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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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einen breiten, schmalen Mund. Er war glatt rasiert, und er kam ihnen aus dem Eingang der Höhle entgegen, krummbeinig, mit wackelndem Gang, dem typischen Gang des Rinderhirten, wie er zu seinen Reithosen und Stiefeln paßte. Der Tag war warm, aber er trug eine bis an den Hals zugeknöpfte, mit Schafwolle gefütterte kurze Lederjacke. Er streckte Pilar eine breite braune Hand hin. » Hola, Weib«, sagte er. »Hola«, sagte er zu Robert Jordan, schüttelte ihm die Hand und sah ihm scharf ins Gesicht. Robert Jordan sah, daß seine Augen gelb waren wie die einer Katze und flach wie die Augen eines Reptils. »Guapa«, sagte er zu Maria und klopfte ihr auf die Schulter.
 »Gegessen?« fragte er Pilar. Sie schüttelte den Kopf. »Essen?« sagte er und sah Robert Jordan an. »Trinken?« fragte er und machte die Geste des Einschenkens.
 »Ja, danke.«
 »Gut«, sagte El Sordo, »Whisky?«
 »Du hast Whisky?«
 El Sordo nickte. »Inglés?« fragte er. »Nicht Ruso ?«
  »Americano.«
 »Hier wenig Amerikaner«, sagte er.
 »Jetzt mehr.«
 »Nicht übel. Nord oder Süd?«
 »Nord.«
 »Genau wie Inglés. Wann sprengen Brücke?«
 »Du weißt von der Brücke?«
 El Sordo nickte.
 »Übermorgen früh.«
 »Gut«, sagte El Sordo. »Pablo?« fragte er Pilar.
 Sie schüttelte den Kopf.
 El Sordo grinste.
 »Weggehen!« sagte er zu Maria und grinste abermals. »Wiederkommen.« Er sah auf seine große Taschenuhr, die er an einem Lederriemen aus einer Innentasche seines Rocks zog. »Halbe Stunde.«
 Mit einer Handbewegung forderte er Pilar und Robert Jordan auf, sich auf einen behauenen Baumstamm zu setzen, der als Bank diente. Dann sah er Joaquín an und zeigte mit dem Daumen nach dem Weg, den sie soeben herangekommen waren.
 »Ich gehe mit Joaquín hinunter und komme dann wieder«, sagte Maria.
 El Sordo ging in die Höhle und kehrte mit einer Flasche schottischen Whiskys und drei Gläsern zurück. Die Flasche hatte er unter den einen Arm geklemmt, die drei Gläser hielt er in der Hand, einen Finger in jedem Glas, und mit der anderen Hand umklammerte er den Hals eines irdenen Wasserkrugs. Er stellte die Gläser und die Flasche auf den Baumstamm und den Wasserkrug auf die Erde. »Kein Eis«, sagte er zu Robert Jordan und reichte ihm die Flasche.
 »Ich nehme nichts«, sagte Pilar und deckte die Hand über ihr Glas.
 »Gestern nacht Eis auf dem Boden«, sagte El Sordo grinsend. »Alles geschmolzen. Eis dort oben.«
 Er zeigte nach den Schneeflecken, die auf der kahlen Bergkuppe leuchteten. »Zu weit.«
 Robert Jordan wollte El Sordos Glas füllen, aber der Schwerhörige schüttelte den Kopf und bedeutete ihm mit einer Gebärde, er möge zuerst sich selber bedienen.
 Robert Jordan goß eine tüchtige Portion Whisky in sein Glas, und El Sordo beobachtete ihn aufmerksam und reichte ihm dann den Wasserkrug, und Robert Jordan füllte das Glas mit kaltem Wasser voll, das aus dem irdenen Schnabel des Kruges strömte.
 El Sordo füllte sein Glas halb mit Whisky, halb mit Wasser.
 »Wein?« fragte er Pilar.
 »Nein. Wasser.«
 »Nimm«, sagte er. »Nicht gut«, sagte er grinsend zu Robert Jordan. »Kenne viele Engländer. Immer viel Whisky.«
 »Wo?«
 »Farm«, sagte El Sordo, »Freunde des Boss.«
 »Wo hast du den Whisky her?«
 »Was?« Er hatte ihn nicht verstanden.
 »Du mußt schreien«, sagte Pilar. »In das andere Ohr.«
 El Sordo deutete grinsend auf sein gesünderes Ohr. »Wo hast du den Whisky her?« schrie Robert Jordan.
 »Selbst gemacht«, sagte El Sordo und beobachtete, wie Robert Jordan, der eben das Glas zum Mund führen wollte, jählings innehielt.
 »Nein«, sagte El Sordo und klopfte ihm auf die Schulter. »Spaß. Kommt aus La Granja. Gestern abend gehört, kommt englischer Dynamiter. Gut. Sehr froh. Whisky holen. Für dich. Du gern?«
 »Sehr«, sagte Robert Jordan. »Es ist sehr guter Whisky.«
 »Bin zufrieden«, sagte El Sordo grinsend. »Heute nacht mitgebracht, mit Nachrichten.«
 »Was für Nachrichten?«
 »Viel Truppenbewegung.«
 »Wo?«
 »Segovia. Flugzeuge, die du gesehen hast.«
 »Ja.«
 »Schlimm, wie?«
 »Schlimm.«
 »Truppenbewegungen?«
 »Reichlich viel zwischen Villacastín und Segovia. Auf der Straße nach Valladolid. Und zwischen Villacastín und San Rafael. Sehr viel. Sehr viel.«
 »Was meinst du?«
 »Wir bereiten etwas vor?«
 »Möglich.«
 »Sie wissen es. Bereiten sich auch vor.«
 »Das ist möglich.«
 »Warum nicht heute nacht die

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