Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
ihre Stimme klang. Dies hatte man einer erbeuteten Aufnahme zu verdanken. Es handelte sich bei ihr um eine hinreißend schöne Frau unbestimmten Alters mit kalter Stimme und befehlsgewohntem Gehaben. Ferner war bekannt, daß sie innerhalb der Untergrundorganisation einen hohen Rang innehatte und daß sie um die Identität des Chefs des SOTE, seiner rechten Hand und über einige der Vorgänge innerhalb der Organisation Bescheid wußte. Weiter wußte man, daß sie stets so gekleidet war, wie es der letzte Schrei am Kaiserlichen Hof verlangte, was darauf schließen ließ, daß sie häufig an feierlichen Anlässen teilnahm, denn die Mode änderte sich rasend schnell. Und das war auch schon alles.
Unter seiner Deckidentität als Pierre Abelard war Jules nach außen hin mit der Erfassung der bei Hof Erscheinenden, geordnet nach Anlässen und anderen sozialen Faktoren, befaßt. In Wirklichkeit ackerte er sämtliche bei diesen Gelegenheiten aufgenommenen Bilder durch und hoffte, die undurchsichtige Lady A irgendwo zu erspähen und sie anhand der Gästeliste gar zu identifizieren.
Diese Sucharbeit erwies sich als höchst undankbar. Nach einer Woche hatte er nicht mehr vorzuweisen als hin und wieder ein Gesicht am Rande oder in der Ecke eines Bildes, das sein edles Wild hätte sein können. Und die Gästelisten waren keinen Pfifferling wert, weil sie immer unvollständig waren. Immer gab es Zudringliche, die sich Einlaß verschafften, oder in letzter Minute Eingeladene, die man nicht in die Listen eintrug, oder aber eingeladene Gäste gaben ihre Einladungen an andere weiter, ohne die Gastgeber zu verständigen, versteht sich, so daß Namen und Gesichter in keinerlei Zusammenhang zueinander standen.
Jules bekam es mit der Zeit herzlich satt, ständig Bilder anzustarren, die keine positiven Ergebnisse lieferten. Lieber hätte er einer ganzen schwerbewaffneten Schurken-Armee gegenübergestanden, als sich weiterhin Schnappschüsse von langweiligen Menschenansammlungen auf sinnlosen Parties anzusehen.
Doch er wußte, daß mit jeder neuen Aufgabe streckenweise Langeweile verbunden war und daß für jede aufregende Sekunde im Außendienst stundenlange Vorbereitungsarbeiten am Schreibtisch notwendig waren. Mit einem matten Aufseufzen knipste er das vorliegende Bild aus und forderte aus der Gedächtnisbank des Computers das nächste an.
Und plötzlich fuhr er kerzengerade auf. Da war sie, voll getroffen. Zwar stand sie ganz im Hintergrund, doch die kalte Schönheit, der Ausdruck von Überlegenheit und Selbstsicherheit war nicht zu verkennen.
Er verschaffte sich Gewißheit über das Datum und stöhnte enttäuscht auf. Zum Verzweifeln war das! Die Aufnahme war vor vier Monaten in der Bloodstar Hall anläßlich der offiziellen Ankündigung der Verlobung der Kronprinzessin mit Choyen Liu, einem mystisch angehauchten jungen Mann vom Planeten Anares, geschossen worden. Und es war völlig ausgeschlossen, daß er sich über die Gästeliste für diesen Anlaß Gewißheit verschaffte, denn es hatte sich, einer Tradition folgend, um eine öffentliche Veranstaltung gehandelt, an der jeder teilnehmen konnte, dem es beliebte. Die meisten der Anwesenden waren zwar Adelige, die sich dort leicht Eintritt verschafften, aber das schloß nicht aus, daß es sich bei Lady A nicht um jemand Beliebigen von diesem Planeten handelte.
Jules wurde von einem Gefühl der Frustration übermannt, weil er endlich auf eine echte Spur gestoßen war und diese ihm dann praktisch wieder vor der Nase weggeschnappt wurde, ehe er sie auswerten konnte. Er vermerkte die Nummer des Bildes für den Fall, daß er später darauf Bezug nehmen mußte, und machte sich gelangweilt über das nächste Foto her.
Bis Ende dieses Arbeitstages war er auf keine neuen Hinweise gestoßen, dafür war er total erschöpft. Jules konnte sich nicht genug darüber wundern, daß pingelige Ermittlungsarbeit ermüdender sein konnte als jede Menge Kampf und Gerangel. Er raffte seine Aufzeichnungen zusammen und gab das Signal, man möge ihn hinauslassen. Wenig später kam ein Sicherheitsbeamter und schloß die Tür auf. Jules mußte die Strecke zum Nahverkehrsmittel zurücklegen und dann eine Stunde lang auf das nächste Raumschiff nach Cape Canaveral warten. Von dort nahm er ein Taxi, das ihn zu der ärmlichen Wohnung brachte, die ›Pierre Abelard‹ als Unterkunft diente.
In seinem Briefkasten wartete eine verschlüsselte Nachricht auf ihn. Er entschlüsselte sie in rasender Eile und erfuhr,
Weitere Kostenlose Bücher