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Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Weltraumpartisanen 29: Zeitspule

Titel: Weltraumpartisanen 29: Zeitspule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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einmal.
    »Professor!«
    Smirnoff schenkte mir keine Beachtung. Seine Aufmerksamkeit war gefesselt durch das leichtgeschürzte Spektakel in seiner unmittelbaren Nachbarschaft.
    Die Darsteller waren ein Mann mit strengen Gesichtszügen, der eine gepuderte Perücke trug, und eine hübsche junge Frau mit einem koketten Lachen. Die Frau war eindeutig damit beschäftigt, den Mann zu umgarnen.
    »Maximilien, ein kleines Schlößchen! Was ist schon dabei? Bin ich denn nicht auch eine Frau aus dem Volk?«
    Die Miene des Mannes drückte aus, daß es ihm darum ging, geheiligte Grundsätze zu wahren.
    »Wirklich, Claire, mir sind die Hände gebunden. Es ist gegen das Gesetz.«
    Die Dame machte einen Schmollmund.
    »Das Gesetz sind doch noch immer Sie, Maximilien. Und obwohl ich mir durchaus Rechenschaft darüber ablege, daß Sie völlig unbestechlich sind, bemerkte ich doch auch, daß Sie mit einem Federstrich ebenso Köpfe rollen lassen können wie Berge versetzen …«
    Auf einmal wußte ich, in welche Vergangenheit es mich verschlagen hatte. Vor meinen Augen spielte sich ein pikanter Vorfall aus der Zeit der französischen Revolution ab: bei perlendem Wein in geschliffenen Gläsern und schmeichelndem Kerzenschein.
    Die Dame war mir unbekannt. Wahrscheinlich spielte sie in der Geschichte nur eine untergeordnete Rolle. Aber der Mann mit der gepuderten Perücke war unzweifelhaft Robespierre.
    »Sie sagen es, ma belle, und dabei wollen wir es bewenden lassen« – Robespierre küßte galant die Fingerspitzen der unbekannten Schönen, »ich bin unbestechlich.«
    »Aber nicht doch, Max! Auch Sie sind bestechlich. Wetten, daß ich morgen früh Ihre Unterschrift habe?«
    »Wetten, daß nicht!«
    Die schöne Unbekannte beugte sich plötzlich vor und blies die Kerzen aus.
    »Top! Die Wette gilt!«
    »Aber doch nicht so!«
    »Still!«
    Mehr kam nicht – bis auf einen letzten, halberstickten Seufzer Robespierres. Die Arena blieb dunkel. Smirnoff drehte sich um und versetzte dem Pult verärgert einen Faustschlag. Aber die Vergangenheit kehrte nicht mehr zurück.
    »Daran sind Sie schuld!« Smirnoffs Augen musterten mich voller Zorn. »Was dringen Sie hier ungebeten ein? Sie beeinflussen meine Konzentration. Die Zeitspule funktioniert nicht, wenn ich mich nicht zu konzentrieren vermag. Durch Ihre Schuld wird der Historiker nun nicht erfahren, ob Robespierre wirklich so unbestechlich gewesen ist, wie man immer behauptet.«
    Smirnoff war schon immer ein Meister des Tadelns gewesen. Der rabiateste Schüler wurde klein, wenn er von seinem zürnenden Blick getroffen wurde. Auch mir ging der Scherz nur zäh über die Lippen: »Wetten, daß nicht.«
    Smirnoff verzog die Miene zu jenem Ausdruck unsäglicher Mißbilligung, wie ich ihn so oft an ihm erlebt hatte, wenn er wieder einmal, wie er sich auszudrücken pflegte, Perlen vor die Säue geworfen hatte.
    »Ihre Ausdrucksweise läßt darauf schließen«, sagte er, »daß Sie P-kop mit einem Wettbüro verwechseln!«
    Doch noch während er mich rügte, faßte er mich schärfer ins Auge, und sein Gesicht glättete sich.
    »Ja, sind Sie nicht …«
    Ich nickte.
    »Ich bin’s Professor. In Leibesgröße. Ihr ehemaliger Schüler, Brandis.«
    Smirnoff musterte mich von Kopf bis Fuß; es war wie in alten Zeiten.
    »Ausgerechnet Sie! Mein unmöglichster Schüler.«
    »Leider, Professor. Inzwischen weiß ich, wieviel ich Ihnen verdanke.«
    »Na …!« Smirnoff ließ sich besänftigen. »Und was wollen Sie?«
    »Ihre Hilfe, Professor.«
    »Für sich selbst?«
    »Für eine kaputte Welt, Professor.«
    Smirnoff wiegte den Kopf.
    »Sie wollen dazugelernt haben? Sie sind noch unbelehrbarer, als ich Sie in der Erinnerung habe, Brandis! Sie projizieren persönliches Versagen auf einen schuldunfähigen Planeten. Die Welt ist immer so kaputt oder so heil wie Sie selbst.«
    »Das haben Sie schon damals gesagt, Professor.«
    »Und es stimmt immer noch. Widerlegen Sie es, falls Sie es können.«
    »Sie haben recht, Professor.«
    Smirnoff stand plötzlich auf und kam mir mit ausgestreckter Hand entgegen.
    »Ich habe die Annäherung Ihres Schiffes wohl bemerkt, aber wie Ihnen nicht entgangen ist, war ich beschäftigt. Und nun haben Sie auch ohne mein Mitwirken den Weg auf die Plattform gefunden. Kommen Sie zu mir, um mich für die UGzRR zu werben?« Smirnoff quetschte meine Hand. Das Einsiedlerdasein unter den Sternen bekam ihm prächtig. Für sein Alter entwickelte er eine nicht zu verachtende Kraft. »Sie sehen, ich

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