Weltraumpartisanen 31: Geheimsache Wetterhahn
Zusammentreffen des sogenannten klimatischen Umbruchs auf diesem Planeten mit dem Aufstieg eines Generals namens Alfred Dreyer zum Konsul und alsbaldigem Kaiser der Drei Vereinigten Kontinente.«
Die alte Dame hob warnend die gichtige Hand.
»Mark, worauf läuft dieses Puzzlespiel hinaus?«
Brandis ließ die Zurückhaltung fallen.
»Es gibt noch mehr Puzzleteile, Frau Professor. Allein bekomme ich sie nicht zusammen.«
Die alte Dame ließ ein paar Sekunden verstreichen, bevor sie zurückgab: »Und falls ich Ihnen helfe, Mark – fürchten Sie dann nicht, das fertige Bild könnte gefährlich werden?«
»Gefährlich«, erwiderte Brandis, »ist einzig und allein die Ungewißheit. Ich werde Ihnen jetzt die anderen Puzzleteile vorlegen …«
Brandis machte sich an die Aufzählung. Er ließ nichts aus, aber er vermied auch jegliche Ausschmückung. Nur die reinen Tatsachen ließ er gelten.
Da gab es den Verlust der Martin Luther King infolge nachweisbarer Einwirkung von Kaltem Licht.
Dann gab es jene geheime Aufzeichnung eines Gesprächs des Konsuls mit seinen Gehilfen. Brandis behielt für sich, wer diese Aufzeichnung beschafft und wo er sie gehört hatte.
Ferner gab es Ruth O’Haras Bericht über neun vom Gelände der VEGA verschwundene Satelliten des geächteten Typs Phantom. John Harris selbst, der in Las Lunas immer noch zwischen Leben und Tod schwebte, hatte sich hierzu freilich bislang nicht äußern können.
Und schließlich gab es einen Las-Lunas-Piloten, der, bevor er starb, schwere Vorwürfe erhob gegen einen Militärfrachter der EAAU.
Brandis erwähnte auch die Rendezvous-Scheibe, die sich in der verkrampften Hand des Sterbenden befunden hatte – und auch, welchem Zweck diese diente.
Helen Scharmbeck hatte ihm geduldig zugehört. Nun wiegte sie verärgert den Kopf.
»Und jetzt soll ich aus all dem eine logische Schlußfolgerung ziehen, Mark, damit Ihr Puzzle aufgeht? Sie verlangen zu viel von mir.«
»Da gibt es noch etwas, Frau Professor …«
Brandis stellte ein Fläschchen auf den Tisch, das fest verstöpselt war.
»Ich fand das an meiner Kleidung. Es ist Teil der Fracht, die ein Militärfrachter vom Mars zu einem nicht genannten Bestimmungsort transportierte – vielleicht derselbe Militärfrachter, den der sterbende Las-Lunas-Pilot verfluchte.« Brandis stieß das Fläschchen mit dem Zeigefinger an. »Bei uns an Bord hatte das Zeug eine verblüffende Wirkung.«
Er sah ihr zu, wie sie das Fläschchen gegen das Licht hob. Der Inhalt war geringer als jene sprichwörtliche Prise der Kochbücher. Man nahm ihn erst wahr, sobald man das Fläschchen schüttelte.
»Staub?« fragte sie.
»Oder ein pulverisiertes Mineral«, sagte er. »Auf jeden Fall stammt es vom Mars.«
In plötzlichem Entschluß schüttete sich die alte Dame den Flascheninhalt in die hohle Hand.
»Gut«, sagte sie. »Und jetzt warte ich auf Ihr Abrakadabra, Mark.«
Brandis schwieg. Der Geist war aus der Flasche – doch nichts, was seinem vermeintlichen Puzzle dienlich sein konnte, geschah.
Ein paar blinkende Staubkörner in der runzligen Hand einer greisen Frau – das war alles.
Eine Enttäuschung?
Oder ein Beweis dafür, daß er Zusammenhänge sah, wo es keine gab?
Er dachte an die Wasserlache unter den triefenden Raumanzügen. Die Magnetverschlüsse waren gleichsam sprudelnde Quellen gewesen. Und dann sagte er plötzlich laut: »Sie haben recht, Frau Professor. Der Zauberstab fehlt. Besitzen Sie einen Magneten?«
Sie sah ihn eine Weile lang ruhig an, bevor sie zurückgab: »Holen Sie ihn! Er liegt auf der Nähmaschine. Ich brauche ihn gelegentlich, um den Teppich von heruntergefallenen Nadeln zu säubern.«
Brandis brauchte nicht zu suchen. Mit dem kleinen u-förmigen Stück Metall kehrte er zurück und legte es wortlos auf die Handfläche mit dem blinkenden Staub.
Und dann dauerte es gar nicht lange.
Der Kaffee hörte auf zu dampfen. Statt dessen überzog sich die Hand der alten Dame mit einem feuchten Schimmer, und in den Linien und Furchen bildeten sich kleine Bäche.
Die alte Dame hob den Kopf.
»Kondensationskeime«, sagte sie, »wahrscheinlich aus hochempfindlichem marsianischem Magnetit. Ich denke, jetzt bekommen wir Ihr Puzzle zusammen, Mark.«
Sobald ein Puzzle erst einmal zusammengestellt ist, sieht man ihm nicht mehr an, wieviel Mühe und unsicheres Tasten sich darin verbirgt.
Die Kondensationskeime waren der Schlüssel. Jeder Kondensationskeim bedeutete einen Regentropfen.
Helen Scharmbeck
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