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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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leg den Kopf in meinen Schoß.«
 Maria rückte dicht zu ihr hin, streckte die Arme aus und legte sie übereinander wie ein Mensch, der sich zur Ruhe bettet und kein Kissen hat, und bettete den Kopf auf die Arme. Sie blickte zu Pilar auf und lächelte ihr zu, aber die Frau wandte den Blick nicht von den Gipfeln. Sie streichelte den Kopf des Mädchens, ohne sie anzuschauen, und ihr plumper Finger glitt über des Mädchens Stirn und dann über den Rand des Ohrs und über den Nacken, am Haaransatz entlang. »Ein Weilchen nur, dann hast du sie wieder, Inglés «, sagte sie. Robert Jordan saß hinter ihr.
 »Sprich nicht so«, sagte Maria.
 »Ja, er kann dich haben«, sagte Pilar und schaute keinen von ihnen an. »Ich hab dich nie haben wollen. Aber ich bin eifersüchtig.«
 »Pilar«, sagte Maria, »sprich nicht so.«
 »Er kann dich haben«, sagte Pilar.
 »Aber Pilar«, sagte Maria. »Du selbst hast mir doch erklärt, es ist nichts zwischen uns.«
 »Immer ist etwas da«, sagte die Frau. »Immer ist etwas da, irgend so etwas, das nicht sein soll. Aber bei mir nicht. Wirklich nicht. Ich will dich glücklich sehen und weiter nichts.«
 Maria schwieg, sie lag da und versuchte ihren Kopf bequemer zu betten.
 »Hör zu, guapa !« sagte Pilar und strich nun mit ihrem Finger über den Umriß der Wangen, in Gedanken versunken, aber sorgsam den Konturen folgend. »Hör zu, guapa, ich liebe dich, und er kann dich haben, ich bin keine tortillera, sondern eine Frau, die für die Männer da ist. Das ist wirklich wahr. Aber jetzt macht es mir Spaß, so, am hellen Tag, zu sagen, daß ich dich liebhabe.«
 »Ich habe dich auch lieb.«
  »¡Qué va! Rede nicht dummes Zeug. Du weißt nicht einmal, wovon ich spreche.«
 »Ich weiß es.«
 » Qué va, ob du es weißt! Du gehörst dem Inglés! Das sieht man, und das ist recht so. So will ich es haben. Etwas anderes möchte ich gar nicht haben. Ich will dich nicht verderben. Ich sage dir nur etwas Wahres. Selten werden Menschen dir die Wahrheit sagen, und Frauen schon gar nicht. Ich bin eifersüchtig, und ich spreche es aus, und es ist nun einmal da. Und ich sage es.« »Sag es nicht«, sagte Maria. »Sag es nicht, Pilar.«
 » Por qué, sag es nicht?« sagte die Frau, und noch immer sah sie die beiden nicht an. »Ich werde es so lange sagen, bis es mir keinen Spaß mehr macht. Und –« jetzt sah sie Maria an – »es ist schon soweit. Ich sage es nicht mehr, verstehst du?«
 »Pilar, du sollst nicht so reden.«
 »Du bist ein sehr nettes kleines Kaninchen«, sagte Pilar, »und heb jetzt den Kopf, denn diese Dummheiten sind vorbei.«
 »Es waren keine Dummheiten«, sagte Maria. »Mein Kopf liegt sehr gut so.«
 »Nein. Richte dich auf!« Pilar schob ihre breiten Hände unter den Kopf des Mädchens und hob ihn auf. »Und du, Inglés ?« fragte sie und hielt noch den Kopf des Mädchens in beiden Händen, während sie zu den Bergen hinüberblickte. »Welche Katze hat deine Zunge gefressen?«
 »Keine Katze«, sagte Robert Jordan.
 »Was denn für ein Tier?« Sie bettete des Mädchens Kopf auf die Erde.
 »Gar kein Tier«, erwiderte Robert Jordan.
 »Dann hast du sie selber verschluckt, wie?«
 »Vermutlich«, sagte Robert Jordan.
 »Und hat sie dir geschmeckt?« Pilar wandte sich nun zu ihm und grinste.
 »Nicht sehr.«
 »Das dachte ich mir«, sagte Pilar. »Das dachte ich mir. Aber ich gebe dir dein Kaninchen zurück. Ich habe auch nie versucht, dir dein Kaninchen wegzunehmen. Das ist ein guter Name für sie. Ich habe heute morgen gehört, wie du Kaninchen zu ihr sagtest.« Robert Jordan fühlte seine Wangen erröten.
 »Du bist ein sehr harter Mensch«, sagte er.
 »Nein«, sagte Pilar. »Aber so einfach, daß ich sehr kompliziert bin. Bist du sehr kompliziert, Inglés ?«
 »Nein. Und auch nicht so einfach.«
 »Du machst mir Spaß, Inglés «, sagte Pilar. Dann lächelte sie, beugte sich vor, lächelte wieder und schüttelte den Kopf. »Wenn ich nun aber dir das Kaninchen und dich dem Kaninchen wegnehmen könnte?«
 »Das kannst du nicht.«
 »Ich weiß es«, sagte Pilar und lächelte wieder. »Und ich will es auch gar nicht. Aber als ich jung war, da hätte ich's können.«
 »Das glaube ich dir.«
 »Du glaubst es mir?«
 »Ja«, sagte Robert Jordan. »Aber das ist dummes Gerede.«
 »Es sieht dir gar nicht ähnlich«, sagte Maria.
 »Ich bin heute nicht ganz beisammen«, sagte Pilar. »Gar nicht beisammen. Deine Brücke bereitet mir Kopfschmerzen,

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