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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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habe Spaniern gesagt, daß wir irgend etwas besser können als sie, während es doch Regel ist, nie von den eigenen Leistungen oder Fähigkeiten zu sprechen. Statt ihnen zu schmeicheln, habe ich ihnen erzählt, was sie meiner Meinung nach tun müßten, und jetzt sind sie böse. Na, entweder werden sie es verdauen oder nicht. Zweifellos können sie in den Gredos viel mehr ausrichten als hier. Der Beweis dafür ist, daß sie hier seit der von Kaschkin organisierten Zuggeschichte nicht das geringste mehr gemacht haben. Und das war auch nichts Besonderes. Es kostete die Faschisten eine Lokomotive und ein paar Soldaten, aber sie reden alle so, als ob das der Höhepunkt des ganzen Krieges gewesen wäre. Vielleicht werden sie sich so sehr schämen, daß sie in die Gredos gehen. Ja, und vielleicht werde ich auch hier abblitzen. Na, auf jeden Fall sieht die ganze Sache nicht gar zu rosig aus. »Hör mal, Inglés «, sagte Pilar zu ihm. »Wie sind deine Nerven?«
 »In Ordnung«, sagte Robert Jordan. »Tadellos.«
 »Weil nämlich der vorige Dynamiter, den sie uns geschickt haben, zwar ein hervorragender Techniker war, aber sehr nervös.«
 »Wir haben auch nervöse Leute unter uns«, sagte Robert Jordan.
 »Ich behaupte nicht, daß er ein Feigling war, denn er hat sich sehr gut gehalten«, fuhr Pilar fort. »Aber er hat sehr sonderbar und windig dahergeredet.« Sie erhob die Stimme. »Stimmt es nicht, Santiago, daß der vorige Dynamiter, der vom Zug, ein bißchen merkwürdig war?«
  »Algo raro.« Der Schwerhörige nickte, und seine Augen musterten Robert Jordans Gesicht in einer Art und Weise, die ihn an das runde Loch am Rohr eines Staubsaugers gemahnte. »Sí, algo raro, pero bueno.«
  »Murió«, sagte Robert Jordan in das Ohr des Schwerhörigen. »Er ist tot.«
 »Wie kam das?« fragte der Schwerhörige, und sein Blick wanderte von Robert Jordans Augen zu seinen Lippen.
 »Ich habe ihn erschossen«, sagte Robert Jordan. »Er war so schwer verwundet, daß er nicht mehr weiterkonnte, und da habe ich ihn erschossen.«
 »Er sprach immer von einer solchen Notwendigkeit«, sagte Pilar. »Er war davon wie besessen.«
 »Ja«, sagte Robert Jordan. »Er war davon wie besessen.«
  »¿Como fué?« fragte der Schwerhörige. »War es ein Zug?«
 »Ja, auf dem Abmarsch«, sagte Robert Jordan. »Der Überfall war geglückt. Auf dem Rückweg im Dunkeln begegneten wir einer Faschistenpatrouille, und im Laufen bekam er einen Schuß in den Rücken, aber die Kugel traf nur das Schulterblatt. Er marschierte ziemlich lange weiter, aber schließlich behinderte ihn die Verletzung zu sehr. Er wollte nicht zurückbleiben, und ich erschoß ihn.«
  »Menos mal«, sagte El Sordo. »Besser.«
 »Bist du sicher, daß deine Nerven in Ordnung sind?« sagte Pilar zu Robert Jordan.
 »Ja«, erwiderte er. »Ich bin sicher, daß meine Nerven in Ordnung sind, und ich bin der Meinung, daß ihr gut daran tätet, nach dieser Geschichte hier in die Gredos zu gehen.«
 Kaum hatte er das gesagt, fing Pilar zu fluchen an. Eine wahre Sturzflut von ordinären Flüchen, die sich über ihn ergoß wie das schäumende heiße Wasser, mit dem dich ein plötzlich ausbrechender Geysir überschüttet. Der Schwerhörige schüttelte den Kopf und grinste vergnügt. Er hörte nicht auf, vor Vergnügen den Kopf zu schütteln, während Pilar weiterschimpfte, und Robert Jordan wußte, daß jetzt wieder alles in Ordnung war. Schließlich hörte sie zu fluchen auf, langte nach dem Wasserkrug, setzte ihn an die Lippen und nahm einen Schluck und sagte ganz ruhig: »Dann quatsch nicht mehr darüber, was wir nachher zu tun haben, ja, Inglés? Geh du zur Republik zurück und nimm dein Zeug mit und überlaß es uns, allein zu entscheiden, in welcher Gegend wir sterben wollen.«
 »Leben«, sagte El Sordo. »Beruhige dich, Pilar.«
 »Leben und sterben«, sagte Pilar. »Ich sehe schon, wie es enden wird. Du gefällst mir, Inglés , aber quatsch nicht darüber, was wir zu tun haben, wenn dein Geschäft erledigt ist.« »Es ist deine Sache«, sagte Jordan. »Ich mische mich nicht ein.«
 »Aber du hast es getan«, sagte Pilar. »Nimm deine kleine, geschorene Hure und geh zur Republik zurück, aber versperr nicht anderen die Tür, die keine Ausländer sind und die die Republik schon geliebt haben, als du dir noch die Muttermilch vom Kinn abgewischt hast.«
 Maria war unterdessen herangekommen, und sie hörte diesen letzten Satz, den Pilar mit erhobener Stimme Robert

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