Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)
Florentius ihm streng ins Wort, »das wirst du den Quartiermeister fragen müssen. Ich befasse mich nicht mit unbedeutenden Einzelheiten. Was mich vielmehr interessiert ist die Meldung, dass du vorhast, über den Rhein auf germanisches Gebiet vorzudringen. Ich hoffe, das ist ein Missverständnis. Aber ich fürchte, es ist keines, nicht wahr?«
»Ganz recht. Die germanischen Stämme haben unsere Schiffe geplündert. Sie haben den Rhein unpassierbar gemacht.«
Florentius stieß einen Seufzer aus wie ein Mann, der sich gezwungen sieht, einem Dummkopf alles zweimal zu erklären. »Du bist neu in Gallien, Cäsar, darum ist dir vielleicht nicht bekannt, aber unsere Politik sieht so aus, dass wir den Barbaren Hilfsgelder zahlen. Als Gegenleistung lassen sie unsere Schiffe ungehindert passieren.«
Julian blickte ihn verblüfft an. »Wir zahlen ihnen Hilfsgelder?«
»Aber ja. Ich würde zweitausend Pfund Silber als ausreichend betrachten, wenngleich die Barbaren natürlich jedes Jahr mehr erwarten. Aber wie gesagt, zweitausend Pfund sind angemessen.«
»Zweitausend Pfund, sagst du?«
»Das halte ich für annehmbar. Wenn sie mehr wollen, werden sie es schon sagen.«
Julian atmete tief durch und ließ den Blick in die Runde schweifen, als wollte er sagen: Befreit mich von diesem Mann. »Aber wenn ich Mittel verlange, um meine Soldaten bezahlen zu können, behauptest du, es gebe keine.«
»Das ist etwas völlig anderes, ein besonderer Etat, den ich …«
»Einen Augenblick, nur damit ich es richtig verstehe: Meine Männer hungern, weil es weder Sold noch Nachschub gibt, und du sprichst davon, den Barbaren Lösegeld zu zahlen? Denselben Barbaren, gegen die ich kämpfen will, damit wir unser eigenes Territorium ungehindert durchqueren können?«
»Das ist der Brauch.«
»Brauch«, wiederholte Julian trocken. »Wir geben unseren Feinden Geld, weil es Brauch ist.«
Ihre Blicke trafen sich. Florentius erwiderte: »Ich lebe hier schon einige Zeit, Cäsar. Ich weiß, wie man die Dinge regeln muss. Es ist unbesonnen, wenn nicht gar leichtsinnig, die Stämme gegen uns aufzubringen. Dazu sollte der Kaiser gefragt werden.«
»Das würde Monate dauern, und das weißt du. Die Barbaren sind gerade in Auflösung begriffen. Wenn wir jetzt angreifen, können wir die Grenze für eine ganze Generation sichern.«
»Das vermutest du. Aber das Wagnis ist zu groß. Ich kann dem nicht zustimmen.«
Daraufhin betrachteten sich beide in schweigendem Unverständnis. Draußen erklangen die Stimme des Quartiermeisters, der Anweisungen erteilte, und das Rumpeln von Kisten, die von den Wagen geladen wurden.
»Also gut«, sagte Julian schließlich. »Du hast deine Meinung klar geäußert. Man wird dir keinen Vorwurf machen können. Das kannst du auch schriftlich bekommen, wenn du möchtest. Gibt es sonst noch etwas, Präfekt? Wenn nicht, ich habe jetzt zu arbeiten.«
Florentius zögerte. Seine Miene verhärtete sich. Er war esgewöhnt, dass katzbuckelnde Beamte seine Anweisungen gehorsam befolgten; er hatte nicht damit gerechnet, dass Julian sich über ihn hinwegsetzen würde. Es war, als hätte er von einem Diener eine Ohrfeige bekommen. Jetzt nahm er zum ersten Mal die anderen Anwesenden und das schlichte, ja bäuerliche Quartier wahr – den schlammbeschmutzten Steinboden, die nackten Wände und die morschen Fenster. Er fragte sich, ob er sich gedemütigt fühlen sollte, und versuchte, dies von unseren Gesichtern abzulesen. Doch alle wahrten die gleiche ausdruckslose Miene und gaben nichts preis.
»Es gibt da allerdings noch eine Sache«, sagte er schließlich kalt. »Aber wir sollten unter vier Augen darüber sprechen.«
Hätte es zwischen den beiden Männern Wohlwollen gegeben, hätte Julian ihn vermutlich beim Arm genommen und nach draußen geführt, oder er hätte uns gebeten, den Raum zu verlassen. So aber erwiderte er, dass der Präfekt, was immer er zu sagen habe, es offen vor seinen Freunden aussprechen könne. Vielleicht rechnete er mit einer Drohung vonseiten des Kaisers oder einer Beschwerde, weil er Gaudentius aus dem Lager geworfen hatte.
»Wie du willst«, sagte Florentius kalt. »Ich bringe Neuigkeiten von deiner Gattin. Sie hat einen Sohn zur Welt gebracht. Es war eine Totgeburt.«
Entsetztes Schweigen senkte sich herab. Der junge Offiziersbursche im Nebenzimmer ließ seinen Griffel fallen. Man hörte ihn über den Boden rollen. Julian holte tief Luft und blickte einen Moment lang aus dem Fenster. Seine Gesichtsfarbe
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