person zu programmieren.«
    »Und außer der exakten Beschreibung, Professor?«
    »Man kann sich behelfen. Durch einen Stich. Durch eine Filmaufnahme. Durch einen Tonmitschnitt. Mit anderen Worten: durch sachliche Vergleichsproben.« Smirnoff deutete aufwärts. »Bei dem babylonischen Sprachwirrwarr, das dort herrscht, sind Tonaufnahmen sehr wertvoll. Jede Stimme hat ihre eigene Frequenz …«
    Mir wurde plötzlich bewußt, daß sein Blick forschend auf mir ruhte.
    »Und deswegen sind Sie doch wohl hier, Brandis. Also, kommen Sie schon über!«
    Im allgemeinen bin ich kein großer Redner. Diesmal, glaube ich, war ich das. Ich erzählte von der Großen Katastrophe –

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