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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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davon, dass ihr Bruder ihr Tickets für Evening besorgt hat, und wenn doch nur irgendjemand ihre letzte halbe Stunde übernehmen könnte …«
    »Du kannst doch trotzdem Nein sagen. Was ist denn das überhaupt, Evening ? Dieser Film, in dem lauter Mädchen mit einer Axt ermordet werden?«
    »Genau der.« Während Blue hastig den Rest ihres Joghurts löffelte, warf sie einen flüchtigen Blick auf Neeve. Diese hatte die Schüssel mit dem Saft ein Stück von sich weggeschoben, starrte jedoch immer noch stirnrunzelnd darauf. »Okay, ich bin weg.«
    Sie schob ihren Stuhl zurück. Maura schwieg ihr typisches Schweigen, das lauter sein konnte als Reden. Blue ließ sich Zeit damit, ihren Joghurtbecher in den Müll zu werfen und den Löffel neben ihrer Mutter in die Spüle fallen zu lassen, dann wandte sie sich zur Treppe, um ihre Schuhe von oben zu holen.
    »Blue«, sagte ihre Mutter schließlich. »Ich muss dich ja wohl nicht darauf hinweisen, niemanden zu küssen, oder?«

4
    A dam Parrish war nun seit achtzehn Monaten mit Gansey befreundet und er wusste, dass mit dieser Freundschaft einiges einherging. Hauptsächlich waren das der Glaube an das Übernatürliche, Toleranz für Ganseys gestörtes Verhältnis zu Geld sowie die friedliche Koexistenz mit Ganseys anderen Freunden. Die ersten beiden Punkte wurden nur dann zum Problem, wenn sie ihn von der Schule ablenkten, und der letzte nur in Bezug auf Ronan Lynch.
    Gansey hatte Adam gegenüber einmal erwähnt, die meisten Leute wüssten einfach nicht, wie sie mit Ronan umgehen sollten. Mit anderen Worten, er hatte Angst, dass eines Tages jemand über Ronan stolpern und sich an ihm schneiden würde.
    Manchmal fragte Adam sich, ob Ronan auch schon so ronanhaft gewesen war, bevor der Vater der Lynch-Brüder gestorben war, doch um das beurteilen zu können, kannte nur Gansey ihn lange genug. Das heißt, genaugenommen natürlich auch Declan, aber dieser schien den Umgang mit seinem Bruder inzwischen komplett verlernt zu haben – weshalb er sich für seinen Besuch geflissentlich einen Zeitpunkt ausgesucht hatte, an dem Ronan nicht zu Hause war.
    In der Monmouth Avenue 1136 stand Adam mit Declan und seiner Freundin im Flur der ersten Etage. Die Freundin in ihrem flattrigen weißen Oberteil sah ziemlich genauso aus wie Brianna, oder Kayleigh, oder wie auch immer Declans letzte Freundin geheißen hatte. Sie alle hatten blondes, schulterlanges Haar und Augenbrauen, die zu Declans dunklen Lederschuhen passten. Declan selbst sah in seinem Anzug, den er für das Politikpraktikum in seinem Abschlussjahr tragen musste, aus wie dreißig. Adam fragte sich, ob er selbst im Anzug auch einmal so seriös aussehen würde oder ob ihn seine Kindlichkeit verraten und lächerlich machen würde.
    »Danke, dass du Zeit für uns hast«, sagte Declan.
    »Kein Problem«, erwiderte Adam.
    In Wirklichkeit hatte er nicht aus purer Freundlichkeit eingewilligt, Declan und Neue Freundin von Aglionby aus zu begleiten, sondern weil ein leiser Verdacht an ihm nagte. In letzter Zeit kam es Adam so vor, als würde jemand … seine Nase in ihre Suche nach der Ley-Linie stecken. Er konnte dieses Gefühl nicht so recht in konkrete Worte fassen. Hier ein Blick, den er aus dem Augenwinkel aufschnappte, dort Schritte im Treppenhaus, die zu keinem der Jungs zu gehören schienen, und dann die Bibliothekarin, die ihm erzählte, jemand habe dieses obskure Buch ausgeliehen, das er erst kurz zuvor zurückgegeben hatte. Doch bevor er es nicht genau wusste, wollte er Gansey nicht damit beunruhigen. Sein Kumpel schien schon genug um die Ohren zu haben.
    Adam fragte sich nicht etwa, ob Declan ihnen nachspionierte. Das wusste er längst, aber er war sich sicher, dass das nur etwas mit Ronan und nichts mit der Ley-Linie zu tun hatte. Trotzdem konnte es nicht schaden, ihn ein wenig im Auge zu behalten.
    Neue Freundin sah sich gerade auf diese gewisse verstohlene Art um, die durch ihre Verstohlenheit nur noch offensichtlicher wurde. Monmouth Avenue Nr.   1136 war ein ausgehungert wirkendes Fabrikgebäude aus Backstein, entkernt und mit Fenstern wie schwarze Augenhöhlen, das sich einem Auswuchs gleich aus einem überwucherten Parkplatz von der Breite eines ganzen Blocks erhob. An der Ostseite des Baus fand sich ein Hinweis auf dessen ursprüngliche Funktion: MONMOUTH MANUFACTURING. Trotz aller Recherche hatten weder Gansey noch Adam in Erfahrung bringen können, was genau hier produziert worden war. Irgendetwas, für das knapp acht

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