Weltraumzirkus d'Alembert - 1-5 - Die Geheim-Agenten des Imperiums
rechtfertigen. Machen Sie aus mir einen Mann von Welt – oder lernt ihr auf eurer Akademie nur Muskelkram und dergleichen?«
Jules nahm die Herausforderung an. »Dann müssen wir uns als erstes Dir Haar vornehmen«, sagte er ganz sachlich und ignorierte den Fehdehandschuh, den der Alte ihm hingeworfen hatte. »Wenn man es ordentlich zurechtfrisiert, wird es nicht übel aussehen. Ihre Kleidung steht auf einem anderen Blatt. Sie mögen zwar kaiserlicher Ratgeber gewesen sein, aber Ihnen geht jeglicher Geschmack in Garderobefragen ab. Ich fürchte, wir müssen Ihre gesamte Garderobe unter die Lupe nehmen.«
»Und so sprechen Sie mit einem Herzog – ohne eine Spur von Respekt?«
»Nein, zu einem Herzog nicht, aber zu einem bärbeißigen alten Griesgram, weil ich das Gefühl habe, daß dies der einzige Ton ist, auf den er hört. Und was Respekt und Höflichkeit anlangt, so gilt immer noch der Grundsatz der Gegenseitigkeit.«
»Und Sie da!« Der Herzog wandte sich nun an Vonnie und bohrte ihr einen langen knochigen Finger zwischen die Rippen. »Sind Sie bloß eine hübsche Ansammlung von Rundungen oder verfügen Sie tatsächlich über Sekretärinnentugenden?«
»Lassen Sie es auf einen Versuch ankommen, Euer Gnaden.«
»Gut, das werde ich. Notieren Sie, daß ich meinen Kammerdiener entlasse – nachdem er mir das Leben gerettet hat und nicht einen Augenblick eher. Noch etwas: Sind Sie mit ihm verheiratet oder sind Sie noch frei?«
»Im Augenblick keines von beiden, Euer Gnaden«, sagte Vonnie eiskalt.
»Gut. Sie sind wenigstens aufrichtig. Gehen wir.« Der Herzog wollte an die Tür.
»Wohin?« fragte Jules.
»Sie sagten doch, ich würd' neue Sachen brauchen. Wir gehen jetzt und kaufen ein. Wir werden ja sehen, ob Ihr Geschmack besser ist als meiner.« Er führte sie forschen Schrittes durch die Haustür hinaus zu der großen grauen Limousine, die ihm vom SOTE zur Verfügung gestellt worden war. Fahrerin und Leibwächter – beides ausgebildete SOTE-Agenten – lungerten in der Nähe herum, nahmen aber sofort Haltung an, als der Herzog erschien. »Kennen Sie einen guten Kleiderladen hier in der Nähe?« fragte er die Fahrerin.
»Der beste ist Haversham«, erwiderte sie. »Eine Stunde Fahrt.«
»Das alles ist eine einzige große Verschwörung«, grollte der Alte. »Die ganze Erde wird von der Transportmittelindustrie beherrscht. Zu Fuß laufen – ausgeschlossen. Und nirgends ein Pferdewagen, falls man einen möchte. Nichts – nur diese verdammten Maschinen. Die gewinnen allmählich die Oberhand über alles. Und ich sage euch, es kann nichts Gutes dabei herauskommen, wenn man den Maschinen die Macht überläßt.« Trotz seiner Abneigung kletterte er auf den Rücksitz. Jules und Vonnie setzten sich beidseits neben ihn.
Während der Fahrt ließ Herzog Hanforth seine Tirade keinen Augenblick abreißen und wetterte und klagte und zählte sämtliche Verschwörungen auf, wirkliche oder eingebildete, die angeblich die Erde beherrschten. Im Laden angekommen, fand der Herzog an allem und jedem etwas auszusetzen, obwohl Jules sich redlich bemühte, die geeigneten Sachen für einen Mann seiner Stellung und seines Alters auszuwählen. Entweder gefiel ihm die Farbe nicht oder der Schnitt stand ihm nicht, oder er fühlte sich in den Sachen nicht wohl – oder der Preis war übertrieben. Letztere Klage äußerte er am häufigsten, und Jules war mehrmals versucht vorzuschlagen, er wolle die Differenz aus eigener Tasche zahlen, nur damit der Herzog endlich etwas Ordentliches zum Anziehen bekäme. Nun war ihm klar, warum der Alte so unmöglich angezogen war. Sicher hatte er alle Schneider und Ausstatter mit seinen unmöglichen Forderungen in den Wahnsinn getrieben. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiß, der für den Herzog annehmbar war und Jules' Geschmacksforderungen entsprach: eine Reihe modischer Kaftans mit Phantasiestickerei an den Ärmeln und an der Vorderfront. Der Geschäftsführer war sehr erleichtert und versicherte, er würde die Sachen nach den herzoglichen Maßen anfertigen lassen und in zwei Tagen an die angegebene Adresse liefern. Nach glücklicher Erledigung traten sie die Heimfahrt an.
Unterwegs mußten sie einen Umweg in Kauf nehmen, da mehrere Straßen gesperrt waren – eine Wasserleitung war defekt.
Jules und Vonnie wurden sofort mißtrauisch und erhöhten ihre Aufmerksamkeit.
Auf diesem Umweg mußte der Wagen Stadtteile durchfahren, in denen die Armut hauste. Die Häuser waren
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