Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn
Henri Dunant wieder in Las Lunas aufgesetzt hatte, in seine Kammer eingekehrt. Dort saß er und schrieb einen Brief an seine Frau Mascha, als es klopfte.
Brandis trat ein.
»Störe ich?«
Stroganow legte den Schreibstift aus der Hand.
»Setzen Sie sich, Mark. Sie stören nie.«
Sie kannten sich seit über 23 Jahren – aus einer Zeit, als Brandis noch unter John Harris als Captain und Pilot geflogen war. Die Freundschaft, die sie miteinander verband, bedurfte keiner Bekundungen.
Stroganow stellte eine Flasche und zwei Gläser auf den Tisch.
»Weygand war vorhin hier«, sagte er. »Er fühlt sich ungerecht von Ihnen beurteilt, Mark. Sie trauen ihm noch immer nicht?«
Brandis stellte das Glas, das er schon erhoben hatte, wieder ab.
»Ich bemühe mich«, sagte er. »Es gelingt mir nicht. Das Kriegsgericht mag er überzeugt haben – mich nicht. Und wer einmal davonläuft …«
Stroganows blaßblaue Augen unter den buschigen Brauen blickten zurückweisend.
»Wo ist der Mensch, Mark, der von sich behaupten kann, er sei noch nie im Leben davongelaufen? Vielleicht gehören Sie dazu. Ich nicht.«
Brandis schwieg betreten.
Stroganows Worte hatten einen wunden Punkt in ihm getroffen. Mit seiner Frage war der Sibiriak gar nicht so weit von dem entfernt, was Ruth ihm an den Kopf geworfen hatte.
Nach einer Weile hob Brandis den Blick.
»Weshalb ich Sie aufsuche, Iwan … Was wissen Sie über Phantom -Satelliten?«
Der abrupte Themawechsel schien Stroganow nicht zu verwirren. Er wiegte den Kopf – ein Zeichen, daß selbst er, dem unter den Sternen sonst nichts fremd war, diesbezüglich nicht die erschöpfende Auskunftsstelle war.
»Was ich darüber weiß, ist nicht viel, Mark«, antwortete er. »Die Sache wurde damals geheimgehalten. Einiges ist dann doch durchgesickert. Man hat den Satelliten den Namen Phantom gegeben, weil sie nicht zu orten sind. Im Krisenfall sollten sie wie ein Phantom auftauchen, zuschlagen und wieder spurlos in der Weite des Raumes verschwinden.«
Wieder stellte Brandis sein Glas zurück, ohne es an die Lippen zu führen.
»Zuschlagen – womit?«
»Mit Chemie. Und für die Selbstverteidigung waren sie mit KL bestückt. Die Feuerleitzentrale war lasergesteuert und reagierte auf Annäherung. Kam man dem Ding zu nahe – wumm!«
Brandis runzelte die Stirn. Von der Chemie hatte er bis zu diesem Moment nichts gewußt.
»Und wie«, fragte er, »wurden, wenn keine Annäherung möglich war, die Teufelsdinger gewartet?«
Stroganow dachte nach.
»Eine Vermutung, Mark«, sagte er schließlich. »Es muß für das Wartungspersonal die Möglichkeit gegeben haben, die Automatik der Feuerleitzentrale zu blockieren. Vielleicht durch ein bestimmtes Funksignal oder durch ein Codewort, durch eine Parole.«
Stroganow wiegte den Kopf.
»Ich hab’s mir so ausgerechnet, Mark. Vielleicht war’s auch anders.«
Brandis klopfte ihm auf die Schulter und stand auf.
»Danke, Iwan.«
Stroganow betrachtete das nichtgeleerte Glas.
»Sie wollen wohl nicht darüber reden, Mark?«
Brandis sah ihn an.
»Noch nicht.«
11.
Als die Henri Dunant an einem feuchtwarmen Julimorgen erneut auf dem Rampengelände der VEGA aufsetzte, gab es dafür einen triftigen Grund.
Bei der jüngst vorgenommenen Werftüberholung des Schiffes war unter anderem eine der Bremsdüsen mit einer neuen Ventilklappe ausgerüstet worden. Diese hatte die unangenehme Eigenschaft, bei extremer Beanspruchung zu klemmen. Der Fehler war im Prinzip längst behoben – Lieutenant Xuma hatte nicht einmal zwei Stunden dafür benötigt –, doch um einen Werftaufenthalt in der Hauptstadt der EAAU zu begründen, war er immer noch gut.
Brandis hatte beschlossen, den wahren Anlaß dieser Reise vorerst für sich zu behalten – so lange zumindest, bis er sich die Klarheit verschafft hatte, die ihm noch fehlte. Nicht zuletzt war das eine Frage der Verantwortlichkeit. Es genügte, daß er sich selbst in Gefahr begab. Und falls die Männer den Vorwand, den er den Behörden der EAAU lieferte, durchschauten, mochten sie sich damit trösten, daß ein unverhoffter Urlaubstag auf sie wartete.
Unterwegs, als sich der schweigsame Vormann außer Hörweite befand, hatte Levy versucht, den Sibiriaken auszuhorchen.
»Wegen einer Ventilklappe in die Werft? Da steckt doch wohl was anderes dahinter.«
Stroganow hatte ein leeres Gesicht gemacht und seine Vermutungen für sich behalten.
»Beim letzten Einsatz hätte es um ein Haar Blechsalat gegeben, als Weygand auf
Weitere Kostenlose Bücher