Weltraumzirkus d'Alembert 6-10 - Letzter Einsatz
Argument, die Flotte würde damit zusätzliche Mobilität gewinnen. Da hieß es, daß zwischen Erde und Raumstation die Kommunikation besser laufen würde als zwischen Erde und Mondbasis. Das einleuchtendste Argument aber lautete, daß man die Schiffe auf einer Raumstation viel größer konzipieren könne, weil sie nicht unter Schwerkraftbedingungen operieren mußten. Schiffe, die ihre Basis auf dem Mond hatten, würden bei einer Schwerkraft von annähernd 1/6 g starten und landen müssen. Baute man sie zu groß, dann wurden sie zu schwerfällig. Auf einer Raumstation konstruierte Schiffe, die nicht auf einer PlanetenOberfläche landen mußten, waren solchen Beschränkungen nicht unterworfen.
Der Meinungsstreit zwischen den zwei Richtungen tobte über drei Jahre. Er wurde so hitzig geführt, daß es auch jetzt noch, Jahrhunderte danach, Familien gab, die nicht miteinander verkehrten, weil ihre Vorfahren damals verschiedene Standpunkte vertreten hatten. Schließlich entschied Kaiser Stanley im Juli 2229 die Debatte, indem er sich die Vorurteile beider Vorschläge zunutze machte. Das strategische Hauptquartier und die Befehlszentrale sollte auf dem Mond stationiert werden, tief im Inneren, uneinnehmbar und höchstens durch eine konzentrierte thermonukleare Attacke zu verwunden. Die Raumstation sollte für Kriegsschiffe der Superklasse konstruiert werden, die Schiffe also, die zu groß waren, um auf dem Mond niederzugehen. Von diesem Typ würde es verhältnismäßig wenige geben, aber die würden die Elite der Flotte darstellen.
Im Laufe der Jahrhunderte verlagerte sich das Gleichgewicht langsam zugunsten der Luna-Basis. ORB, wie die Raumstation genannt wurde, wurde in erster Linie als Werft und Trockendock verwendet und außerdem als Forschungs- und Testzentrum für Raumwaffen. Die meisten anderen Funktionen im Befehlsbereich wurden von der stetig wachsenden Zentrale auf dem Mond wahrgenommen.
Die Luna-Basis war ein Komplex von riesiger Ausdehnung, der über seine ersten bescheidenen Anfänge weit hinausgewachsen war. Das Landefeld war meist mit mehr als fünfhundert Schiffen besetzt, von Aufklärern bis zu Kreuzern. Es lag im Mare Moscoviense auf der der Erde abgewandten Mondseite, dort, wo die empfindlichen Nachrichteneinrichtungen durch den Planetenkörper von den irdischen Funksignalen abgeschirmt wurde. Gewaltige Receiver-Anlagen von einigen Kilometern Durchmesser horchten ins Universum hinaus und verzeichneten die Bewegungen draußen im All - militärische und zivile, soweit das Imperium reichte. Diese Flut einlangender Informationen wurde vom Computersystem der Navy ausgewertet und schließlich in der größten Datenbank des Imperiums gespeichert.
Die Luna-Basis diente aber auch anderen Zwecken. Die Akademie der Navy war dort auf der einen Seite des Mare stationiert.
Das Trainingszentrum für die Ausbildung unter geringer Schwerkraft lag in einem kleinen Krater westlich der Basis. Dort war auch das nach Tausenden zählende Personal untergebracht, das ständig auf der Basis lebte, zusätzlich zu den Hunderten Besatzungsmitgliedern, die auf neue Einsatzbefehle warteten.
Allen guten Bestrebungen zum Trotz hatte sich die menschliche Bevölkerung im Gebiet um die Basis unheimlich vermehrt. Das war unvermeidlich. Ein Projekt dieser Größenordnung, bei dem so viele Menschen mitarbeiteten, brauchte auch Verwaltungs- und Bedienungspersonal, um zu funktionieren. Alles in allem lebten an die hunderttausend Menschen auf der Luna-Basis.
Genau in diesem Augenblick gingen vier ganz besondere Menschen die labyrinthähnlichen Gänge auf Ebene 147 entlang. Sie steckten in den orangefarbenen Overalls des Wartungspersonals, doch die Sicherheitstreifen quer über der Brust gestatteten ihnen sofortigen Zutritt zu den meisten Räumen innerhalb des Komplexes. Auf den Korridoren wimmelte es von Menschen, wie immer auf dieser Ebene. Niemand schenkte den vier mittelgroßen, stämmig gebauten Gestalten besondere Beachtung.
Die vier hatten es so geplant. Ihre ganze Aufmachung diente dazu, sie möglichst unauffällig erscheinen zu lassen. Anonymität war ihr Beruf und ihre Aufgabe. Wären ihre Gesichter allgemein bekannt gewesen, hätte es tragisch für sie enden können.
Sie unterhielten sich im normalen Plauderton. Inmitten des allgemeinen Lärms Hefen sie nicht Gefahr, belauscht zu werden.
»Ich glaube, wir haben uns verirrt«, sagte die eine der Frauen zu dem Mann an ihrer Seite. »Bist du sicher, daß die Anweisungen stimmen,
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