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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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blinzelte zur Nachmittagssonne hinauf, als würde ihn die Helligkeit schmerzen. »Es war gut, dass wir die Petulantes bei uns hatten«, fuhr er nach einigemSchweigen fort. »Sie sind tüchtig und verlässlich; sie behielten klaren Kopf und kämpften weiter.«
    Nachdem sich herumgesprochen hatte, dass Libino gefallen war, gewannen die Barbaren neues Selbstvertrauen. Sie kamen aus ihren Verstecken, und die Späher auf den Hügelkuppen meldeten Kolonnen von germanischen Kämpfern, die sich durch die Täler näherten. Als unsere Soldaten sahen, dass der Feind sie bald einkreisen würde, setzten sie sich widerstrebend ab und zogen sich in hastig befestigte Stellungen zurück.
    »Wir konnten die Front halten, aber es war knapp. Libino war auf nichts vorbereitet, nur auf den eigenen Sieg.«
    Inzwischen waren wir beim kaiserlichen Palast angelangt. Als wir im großen ovalen Säulenhof absaßen, sog Marcellus heftig die Luft ein, zuckte zusammen und griff sich unwillkürlich an die Seite. Ich blickte ihn scharf an.
    »Ich bin bloß gestürzt«, sagte er. »Habe es schon verarzten lassen. Es ist nichts.«
    Ich hatte seine Blässe der Müdigkeit zugeschrieben. Jetzt aber sah ich in seinen Augen, dass er Schmerzen hatte.
    »Mach mir nichts vor«, sagte ich ärgerlich. »Schau, du hast Blut an der Hand.«
    »Ich kümmere mich später darum. Zuerst müssen wir zu Julian.«
    Mir blieb keine Zeit zu widersprechen, denn Julian kam bereits nach draußen geeilt. Er war kein Mann, der erhaben auf seinem Thron sitzen bleibt wie ein Despot des Ostens und darauf wartet, dass man ihm Nachricht bringt. Also gingen wir hinein, während Julian Marcellus begierig ausfragte.
    Als wir die Treppe hinaufstiegen, taumelte Marcellus und versuchte, seine Schwäche zu überspielen, doch ich sah, wie froh er war, sich auf jemanden stützen zu können.
    Julian rief sofort eine Legion aus dem Winterquartier. Er marschierte los, um Vadomar zu unterwerfen, bevor sich die Nachricht von Libinos Tod weiterverbreitete und die Grenzevon Rätien bis Untergermanien aufbrechen konnte. Ich hätte eigentlich dabei sein sollen, aber Julian ließ sich aus Freundlichkeit eine Aufgabe einfallen, die mich in der Stadt hielt.
    »Ich werde mit Vadomar fertig«, sagte er. »Kümmere du dich um Marcellus. Ich brauche ihn gesund und kräftig.«
    So blieb ich in Vienne, plagte den Arzt, wechselte Marcellus’ Verbände und hielt ihn mit Drohungen im Bett. Er hasste die krankheitsbedingte Untätigkeit; der Gebrechlichkeit anderer begegnete er mit Nachsicht, mit der eigenen jedoch war er ungeduldig. Freunde kamen ihn besuchen – die jungen Männer seiner Einheit, die voller Sorge waren. Eutherius erschien, umweht von asiatischen Düften und mit einer Schachtel Süßigkeiten, die sein Diener Agatho in ein Bett von Bändern gepackt hatte. Auch Nebridius kam und sandte höflich einen seiner Schreiber voraus, um anzufragen, ob sein Besuch erwünscht sei. Sogar der Stallbursche ließ sich blicken und wartete schüchtern an der Tür, bis Marcellus ihn hereinwinkte. Er verehrte Marcellus wie ein Liebhaber.
    Keiner dieser Besuche überraschte mich. Doch ich hatte nicht erwartet, eines Nachmittags Rufus an Marcellus’ Bett anzutreffen. Er saß auf einem Schemel, das Kinn in die Hand gestützt, und sprach mit gedämpfter Stimme. Dabei kehrte er der Tür den Rücken zu und bemerkte mich nicht. Still lächelnd ließ ich die beiden allein und setzte meinen Weg ins Badehaus fort.
    »Ich dachte, Rufus wäre mit Julian nach Rätien marschiert«, sagte Marcellus später.
    »Das wollte er, aber Nevitta ließ ihn nicht. Außerdem lahmt seine Stute.«
    »Er hat es nicht erwähnt.«
    »Worüber habt ihr gesprochen?«
    »Ach, hauptsächlich über Klatschgeschichten. Ich glaube, er wollte mal mit jemand anderem reden. Er fragte mich über den Krieg aus und ob Constantius’ gepanzerte Reiter wirklich so furchterregend sind wie behauptet.«
    »Seine Freunde werden wohl versucht haben, ihm Angst zu machen.«
    »Das habe ich auch gesagt. Und die Angst ist ein mächtigerer Feind als jeder gepanzerte Reiter. Aber weißt du, Drusus, Libinos Tod hat Nevittas Horde ziemlich aus der Fassung gebracht. Damit haben sie nicht gerechnet. Sie dachten, der Krieg sei nur ein Spiel – und noch dazu ein einfaches. Ich frage mich, ob Rufus allmählich begreift, dass dieser Haufen nicht hält, was er verspricht.«
    »Das hoffe ich sehr«, entgegnete ich und befahl ihm, sich hinzulegen, damit ich mir seine Wunde

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