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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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verlangst. Denn ich bin nicht hier. Mich gibt es gar nicht. Ich bin nur bei ihm. Behüte ihn für mich, und du wirst mich behüten, dann werde ich alles für dich tun, und er wird nichts dagegen haben. Und es wird auch der Republik nichts schaden. Oh, bitte, verzeih mir, denn ich bin sehr verwirrt. Ich bin jetzt viel zu sehr verwirrt. Aber wenn du ihn behütest, werde ich alles tun, was recht ist. Ich werde tun, was er sagt und was du sagst. Die zwei Marias in mir werden alles tun, was er sagt und was du sagst. Aber diese Ungewißheit kann ich nicht ertragen. Dann, als sie das Pferd wieder angebunden und gesattelt hatte und die Decke glättete und mit aller Kraft an dem Sattelgurt zerrte, hörte sie die laute, tiefe Stimme Pilars durch den Wald herauf tönen: »Maria! Maria! Dein Inglés ist gesund. Hörst du mich? Gesund! ¡ Sin novedad!«
 Maria hielt mit beiden Händen den Sattel, preßte den geschorenen Kopf fest gegen das Leder und weinte. Wieder hörte sie die tiefe Stimme rufen, und sie drehte den Kopf von dem Sattel weg und rief mit erstickter Stimme zurück: »Ja! Ich danke dir!«
 Dann abermals, mit erstickter Stimme: »Ich danke dir! Vielen, vielen Dank!«
 Als sie die Flugzeuge hörten, blickten sie alle auf. Die Flugzeuge kamen aus der Richtung von Segovia, hoch am Himmel, silberhell am hohen Himmel, mit ihrem Dröhnen alle anderen Geräusche übertönend.
 »Die!« sagte Pilar. »Die haben uns gerade noch gefehlt!«
 Robert Jordan legte den Arm um ihre Schultern, während er die Flugzeuge beobachtete.
 »Nein, Frau«, sagte er. »Die haben es nicht auf uns abgesehen. Die haben für uns keine Zeit. Beruhige dich.«
 »Ich kann sie nicht sehen!«
 »Mir geht es genauso. Aber jetzt muß ich zu Agustín.«
 Er ging um den Hügelhang herum, unablässig dröhnten und brummten die Flugzeuge, und unten auf der Straße, hinter der zerstörten Brücke, hinter der Straßenbiegung hämmerte in kurzen Abständen ein schweres Maschinengewehr.
 Robert Jordan warf sich neben Agustín nieder, der zwischen den jungen Kiefern hinter dem leichten MG lag, und immer neue Flugzeuge kamen geflogen.
 »Was geht dort unten vor?« fragte Agustín. »Was macht Pablo? Weiß er denn nicht, daß die Brücke weg ist?«
 »Vielleicht kann er nicht weg.«
 »Dann wollen wir abhauen. Hol ihn der Teufel!«
 »Wenn er kann, wird er jetzt gleich kommen«, sagte Robert Jordan. »Er muß jetzt gleich auftauchen.«
 »Ich habe ihn schon seit fünf Minuten nicht mehr gehört«, sagte Agustín. »Da! Horch! Da ist er wieder! Da ist er!«
 Eine jähe klatsch-klatsch-klatschende Salve des KavallerieSchnellfeuergewehrs, eine zweite, eine dritte.
 »Das ist der Schweinekerl!« sagte Robert Jordan.
 Er sah einen neuen Schwarm von Flugzeugen über den hohen, wolkenlosen blauen Himmel fliegen, und er beobachtete Agustíns Gesicht, wie er zu ihnen hinaufblickte. Dann wanderte sein Blick zu der zerstörten Brücke hinunter und zu der Straßenbiegung, wo noch immer nichts zu sehen war. Er hustete, spuckte aus, lauschte dem Gehämmer des schweren MGs, das jetzt wieder eingesetzt hatte. Es schien sich nicht von der Stelle bewegt zu haben.
 »Und was ist das ?« fragte Agustín. »Was zum Teufel ist das ?«
 »Das hat schon angefangen, bevor ich die Brücke sprengte«, sagte Robert Jordan. Er blickte zu der Brücke hinunter, und er sah durch die aufgerissene Bresche das schäumende Wasser des Flusses. Der eingestürzte Mittelteil hing in die Schlucht hinab wie eine verbeulte Blechplatte. Er hörte jetzt, wie das erste der Flugzeuge, das vorbeigekommen war, oben über dem Paß seine Bomben abwarf, und es kamen immer noch mehr. Der Lärm ihrer Motoren erfüllte den hohen Himmel, und als er aufblickte, sah er sie, winzig klein, hoch zu Häupten kreisen und Schleifen ziehen.
 »Ich glaube nicht, daß die Dinger neulich über die Front weggeflogen sind«, sagte Agustín. »Wahrscheinlich sind sie nach Westen abgeschwenkt und wieder zurückgeflogen. Wenn unsere Leute sie gesehen hätten, würden sie jetzt nicht angreifen.«
 »Es sind fast lauter neue Flugzeuge«, sagte Robert Jordan.
 Er hatte das Gefühl, es habe etwas ganz normal begonnen und sei dann in gigantischer, übertriebener Weise auf den Urheber zurückgeprallt. Es war, als würde man einen Stein ins Wasser werfen, und der Stein kräuselt das Wasser, und die kleinen Wellen kehren brüllend und schäumend als eine gewaltige Sturzflut zurück. Oder so, als riefe man in die Felsen,

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