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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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war, und da merkte ich, daß sie auf geschlitzt waren, und da ging ich zu dir.« »Komm!« sagte Robert Jordan.
 Sie standen jetzt draußen vor der Höhle, und es war noch so mitternächtlich, daß man kaum die Nähe des Morgens fühlte.
 »Muß er mit den Pferden an den Wachtposten vorüber oder hat er andere Wege?«
 »Er hat zwei Wege.«
 »Wer steht oben?«
 »Eladio.«
 Robert Jordan sagte kein Wort mehr, bis sie die Wiese erreicht hatten, wo die Pferde zur Weide angepflockt waren. Drei Pferde weideten auf der Wiese. Der große Braune und der Graue waren verschwunden.
 »Wie lange, glaubst du, ist es her, daß er dich verlassen hat?«
 »Es muß ungefähr eine Stunde her sein.«
 »Dann ist das erledigt«, sagte Robert Jordan. »Ich werde mir die Reste meiner Sachen holen und mich wieder hinlegen.«
 »Ich werde schon aufpassen.«
  »Qué va, du wirst aufpassen! Du hast schon einmal aufgepaßt.«
  »Inglés«, sagte die Frau, »mir ist genauso zumute wie dir. Es gibt nichts, was ich nicht tun würde, um dir dein Eigentum zurückzuholen. Du brauchst mich nicht zu kränken. Wir sind beide von Pablo betrogen worden.«
 Als sie das sagte, wurde Robert Jordan klar, daß er sich den Luxus des Böseseins nicht leisten könne, daß er sich's nicht leisten könne, sich mit Pilar zu verzanken. Er hatte noch allerlei vor an diesem Tag, der bereits vor mehr als zwei Stunden begonnen hatte. Er legte die Hand auf ihre Schulter. »Es macht nichts, Pilar«, sagte er. »Das sind keine wichtigen Sachen, die er mitgenommen hat. Wir werden etwas improvisieren, das ebensogut ist.«
 »Aber was hat er denn mitgenommen?«
 »Nichts Wichtiges, Frau. Ein paar Luxusdinge, die man sich gestattet.«
 »War es ein Teil des Sprengmechanismus?«
 »Ja. Aber man kann das Zeug auch auf andere Weise zum Explodieren bringen. Sag mir, hat Pablo nicht Zündschnur und Kapseln? Er muß doch welche bekommen haben.«
 »Er hat sie mitgenommen«, sagte Pilar bekümmert. »Ich habe sofort nachgesehen, sie sind auch weg.«
 Sie gingen durch den Wald zu dem Eingang der Höhle zurück. »Schlaf ein bißchen«, sagte er. »Seien wir froh, daß wir Pablo los sind.«
 »Ich gehe zu Eladio hinauf.«
 »Er hat sicher einen anderen Weg genommen.«
 »Ich gehe trotzdem hinauf. Ich habe dich mit meiner Dummheit hineingelegt.«
 »Nein«, sagte er. »Schlaf ein bißchen, Frau. Um vier müssen wir unterwegs sein.«
 Er ging mit ihr in die Höhle, holte die zwei Rucksäcke, trug sie vorsichtig in beiden Armen, damit nichts aus den Schlitzen herausfalle.
 »Ich werde die Risse zunähen.«
 »Kurz bevor wir aufbrechen!« sagte er leise. »Es soll kein Vorwurf gegen dich sein, daß ich sie mitnehme, aber ich schlafe ruhiger.«
 »Ich muß sie rechtzeitig haben, damit ich die Risse zunähen kann.«
 »Du wirst sie rechtzeitig haben«, sagte er. »Schlaf ein bißchen, Frau.«
 »Nein«, sagte sie. »Ich habe dich im Stich gelassen, und ich habe die Republik im Stich gelassen.«
 »Leg dich ein bißchen schlafen, Frau!« sagte er freundlich. »Leg dich ein bißchen schlafen.«
 
XXXIV
 
 Hier hielten die Faschisten die Hügelkämme besetzt. Dann kam ein Tal, das war Niemandsland, bis auf einen faschistischen Posten in einem Bauernhaus mit Nebengebäuden und Scheune, die sie befestigt hatten. Andrés, der mit Robert Jordans Depesche auf dem Weg zu Golz war, machte im Dunkeln einen großen Bogen um den Posten. Er wußte, daß an einer bestimmten Stelle ein Draht gespannt war, der einen Selbstschuß auslöste, er fand den Draht, stieg darüber weg und marschierte das schmale Flüßchen entlang, an dessen Ufern Pappeln wuchsen; ihre Blätter raschelten im Nachtwind. In dem Bauernhaus, in dem der faschistische Posten lag, krähte ein Hahn, und als Andrés sich umschaute, sah er zwischen den Stämmen der Pappeln einen Lichtstreifen in einem der Fenster des Bauernhauses. Die Nacht war still und klar. Andrés verließ das Flüßchen und begann den Wiesengrund zu überqueren.
 Auf der Wiese standen vier Heuschober, die hatten schon im Juli vorigen Jahres dagestanden, als die ersten Kämpfe begannen. Niemand hatte das Heu weggeschafft, und die vier Jahreszeiten, die inzwischen verstrichen waren, hatten die Haufen plattgedrückt und das Heu wertlos gemacht.
 So eine Verschwendung, dachte Andrés, während er über einen Draht wegstieg, der zwischen zwei Heuschobern hindurchlief. Aber die Republikaner müßten das Heu den steilen Guadarrama-Hang

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