Wem die Stunde schlaegt
wieder drei Gewehre hatte.
»Ihr seid hier viel zu hoch oben«, sagte er. »Dort drüben steht ein Auto auf der Straße, das ihr von hier nicht sehen könnt. Sie haben geglaubt, es sind Flugzeuge. Geht lieber ein Stückchen weiter hinunter. Ich gehe zu Agustín hinunter, um Pablo zu decken.«
»Und der Alte?« fragte sie, ihm ins Gesicht schauend.
»Tot.«
Er hustete wieder krampfhaft und spuckte aus.
»Deine Brücke ist gesprengt, Inglés .« Pilar sah ihn an. »Vergiß das nicht!«
»Ich vergesse gar nichts«, sagte er. »Du hast eine laute Stimme«, fuhr er fort. »Ich habe dich schreien hören. Ruf zu Maria hinauf und sag ihr, daß ich wohlauf bin.« »Wir haben zwei Mann bei der Sägemühle verloren«, sagte Pilar. Sie bemühte sich, es ihm begreiflich zu machen.
»Das habe ich bemerkt«, sagte Robert Jordan. »Habt ihr eine Dummheit gemacht?«
»Geh und – – – dich, Inglés !« sagte Pilar. »Fernando und Eladio sind auch Männer gewesen.«
»Warum gehst du nicht zu den Pferden hinauf?« sagte Robert Jordan. »Ich kann das hier besser besorgen als du.«
»Du mußt Pablo decken.«
»Hol ihn der Teufel! Er soll sich selber decken – mit mierda .«
»Nein, Inglés. Er ist zurückgekommen. Er hat dort unten hart gekämpft. Hast du es nicht gehört? Er kämpft immer noch. Gegen einen schlimmen Feind. Hörst du es nicht?«
»Ich werde ihn decken. Aber hol euch alle der Teufel! Dich samt deinem Pablo!«
»¡Inglés!« sagte Pilar. »Beruhige dich! Ich habe zu dir gehalten, wie es keiner hätte besser tun können. Pablo hat unrecht gehandelt, aber er ist zurückgekehrt.«
»Wenn ich den Zünder gehabt hätte, wäre der Alte nicht umgekommen. Ich hätte das Ding von hier aus sprengen können.«
»Wenn, wenn, wenn –« sagte Pilar.
Immer noch erfüllten ihn der Zorn, die Öde und der Haß, die mit der Entspannung nach dem geglückten Coup über ihn gekommen waren, als er aus seiner geduckten Haltung aufblickte und Anselmo tot dort liegen sah, und zugleich eine verzweifelte Trauer, die der Soldat in Haß verwandelt, damit er weiter Soldat bleiben kann. Jetzt, da es vorbei war, fühlte er sich einsam, unbeteiligt und nüchtern, und er haßte jeden, den er sah.
»Wenn es nicht geschneit hätte –« sagte Pilar. Und dann, nicht mit einem Male, wie etwa in einer körperlichen Erleichterung (wenn, sagen wir, die Frau den Arm um seine Schulter gelegt hätte), sondern ganz langsam und mit dem Verstand begann er dieses Wenn zu akzeptieren und ließ seinen Haß verrauchen. Gewiß, der Schnee. Der war schuld. Der Schnee. Der hatte auch die anderen zugrunde gerichtet. Wenn man es nur erst mit den Augen der anderen sieht, wenn man nur erst das eigene Ich abtut, das ewige Abtun des eigenen Ichs, wie es der Krieg verlangt! Der Krieg, der kein Ich kennt! Dem man das eigene Ich opfern muß! Und dann, da er es geopfert hatte, hörte er Pilar sagen: »Sordo –« »Wie?« sagte er.
»Sordo –«
»Ja«, sagte Robert Jordan. Er lächelte ihr zu, es war ein schiefes, steifes Lächeln mit allzu straff gespannten Sehnen.
»Laß gut sein! Ich hatte unrecht. Verzeih mir, Frau! Wir wollen die Sache gemeinsam zu Ende führen. Und die Brücke ist gesprengt, wie du sagst.«
»Ja. Du mußt alles in seinem richtigen Licht sehen.«
»Dann gehe ich jetzt zu Agustín. Schick deinen Zigeuner weiter hinunter, damit er die Straße überblicken kann. Gib Primitivo die Gewehre und nimm die máquina. Ich werde dir zeigen, wie man mit ihr umgeht.«
»Behalte deine máquina « sagte Pilar. »Wir sind nicht mehr lange hier. Pablo muß jetzt gleich kommen, und dann gehen wir.«
»Rafael!« sagte Robert Jordan. »Komm zu mir herunter. Hierher! Gut. Siehst du die drei, die dort aus dem Abzuggraben kommen? Dort, oberhalb des Autos? Wie sie auf das Auto zulaufen? Schieß mir einen von ihnen ab. Setz dich hin. Immer mit der Ruhe!«
Der Zigeuner zielte sorgfältig, gab Feuer, und während er den Bolzen zurückschob, um die Patronenhülse zu entfernen, sagte Robert Jordan: »Zu hoch! Du hast den Felsen getroffen. Siehst du den Staub? Tiefer, etwa einen halben Meter. Vorsichtig jetzt! Sie laufen. Gut. Sigue tirando .« »Ich habe einen erwischt«, sagte der Zigeuner. Der Mann lag auf der Erde, auf halbem Weg zwischen dem Graben und dem Auto. Die beiden anderen machten nicht erst halt, um ihn mitzuschleppen, sie liefen zu dem Graben zurück und duckten sich hinein.
»Schieß nicht mehr auf ihn«, sagte Robert
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