Weltraumpartisanen 30: Die Eismensch-Verschwörung
winzigen Kristall zu tun hatte. Das war aber auch alles.
Brandis hätte vielleicht gewußt, was es mit diesem Pulver auf sich hatte – aber als sie den Umschlag in ihrer Tasche entdeckte, war der Rapido-Kreuzer schon auf dem langen Weg zu den Sternen gewesen. Wahrscheinlich war der Umschlag überhaupt für Brandis bestimmt gewesen – nur hatte der Professor keine Gelegenheit gefunden, ihn dem Commander selbst zu überreichen.
Ruth starrte den Kristall auf ihrer Fingerkuppe an. Zwei Fragen beschäftigten sie.
Die erste lautete: Was stand als Grund hinter der Heimlichtuerei des alten Herrn?
Und die zweite hieß: Sollte sie den Umschlag, wie er war, bis zu Brandis’ Rückkehr verwahren?
Harris, der ihr hätte raten können, ebenso väterlicher Freund wie Chef, war nicht zu erreichen.
Verdammt, sagte sich Ruth.
Erneut griff sie zum Visiofon. Es meldete sich die Technische Abteilung – mit einem ihr unbekannten Gesicht.
»Ja?«
»Ich versuche Sven Runeberg zu erreichen«, sagte Ruth. »Das ist doch seine Nummer?«
»Das isse«, wurde ihr beschieden. »Nur, er ist nicht am Platz.«
»Dann holen Sie ihn bitte«, sagte Ruth.
»Schlecht«, meinte der Typ in der Technischen Abteilung. »Sven ist dabei, den Bordcomputer der Najade zu checken. Die soll noch vor Mitternacht raus.«
Ruth wog die Gewichte gegeneinander ab: Eine geringfügige Arbeitsverzögerung gegen – ja, gegen was? Gegen ein paar Staubkörnchen?
Der blonde Schwede war mit Abstand der fähigste Elektroniker im Haus. Berühmte Universitäten hatten ihm wiederholt hochdotierte Lehrämter angeboten – offensichtlich, ohne ihn damit reizen zu können. Runeberg zog es vor, Chefmonteur bei der VEGA zu bleiben.
Ruth entschied sich.
»Sagen Sie Runeberg, ich brauche ihn in meinem Büro.«
»Jetzt gleich?«
»Sofort.«
Ruth schaltete ab, stand auf und kauerte sich neben Mark Junior auf den Teppich.
Brandis und sie waren sich einig gewesen: Bei dem Leben, das sie führten, wäre es unverantwortlich gewesen, Kinder in die Welt zu setzen. Das Leben selbst hatte sich nicht um ihren Vorsatz gekümmert; es hatte ihnen dieses fremde Kind praktisch in die Arme gelegt. Junior drosch mit einem Briefbeschwerer auf das Diktafon ein und verkündete mit Wohlbehagen: »Putt!«
Als Runeberg eintrat, sprang Ruth auf .
Der Schwede blickte fragend.
»Wo brennt’s, Ruth?«
Ruth fühlte sich von Zweifeln gepeinigt.
»Ich weiß nicht einmal, ob es überhaupt brennt, Sven«, erwiderte sie aufrichtig. »Aber falls es brennt, möchte ich es gern erfahren.«
»Ich bin verdammt in Eile, Ruth.«
»Ist mir schon unter die Nase gerieben worden.«
Sie reichte dem Schweden den Umschlag.
»Was ist das?« fragte er.
»Sehen Sie selbst nach!« antwortete sie. »Aber Vorsicht!«
Runeberg schüttete sich von dem Pulver etwas in die hohle Hand. Bevor er es betrachtete, roch er daran.
»Wofür halten Sie das?« fragte Ruth.
Runeberg wiegte den Kopf
»Staub. Aber kein gewöhnlicher.« Er rieb das Pulver zwischen den Fingerspitzen. »Kristalliner Staub. Wie sind Sie daran gekommen?«
»Der Umschlag wurde mir zugesteckt«, sagte Ruth.
Runebergs Miene verriet, daß ihn die Auskunft nicht befriedigte.
»Ich nehme an, der Umschlag war für meinen Mann bestimmt, für Commander Brandis. Ich fürchte, es ist wichtig.«
Runeberg schüttelte den Staub behutsam zurück in das Papier.
»Ein Schuß ins Blaue, Ruth«, sagte er. »Info-Kristalle.«
»Was ist das?«
»Informativer Staub. Er findet in der Biotechnik Verwendung. Winzige Kristalle als informative Tonträger. Sprachelemente für bestimmte Computer.«
Ruth überlegte. Falls Runeberg mit seiner Vermutung recht hatte, mochte es sein, daß der Umschlag eine wichtige Botschaft für Brandis enthielt.
»Schön«, sagte Ruth. »Und wie ruft man die Information ab?«
»Das wäre das Problem, Ruth. Wir arbeiten mit dem Zeug nicht. Man bräuchte spezielle Apparaturen.«
Ruth sah den Schweden abwartend an.
»Herrgott«, sagte Runeberg, »wir können’s probieren mit einem von den Stuntmen. Das sind die Puppen, die wir bei den Crashversuchen verwenden.«
Ruth war im Bilde. Was Runeberg als Stuntmen bezeichnete, waren spezielle feuerfeste Roboter, deren Aufgabe darin bestand, bei einer künstlich herbeigeführten Raumschiffskatastrophe bis zuletzt ihre Wahrnehmungen zu speichern.
Der gequälte Gesichtsausdruck des Schweden gab zu verstehen, wie sehr ihm jeglicher Pfusch zuwider war.
»Ruth, die Wiedergabe wird keine
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