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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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ich dich schon lange kennen würde.«
 »So ist es immer, wenn Menschen einander verstehen.«
 »Setz dich«, sagte Pablos Weib. »Ich verlange kein Versprechen. Was geschehen soll, wird geschehen. Nur wenn du sie nicht mitnehmen willst, fordere ich ein Versprechen.«
 »Warum dann, wenn ich sie nicht mitnehme?«
 »Weil ich keine Verrückte hier haben will, wenn du wieder weg bist. Sie war schon einmal verrückt, und ich habe auch ohnedies genug zu tun.«
 »Wir nehmen sie mit«, sagte Robert Jordan. »Wenn wir nach der Brückengeschichte noch am Leben sind, nehmen wir sie mit.«
 »Ich höre es nicht gern, wenn du so redest. So reden bringt kein Glück.«
 »Ich habe nur so geredet, weil ich dir ein Versprechen geben will«, sagte Robert Jordan. »Ich gehöre nicht zu denen, die Trübsal blasen.«
 »Zeig mir deine Hand«, sagte die Frau. Robert Jordan streckte die Hand aus, und die Frau öffnete seine Finger, nahm sie in ihre eigene große Hand, rieb mit dem Daumen die Handfläche, betrachtete sie sorgfältig, ließ sie dann fallen. Sie stand auf, und sie schaute ihn an, ohne zu lächeln.
 »Was hast du in meiner Hand gesehen?« fragte Robert Jordan. »Ich glaube nicht daran, du wirst mich nicht erschrecken.«
 »Nichts«, sagte sie. »Ich habe nichts gesehen.«
 »Doch, du hast sicher was gesehen. Ich bin bloß neugierig, ich glaube nicht an solche Sachen.«
 »Woran glaubst du?«
 »An vieles, aber nicht daran.« »Woran?«
 »An meine Arbeit.«
 »Ja, das habe ich gesehen.«
 »Sag mir, was du noch gesehen hast.«
 »Ich habe sonst nichts gesehen«, sagte sie schroff. »Die Brücke ist sehr schwierig, sagtest du?«
 »Nein. Ich sagte, sie ist sehr wichtig.«
 »Aber sie kann schwierig sein?«
 »Ja. Und ich gehe jetzt hinunter, sie mir ansehen. Wie viele Leute habt ihr hier?«
 »Fünf, die was taugen. Der Zigeuner ist wertlos, obwohl er es gut meint. Er hat ein gutes Herz. Pablo traue ich nicht mehr.«
 »Wie viele Leute hat El Sordo, die etwas taugen?«
 »Vielleicht acht. Das werden wir heute abend sehen. Er kommt hierher. Er ist ein sehr praktischer Mensch. Er hat auch ein wenig Dynamit. Aber nicht sehr viel. Du wirst mit ihm reden.«
 »Hast du ihn verständigt?«
 »Er kommt jeden Abend. Er ist unser Nachbar. Nicht nur ein Genosse, sondern auch ein Freund.«
 »Was hältst du von ihm?«
 »Er ist ein sehr tüchtiger Mann! Und auch sehr praktisch. Bei der Geschichte mit dem Zug war er fabelhaft.«
 »Und die anderen Gruppen?«
 »Wenn man sie rechtzeitig unterrichtet, müßte es möglich sein, fünfzig Gewehre von einer gewissen Verläßlichkeit zu sammeln.«
 »Wie weit verläßlich?«
 »Verläßlich je nach dem Ernst der Lage.«
 »Und wieviel Patronen pro Gewehr?« »Vielleicht zwanzig. Das hängt davon ab, wieviel sie bei dieser Geschichte mitnehmen. Falls sie überhaupt bei dieser Geschichte mitmachen. Vergiß nicht, daß dabei kein Geld zu holen ist und keine Beute, und wenn man dich reden hört, ist die Sache gefährlich, und nachher muß man auch noch die Gegend verlassen. Viele werden gegen die Brückengeschichte sein.«
 »Sicherlich.«
 »Deshalb ist es besser, nicht unnütz darüber zu reden.«
 »Einverstanden.«
 »Wenn du deine Brücke studiert hast, werden wir heute abend mit El Sordo reden.«
 »Ich gehe jetzt mit Anselmo hinunter.«
 »Dann wecke ihn auf«, sagte sie. »Willst du einen Karabiner haben?«
 »Danke. Es ist ganz angenehm, einen zu haben, aber ich werde ihn nicht benützen. Ich will mich nur umschauen und nicht Krach machen. Danke für alles, was du mir erzählt hast. Deine Art zu reden gefällt mir sehr.«
 »Ich bemühe mich, offen zu reden.«
 »Dann sage mir, was du in meiner Hand gesehen hast.«
 »Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gesehen. Geh jetzt zu deiner Brücke. Ich werde mich um dein Material kümmern.«
 »Deck es gut zu, und daß niemand es anrührt! Hier liegt es besser als in der Höhle.«
 »Ich werde es zudecken, und niemand wird es anrühren«, sagte Pablos Weib. »Geh jetzt zu deiner Brücke.«
 »Anselmo«, sagte Robert Jordan und legte die Hand auf die Schulter des Alten, der schlummernd dalag, den Kopf auf die Arme gebettet.
 Der Alte blickte auf. »Ja«, sagte er. »Gewiß. Gehen wir.«

III   
    Sie legten die letzten zweihundert Meter zurück, sich vorsichtig im Schatten von Baumstamm zu Baumstamm schleichend, und nun erblickten sie zwischen den letzten Kiefern auf dem

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