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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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aguantarse. Im Krieg passieren solche Sachen.« »Aber können wir denn wirklich nichts tun?« Primitivo sah ihn an, und Robert Jordan wußte, daß der Mann ihm sein volles Vertrauen schenkte. »Du könntest nicht mich und noch einen mit dem kleinen Maschinengewehr hinschicken?«
 »Es wäre zwecklos«, erwiderte Robert Jordan.
 Er glaubte etwas zu sehen, wonach er Ausschau hielt, aber es war nur ein Habicht, der in den Wind hinabglitt und dann über die zackige Kontur der fernsten Kiefernwälder emporschwebte. »Und wenn wir alle hingingen, wäre es auch zwecklos.«
 Jetzt wurde der Feuerlärm noch intensiver, in das Geknatter hinein ertönte das dumpfe Grollen der Handgranaten.
 »Oh, Gott, verdamm sie!« fluchte Primitivo mit frommer Inbrunst. Die Tränen standen ihm in den Augen, seine Wangen zuckten. »Oh, mein Gott, oh du heilige Mutter Gottes, verdamm sie in der Milch ihrer Scheiße!«
 »Beruhige dich«, sagte Robert Jordan. »Du wirst bald genug mit ihnen zu kämpfen haben. Da kommt die Frau.«
 Pilar kam heraufgeklettert, sich mühsam zwischen den Felsblöcken hindurchwindend.
 Primitivo murmelte unaufhörlich: »Gott verdamm sie! Heilige Mutter Gottes, schlag sie tot!« – sooft der Wind den Lärm der Schüsse herantrug; und Robert Jordan kletterte Pilar entgegen, um ihr heraufzuhelfen.
  »Qué tal, Frau?« fragte er. Er packte sie bei den Handgelenken und zerrte sie herauf, während sie schwerfällig über den letzten Felsblock kletterte.
 »Dein Fernglas!« sagte sie und zog den Riemen über den Kopf. »Jetzt hat es also El Sordo erwischt?«
 »Ja.«
  »Pobre«, sagte sie mitleidig. »Armer Sordo.«
 Ihr Atem ging schwer von der Anstrengung des Kletterns. Sie nahm Robert Jordans Hand und hielt sie fest in ihren Fingern, während ihre Blicke über die Gegend wanderten. »Wie hört es sich an?«
 »Schlimm. Sehr schlimm.«
 »Ist er jodido ?«
 »Ich glaube ja.«
  »Pobre«, sagte sie. »Wahrscheinlich wegen der Pferde?«
 »Wahrscheinlich.«
  »Pobre«, sagte Pilar. Dann: »Rafael hat mir einen ganzen Schauerroman über die faschistische Kavallerie erzählt. Wie viele waren es denn?«
 »Eine Patrouille und ein Teil einer Schwadron.«
 »Wie weit sind sie gekommen?«
 Robert Jordan zeigte auf die Stelle, wo die Patrouille haltgemacht hatte, und dann zeigte er ihr das versteckte MG. Sie sahen gerade nur einen von Agustins Stiefeln unter dem hinteren Rand des Schutzdachs hervorgucken.
 »Der Zigeuner erzählt, sie kamen so dicht herangeritten, daß die Mündung des MGs die Brust des Führergauls berührte«, sagte Pilar. »Das ist eine Rasse! Dein Fernglas war in der Höhle.«
 »Hast du gepackt?«
 »Alles, was mitzunehmen ist. Hast du Nachricht von Pablo?«
 »Er hat einen Vorsprung von vierzig Minuten, und sie sind seinen Spuren gefolgt.«
 Pilar lächelte. Sie hielt immer noch seine Hand fest. Jetzt ließ sie sie los.
 »Sie werden ihn nie zu Gesicht kriegen«, sagte sie. »Und was ist nun mit Sardo? Können wir nichts tun?«
 »Nichts.«
  »Pobre«, sagte sie. »Ich habe ihn sehr gern gehabt. Bist du sicher, ganz sicher, daß er jodido ist?« »Ja. Ich habe eine Menge Kavallerie gesehen.«
 »Noch mehr, als hier vorübergekommen sind?«
 »Eine ganze Schwadron, die zu El Sordos Lager unterwegs war.«
 »Horch!« sagte Pilar. »Pobre, pobre Sordo.«
 Sie lauschten dem Lärm der Schüsse.
 »Primitivo wollte hin«, sagte Robert Jordan.
 Pilar wandte sich an den kleinen Mann mit dem platten Gesicht. »Bist du verrückt? Was für locos haben wir uns da herangezüchtet?«
 »Ich möchte ihnen helfen!«
  »Qué va!« sagte Pilar. »Auch so ein Romantiker! Glaubst du, du wirst hier nicht schnell genug sterben, ohne erst nutzlose Ausflüge zu machen?«
 Robert Jordan sah sie an, das plumpe braune Gesicht mit den hohen indianischen Backenknochen, den weit auseinanderstehenden schwarzen Augen und dem lachenden Mund mit der dicken, höhnischen Oberlippe.
 »Du mußt versuchen, dich wie ein Mann zu benehmen«, sagte sie zu Primitivo. »Wie ein Erwachsener. Du mit deinen grauen Haaren!«
 »Mach dich nicht lustig über mich«, sagte Primitivo mürrisch. »Wenn der Mensch ein bißchen Herz und ein bißchen Phantasie hat –«
 »Dann muß er lernen, sie zu beherrschen«, sagte Pilar. »Du wirst bald genug sterben, zusammen mit uns. Du hast es nicht nötig, zu diesem Zweck dich mit fremden Leuten zusammenzutun. Und was die Phantasie betrifft, so reicht die des

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