Weltraumschwimmer
den Schlamm zwangen, wo er sich halbverrenkt, nach oben kämpfend, gegen sie wehrte. Doch es gelang ihm schnell, sich aus dem Schlamm zu befreien und hochzuschießen, aber immer noch bedrängten ihn vier. Einem stieß er den Dolch in die Brust, einem zweiten riß er die Maske der Wasserlunge vom Gesicht. Andere stürmten auf ihn ein, aber er war nun völlig kühl und ruhig und berechnete mit unvorstellbarer Schnelligkeit jeden Zug seiner Gegner und wehrte sie ab, während sein Dolch jedesmal unfehlbar sein Ziel fand.
Die Vibrationen des Kampfes lockten Fische aller Art herbei. Und Meilen entfernt spürte auch Mugger sie. Er hoffte auf Nahrung – eine Walkuh, vielleicht, im Todeskampf mit einem kleineren seiner Vettern. Beide wären erfreuliche Happen für seinen hungrigen Magen. Und so schnellte er sich eilig herbei.
Aber inzwischen war die Schlacht schon fast vorbei. Ein paar der Lander versuchten, in ihre Schiffe zurückzukehren und dem einen zu folgen, aus dem keiner ausgestiegen war, und das inzwischen schon die Flucht ergriffen hatte. Aber die Seegeborenen versperrten ihnen den Weg und töteten sie, denn sie wußten, wenn sie sie am Leben ließen, würden sie eines Tages wiederkehren und heimtückisch morden.
Nach einer Weile wurde es wieder still. Der aufgewirbelte Schlamm setzte sich. Die Überlebenden konnten einander nun sehen. Johnny zählte sie. Mit ihm waren es noch dreizehn. Sie hatten vier Mann verloren. Ihre Leichen brachten sie in eines der Jägerschiffe, das sie mitnehmen würden. Die toten Lander überließen sie Mugger und seinesgleichen. Dann rief Johnny das Kleinboot mit dem Autopiloten, und sie kehrten zum Seelabor zurück. Außer Johnny und noch einem hatten sie alle Verletzungen davongetragen, glücklicherweise aber keine sehr schweren.
Johnny begab sich sofort zum Tank und blieb neben Leif und Maytig stehen. „War es schlimm?“ fragte ihn Leif.
„Es gibt siebenundvierzig Jäger weniger“, erwiderte Johnny, und auf Maytigs stumme Frage, „wir haben vier Männer verloren.“ Er schaute in den Tank, in dem Tomi immer noch über dem riesigen wallenden Blau des Raumschwimmers hing. „Was ist hier inzwischen geschehen?“
„Wir wissen es selbst nicht“, murmelte Maytig. „Leif sagt, so lange wie Tomi konnte sich noch nie jemand an einen Schwimmer hängen. Aber was vor sich geht, wissen wir nicht. Tomi bat uns, nicht mit ihm zu sprechen.“
„Beschleunigung!“ rief einer der Techniker an den Instrumenten hinter ihnen.
Leif stöhnte. „Wir werden ihn gleich verlieren.“
Johnny sah die projizierten Sterne um die beiden Gestalten wirbeln. „Den Schwimmer?“
„Er beschleunigt bereits und wird gleich eintauchen …“
Noch ehe Leif zu Ende geredet hatte, verschwand der Schwimmer wie eine ausgeblasene Kerzenflamme. Das Licht im Tank ging an, und die Sternenhöhle war nicht mehr. Tomi hob den Kopf wie ein Erwachender und schwamm schließlich auf die Schleuse zu. Wenige Sekunden später stand er tropfnaß neben ihnen. Er schob die Sichtscheibe seiner Maske auf die Brust hinunter.
„Hast du etwas erreicht?“ fragte Leif aufgeregt.
„Er wollte nicht mit mir reden“, sagte Tomi mit gepreßter Stimme und nahm automatisch das Handtuch, das Maytig ihm hinhielt. Der Junge war ganz offensichtlich wütend.
„Er wollte nicht mit dir sprechen? Du meinst – er hätte es gekonnt?“ fragte Leif ein wenig zögernd. Johnny fiel auf, daß Leif, genau wie alle anderen Landertechniker, Tomi unsicher anstarrten. Eine Sekunde verstand er nicht, weshalb. Doch dann wurde ihm klar, daß es Tomis Gesichtsausdruck war. Es war unbegreiflich für sie, daß ein Zehnjähriger – auch wenn er fast schon ihre Statur hatte – seine sichtliche Wut wie ein Erwachsener unterdrückte. Sie wußten nicht und würden es im Gegensatz zu den Seegeborenen auch nicht verstehen, daß dieser Junge schon seit vier Jahren die Selbständigkeit und das Verantwortungsbewußtsein eines Erwachsenen hatte. Und daß er sich in diesen vier Jahren mit Dingen befaßt hatte, bei denen es um Leben und Tod für ihn und andere ging.
„Natürlich hätte er es gekonnt.“ Tomi knirschte mit den Zähnen. „Aber er blieb und beobachtete mich nur. Er wollte nicht antworten. Er ist älter als Mugger – viel, viel älter. Er ist so alt …“ Der Junge stockte. „Er ist so alt, daß ich nicht weiß, wie alt er ist. Deshalb wollte er mir auch nicht antworten – und es war nicht deshalb, weil er hungrig wie Mugger ist. Er hat genug
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