Weltraumpartisanen 30: Die Eismensch-Verschwörung
Energiezeitalter einzuleiten.
Ein wenig von den Strapazen, unter denen alle diese Frauen und Männer auf der Baustelle zu leiden hatten, war auch Seebeck nicht erspart geblieben. Er war unausgeschlafen und fühlte sich wie gerädert. Der alte Versorger, der ihn nebst einer Ladung von Aluminiumsegmenten hierher geschafft hatte, war von widerlichen Energiestürmen gebeutelt worden. Überdies waren die sanitären Einrichten an Bord von der primitivsten Sorte gewesen. Seebeck sehnte sich nach einer heißen Dusche und einer Rasur. Doch dieser persönliche Luxus mußte warten. Im Augenblick gab es Wichtigeres zu tun.
Vom Versorger aus, bevor dieser aufsetzte, war der ganze riesige Komplex gut zu übersehen gewesen: mit seinen schwenkbaren Spiegeltrichtern, den Sektoren, die sich wie die fünf Zacken eines Sterns um jenes Kerngehäuse, die Zentrale, gruppierten, in dem er sich nun befand. Der Anblick hatte Seebeck tief beeindruckt. Überall wurde gearbeitet. Flinke Tender und offene Materialschuten huschten zwischen den freischwebenden Monteuren hin und her. Auch das sogenannte Hotel war zu sehen gewesen, die Wohnbaracke, in der die meisten der Techniker und Arbeiter untergebracht waren.
Die Zentrale war größer, als Seebeck vermutet hatte. Mit ihren technischen Einrichtungen – dem EBL als Achse – und den Wohn- und Aufenthaltsräumen für eine zehnköpfige Stammbesatzung hatte sie annähernd das Volumen einer mittleren Plattform.
Mehrere Elektroniker waren schweigsam damit beschäftigt, im Leitstand die Kontakte zu stöpseln. Seebeck warf einen Blick auf einen der ausgebreiteten Schaltpläne. Er trug die Überschrift Godwana.
Danach klomm er hinauf auf die Brücke, wo er zwischen lauter fremden Gesichtern eines erspäht hatte, das ihm bekannt war: Diego Morales, der neue Erste Ingenieur, stand neben einem gutaussehenden jungen Mann vor einem eingeblendeten Sektorenquerschnitt. Seebeck gab sich den Anschein, als sei er in das Betrachten eines maßstabsgetreuen Modells von Intersolar vertieft, das an einem unsichtbaren Energiefaden mitten im Raum schwebte. Es war schon verblüffend, wie selbst diese Miniaturausgabe des astralen Kraftwerks das durch die Scheiben einfallende Sonnenlicht einfing und auf das röhrenförmige EBL konzentrierte. Morales und der junge Mann schienen sich einig geworden zu sein.
»Es ist nicht ungefährlich, Frank. Ich soll Ihnen das einschärfen, sagt Brandis. Am liebsten würde er auf die überholten Engineers warten – doch die Zeit drängt.«
»Ich verstehe.« Der junge Mann nickte. »Ich mach das schon.«
»Aber Vorsicht, Frank! Brandis wartet vor Ort, um Sie persönlich einzuweisen.«
Morales, ein untersetzter Mittfünfziger, wandte sich um und streckte dem Neuankömmling die Hand hin.
»Ich bitte um Verzeihung, daß ich Sie nicht gleich begrüßt habe, Mr. Seebeck. Kennen Sie Frank Hauschildt schon? Er ist für Sektor Vier zuständig, unser Sorgenkind.«
Seebeck stieg begierig in das Gespräch ein.
»Und was ist der Anlaß Ihrer Sorgen, Frank?«
»Pfusch, Mr. Seebeck!« erwiderte der Sektorenchef. »Mr. Morales wird’s Ihnen erklären. Ich muß los.«
»Einer unserer besten Leute!« Der Erste Ingenieur blickte dem jungen Mann nach, als dieser grußlos davonstürzte. »Sektor Vier ist dabei, ihn zu verschleißen.«
Seebeck machte ein fragendes Gesicht.
»Es hängt mit den verdammten Folien zusammen«, sagte Morales, »mit den Reflektoren. Es kommt immer wieder vor, daß sie in der Kälte splittern, am liebsten, wenn sie gerade verlegt werden. Im Grunde müßte man die ganze Ladung reklamieren, doch dazu fehlt uns die Zeit.«
O ja. Seebeck nickte. Der Faktor Zeit. Am 23. November, in genau einer Woche, um 12.00 Uhr Metropoliszeit, so war es bekanntgegeben worden, sollte Intersolar seine Energielieferungen aufnehmen. In den Ländern der EAAU wurde dieser Tag herbeigesehnt wie nie ein anderer Tag zuvor.
»Und was ist das Gefährliche dabei?« erkundigte er sich.
Morales deutete hinaus.
»Ein Riß im Schutzanzug, Mr. Seebeck, und Sie holen sich eine tödliche Erfrierung. Das Verlegen der Folien ist eine Arbeit für Roboter, nicht für Menschen. Frank Hauschildt hält den Kopf hin für Fehler, die in den Zulieferindustrien begangen wurden – daheim auf Mutter Erde.«
Seebeck war am Ball. Es galt nur, die richtigen Fragen zu stellen.
»Hauschildt ist doch auch der Name …«
Morales blieb gelassen.
»Sprechen Sie es nur aus, Mr. Seebeck! Sie fragen sich, weshalb Leo
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