Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie
Nerven, dass er bei der Nachricht von Kristin Cahills Tod in Ohnmacht gefallen war.
Sie wussten inzwischen, dass er ein Junkie gewesen war, ständig unter Drogen, ein kranker Mann.War es vorstellbar, dass er einen Gegenstand an sich genommen hatte, von dem er wusste, dass er den Ruf seiner Familie ruinieren würde, und anschließend zwei Morde geplant und durchgeführt und einen weiteren Mordversuch unternommen hatte?
Dom Scott, der so sehr unter der Fuchtel seiner Mutter gestanden hatte, dass er sich sträubte, ihr Wohnzimmer zu betreten, wo alles an den Erfolg seines Großvaters erinnerte?
Dom Scott, dessen Mutter ihn unmittelbar nach seinem Tod, als seine Leiche noch oben am Deckenbalken hing, mit seinem Großvater verglichen und für zu leicht befunden hatte?
»O nein«, hauchte Gemma. »Wir waren auf der falschen Fährte.Wir waren die ganze Zeit auf der falschen Fährte.«
»Bingo!« Cullen kam mit triumphierender Miene in Kincaids Büro gestürmt. »Ich hab das Miststück. Ich habe einen Landrover gefunden, der noch auf Joss Miller zugelassen ist. Und in der Grundsteuerdatei habe ich eine Garage am Chelsea Square gefunden, ebenfalls unter Joss Millers Namen. Da dürfte Dom Scott den Wagen versteckt haben. Ich habe einen Durchsuchungsbeschluss für die Garage beantragt.Wir müssen eventuelle Mikrospuren an diesem Landrover sicherstellen, ehe seine Mutter auf die Idee kommt, ihn zu reinigen. Sie kann ja bestimmt nicht wollen, dass ihr Sohn als Mörder in die Geschichte eingeht.«
Kincaid schob die Berichte von sich, über denen er gebrütet hatte, und runzelte die Stirn. »Ein anderer Wagen. Und eine separate Garage. Natürlich.« Er schüttelte den Kopf. »Aber selbst wenn wir an dem Fahrzeug Mikrospuren finden sollten, können
wir noch nicht beweisen, dass er an den Tatorten auch am Steuer gesessen hat.« Er rückte den Papierstapel zurecht, während er nachdachte. »Natürlich wäre es kaum mehr als ein ordentlicher Abschluss für unsere Ermittlungen, wenn wir ihm die Taten nachweisen könnten.Wir können schließlich einen toten Mann nicht vor Gericht stellen.«
»Nein«, erwiderte Cullen. »Aber es dürfte auch weniger die Angst vor einer Anklage sein, die Dom Scotts Mutter Sorgen bereitet. Allein das Gerücht, dass ihre Familie in diese Verbrechen verwickelt sein könnte, würde sie auf die Palme bringen. Sie wissen doch, wie sie …«
»Der gute Name.« Kincaid setzte sich so abrupt auf, dass der Stuhl beinahe umkippte. »Nichts ist Ellen Miller-Scott wichtiger als der gute Name ihrer Familie.Was, wenn Gemma doch recht hatte? Was, wenn Erika Rosenthals Mann Beweise für Joss Millers Beteiligung an Kriegsverbrechen hatte?«
»David Rosenthal ist seit zig Jahren tot«, wandte Cullen ein. »Was immer er wusste, hat er offensichtlich mit ins Grab genommen.«
»Aber wenn dem nicht so ist?« Kincaid sah auf seine Uhr. Gemma hätte sich schon längst melden müssen. Die unbestimmte Unruhe, die ihn plagte, seit sie Dom Scotts Leiche gefunden hatten, erhärtete sich plötzlich zu einer ganz konkreten Befürchtung, und er griff zum Telefon.
»Wo bist du?«, tönte Kincaids Stimme scharf in Gemmas Ohr. »Du bist ja schon eine halbe Ewig…«
»Ich bin immer noch bei Erika.Tut mir leid, der Empfang ist ziemlich bescheiden hier …«
»Wir haben den Landrover gefunden; er ist noch auf Joss Miller zugelassen. Und eine Garage in Chelsea, rund sieben Gehminuten vom Haus entfernt. Aber ich glaube nicht, dass Dom …«
»Ich weiß.« Gemma trat hinaus in den Garten, wo der Handyempfang besser war. »Es war Ellen.«
Sie berichtete ihm, was sie von Erika erfahren hatte, und fügte dann hinzu: »Was, wenn Dom die Brosche gefunden hatte und das Risiko eingegangen war, sie zu verkaufen, weil ihm das Wasser bis zum Hals stand und er nicht wusste, an wen er sich noch wenden sollte? Er hatte wahrscheinlich keine Ahnung von ihrer Vorgeschichte oder ihrem wahren Wert, bis er sie Kristin zeigte.«
»Aber Ellen dürfte Bescheid gewusst haben«, spekulierte Kincaid weiter. »Entweder, weil sie David Rosenthals Manuskript gesehen hatte, oder...«
»Oder weil ihr Vater es ihr erzählt hatte.« Gemmas Stimme war tonlos vor unterdrücktem Abscheu. Konnte es sein, dass Joss Miller vor seiner Tochter mit Vergewaltigung und Mord geprahlt hatte?
»Vielleicht eine Beichte auf dem Totenbett«, meinte Kincaid, der anscheinend etwas wohlwollender gestimmt war – allerdings hatte er auch noch nicht von Erika gehört, was
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