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Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie

Titel: Wen die Erinnerung trügt - Crombie, D: Wen die Erinnerung trügt - Where Memories Lie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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drückte sie aufmunternd. »Gemma, was ist passiert? Deine Mutter …«
    »Leukämie.« Zum ersten Mal sah sie ihm in die Augen. »Der Arzt sagt, dass sie vermutlich Leukämie hat.«
    Er lehnte sich erschrocken zurück und ließ ihre Hand los. »Was? Aber – wie kann sie denn …«
    »Sie hatte über Müdigkeit geklagt. Für meine Mutter hieß das, dass sie erschöpft war. Die Symptome waren alle da – die blauen Flecken, die Kurzatmigkeit -, aber niemand hat etwas bemerkt.« Ihre Stimme klang bitter.
    »Du machst dir doch hoffentlich keine Vorwürfe, Gem? Das hättest du unmöglich ahnen können.«
    »Wenn ich sie öfter besucht hätte, hätte ich vielleicht … Und Dad, er hätte erkennen müssen … Wenn er mir etwas gesagt hätte …« Ungeweinte Tränen schimmerten in ihren Augen.
    »Du hättest dir vielleicht ein bisschen Sorgen gemacht. Du hättest versucht, sie dazu zu überreden, zum Arzt zu gehen. Sie hätte sich geweigert.Also fang gar nicht erst damit an.Viel wichtiger ist doch, was jetzt passiert.«
    Nach einer Weile nickte sie. »Sie verlegen sie heute Vormittag ins St. Barts, auf die Krebsstation. Der Arzt hat gesagt, sie würden weitere Untersuchungen machen. Und dann … dann würde man weitersehen, hat er gesagt.«
    »Er kennt deine Mutter nicht«, sagte Kincaid energisch, um seine eigene Bestürzung zu kaschieren. Seiner Erfahrung nach
machten Ärzte einem auch dann noch Hoffnung, wenn es keinen vernünftigen Grund mehr dazu gab. Er ergriff wieder Gemmas Hand. »Was sagen wir den Jungs?«
    »Ich möchte nicht, dass Kit sich Sorgen macht, aber er muss wohl die Wahrheit erfahren. Und Toby … fürs Erste sollten wir ihm einfach nur sagen, dass es seiner Oma nicht so gut geht. Ich glaube nicht, dass sie sie zu ihr lassen werden. Ihr Immunsystem ist geschwächt.« Sie sah ihn verzweifelt an. »Das heißt … Sie könnte … Es könnte alles Mögliche …«
    »Du brauchst jetzt erst einmal eine Runde Schlaf«, unterbrach Kincaid sie sanft. »Wenn du dich ein bisschen ausgeruht hast, werden die Probleme schon nicht mehr ganz so unüberwindlich scheinen. Ich kann mit den Jungs reden, wenn du möchtest …«
    »Nein.« Sie schüttelte bereits den Kopf. »Das sollte ich übernehmen. Und heute Nachmittag, wenn sie ein bisschen zur Ruhe gekommen ist, fahre ich ins St. Barts...«
    »Was ist mit Cynthia?«
    »Oh, sie wird da sein, darauf kannst du Gift nehmen.« Gemma verzog die Mundwinkel zu einem zögernden Lächeln. »Falls sie Gerry dazu bringen kann, auf die Kinder aufzupassen.« Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie den Mann ihrer Schwester für einen Flegel hielt.
    »Und dein Vater?«
    Gemmas Züge erstarrten. »Ich weiß es nicht. Ich habe heute Morgen versucht, ihn anzurufen, aber ich habe ihn nicht erreicht. Cyn hat gesagt, dass sie mit ihm reden würde. Na, j edenfalls besser sie als ich.«
    Kincaid dachte an Erns spätabendlichen »Überfall« zurück. »Mir war nicht bewusst, dass dein Vater mich so sehr hasst.«
    »Oh, das hat nichts mit dir speziell zu tun. Es ist alles zusammen. Das hier« – ihre Geste umfasste das Haus -, »meine Arbeit. Er denkt, ich hätte meine Herkunft verraten.«
    »Und er hat ein Problem damit, wenn in seinem eigenen
Reich nicht alles so läuft, wie er sich das vorstellt.« Das konnte Kincaid durchaus verstehen. »Aber deine Mutter – warum ist er letzte Nacht nicht bei ihr geblieben?«
    »Er war mit der Situation wohl schlicht überfordert.«
     
    Am Ende war Kristin doch nicht mit dem Typen von der Tanzfläche nach Hause gegangen. Es war zum Teil die Vorsicht, die sich noch in ihrem von Musik und Alkohol benebelten Hirn Gehör verschafft hatte, zum Teil das schlechte Gewissen und nicht zuletzt die Angst, sich zu blamieren. Sie hatte nicht zugeben wollen, dass sie noch bei ihren Eltern wohnte, die sie zurückerwarteten. Eigentlich albern, da sich heutzutage kein junger Mensch mit einem normalen Beruf im Zentrum von London eine eigene Wohnung leisten konnte; und es war ja schließlich nicht so, als hätte sie um eine bestimmte Zeit zu Hause sein müssen. Aber sie wusste nun einmal, dass ihre Mutter nachts immer aufwachte, und wenn sie dann feststellte, dass Kristin noch nicht zu Hause war, konnte sie nicht mehr einschlafen. Das steckt einfach in einem drin, hatte ihre Mutter entschuldigend erklärt – man hört nicht plötzlich auf, sich Sorgen zu machen, bloß weil die Kinder erwachsen sind.
    Aber fast wäre sie schwach geworden. Er – seinen Namen hatte sie nie

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