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Wen der Rabe ruft (German Edition)

Wen der Rabe ruft (German Edition)

Titel: Wen der Rabe ruft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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»Letztes Jahr hat’s auch geklappt.«
    Vorn an der Tafel fing Whelk mit dem Unterricht an.
    Adam tauchte nicht auf.

13
    M om, warum ist Neeve eigentlich hier?«, fragte Blue.
    Sie standen zusammen auf dem Küchentisch. Gleich als Blue aus der Schule gekommen war, hatte Maura sie dazu verdonnert, ihr beim Wechseln der Glühbirnen in der miserabel konstruierten Buntglaskreation von Lampe zu helfen, die über dem Tisch hing. Die komplizierte Prozedur erforderte mindestens drei Hände und wurde daher stets aufgeschoben, bis die meisten Birnen kaputt waren. Blue machte es nichts aus zu helfen. Sie war froh, dass sie etwas von Ganseys bevorstehendem Termin ablenkte. Und von der Tatsache, dass Adam nicht angerufen hatte. Wenn sie daran dachte, dass sie ihm am Abend zuvor tatsächlich ihre Nummer gegeben hatte, fühlte sie sich plötzlich klein und unsicher.
    »Sie gehört zur Familie«, antwortete Maura grimmig. Resolut packte sie die Kette der Lampe, während sie mit einer störrischen Glühbirne kämpfte.
    »Ach, und wenn man zur Familie gehört, darf man mitten in der Nacht nach Hause kommen?«
    Maura warf Blue einen finsteren Blick zu. »Anscheinend sind deine Ohren größer, als sie aussehen. Sie hilft mir nur bei der Suche nach etwas, solange sie hier ist.«
    Die Haustür ging auf. Keine von ihnen achtete weiter darauf, da sowohl Calla als auch Persephone sich irgendwo im Haus herumtrieben. Calla war es zwar vermutlich nicht gewesen, denn sie war eine ziemlich reizbare, häusliche Person, aber Persephone ließ sich oft von seltsamen Strömungen mitreißen und durch die Gegend wirbeln.
    Blue verstärkte ihren Griff um das Buntglas und fragte: »Und was ist dieses Etwas?«
    »Blue.«
    »Was ist dieses Etwas?«
    »Na schön, es ist ein Jemand«, gestand Maura schließlich.
    »Was für ein Jemand?«
    Doch bevor ihre Mutter antworten konnte, ertönte eine Männerstimme: »Ich muss schon sagen, das ist eine seltsame Art, ein Gewerbe zu betreiben.«
    Beide drehten sich langsam um. Blue hatte ihre Arme so lange über den Kopf gehalten, dass sie sich wie Gummi anfühlten, als sie sie nun senkte. Der Besitzer der Stimme stand noch in der Tür zum Flur, die Hände in den Taschen. Er war nicht alt, vielleicht Mitte zwanzig, und hatte dichtes schwarzes Haar. Er sah auf eine Weise gut aus, die dem Betrachter ein gewisses Maß an Mühe abverlangte. Es schien, als wären seine Züge einen Tick zu groß für sein Gesicht.
    Maura sah Blue mit hochgezogener Augenbraue an. Blue hob als Antwort eine Schulter. Er machte nicht den Eindruck, als sei er gekommen, um sie zu ermorden oder ihre Elektrogeräte zu stehlen.
    »Und ich muss sagen«, erwiderte ihre Mutter und ließ die leidgeprüfte Lampe endlich los, »dass das eine seltsame Art ist, ein fremdes Haus zu betreten.«
    »Entschuldigung«, sagte der junge Mann. »Aber aus dem Schild vor dem Haus habe ich geschlossen, dass das hier eher Geschäftsräume sind.«
    Tatsächlich befand sich in ihrem Vorgarten so ein Schild. Es war handgemalt – wenn Blue auch nicht wusste, durch wessen Hand. ZUKUNFTSDEUTUNGEN stand darauf, und darunter:
    »Termine nur nach Vereinbarung«, informierte Maura den Mann. Mit gequältem Blick sah sie sich in der Küche um. Blue hatte einen Korb mit sauberer Wäsche auf der Arbeitsplatte stehen lassen und ganz obenauf lag einer von Mauras fliederfarbenen Spitzen-BHs. Aber Blue weigerte sich, ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Sie hatte schließlich nicht wissen können, dass plötzlich fremde Männer in die Küche spazieren würden.
    Jetzt sagte der Mann: »Gut, dann würde ich gern einen Termin vereinbaren.«
    Eine Stimme von der Treppe her ließ sie herumfahren.
    »Wir könnten eine Dreiersitzung für Sie durchführen«, sagte Persephone.
    Sie stand auf den unteren Stufen, klein und blass und hauptsächlich aus Haaren bestehend. Der Mann starrte sie an, doch Blue war sich nicht sicher, ob er das tat, weil er über Persephones Vorschlag nachdachte, oder schlicht, weil erste Begegnungen mit Persephone nun mal ziemlich überwältigend waren.
    »Was«, fragte der Mann schließlich, »ist das denn?«
    Es dauerte einen Moment, bis Blue klar wurde, dass er den Begriff »Dreiersitzung« meinte und nicht etwa Persephone. Maura sprang vom Tisch und landete mit solcher Wucht, dass die Gläser im Schrank klirrten. Blue kletterte etwas rücksichtsvoller herunter. Schließlich hielt sie immer noch eine Schachtel Glühbirnen in der Hand.
    »Das heißt, wir alle drei –

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