Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)
musterte Gaudentius mit verwundertem Blick. Auch die abziehenden Männer auf dem regennassen, morastigen Platz hielten inne und starrten. Ein anderer hätte Gaudentius verhaften und davonzerren lassen, doch Julian hatte so wenig vom üblichen Hochmut der Mächtigen, dass ihm wohl nicht einmal der Gedanke kam.
»Sonderzahlungen?«, wiederholte er. »Was redest du da? Die Münze reicht kaum für eine Rasur.« Er wählte einen milden Ton, wollte den Vorfall verharmlosen. Doch Gaudentius, dumm, wie er war, blieb energisch. Die Höhe der Summe sei unerheblich, erklärte er, und er sei verpflichtet, das Geld zurückzunehmen.
»Man verlangt ein Geschenk nicht zurück!«, rief Julian, dessen Stimme nun lauter wurde. »Hast du den Verstand verloren?«
Von einem ungesunden Selbstvertrauen beseelt, begann Gaudentius, ein Gesetz zu zitieren, aber Julian schnitt ihm das Wort ab. »Beim Hades, was fällt dir ein, dich einzumischen? Glaubst du, ich brauche einen Paragraphenkrämer, der mir erklärt, wie ich meine Pflichten zu erfüllen habe?« Er musterte Gaudentius aus schmalen Augen. »Warte mal, ich kenne dich doch … Ich habe dich in Paris gesehen. Du bist einer von Florentius’ Leuten, nicht wahr? Was hast du hier zu suchen?« Als Gaudentius zur Antwort ansetzte, fuhr Julian ihn an: »Schweig! Florentius kann nicht einmal seine eigenen Pflichten erfüllen. Da lasse ich mich von ihm – oder von dir – über meine Pflichten nicht belehren!«
Er wandte sich ab. Die Aussöhnung mit den Soldaten auf diesem morastigen Flecken in Nordgallien war verdorben; trotzdem ließ Julian die Sache auf sich beruhen. Doch als er davonging, rief Gaudentius ihm hinterher: »Du hast keine Befugnis! Das Geld muss zurückgegeben werden!«
Julian blieb stehen. Alle starrten ihn an, selbst der alte Severus, den kaum noch etwas überraschen konnte.
Langsam drehte Julian sich um. Sein Blick schwenkte zu den Soldaten, denen er die Münzen geschenkt hatte und die jetzt gespannt und offenen Mundes abwarteten.
»Schafft mir diesen Mann aus den Augen!«, befahl Julian. »Gebt ihm ein Pferd und schickt ihn zurück zu seinem Herrn. Sorgt dafür, dass er noch heute verschwindet – wenn es sein muss, mit dem Schwert.«
Dann ging er mit steinerner Miene zu seinem Zelt und schlug beim Eintreten heftig die Lederklappe zur Seite.
Wir rückten an die große Barriere des Rheins vor, und dort traf endlich die Nachschubkolonne ein, persönlich begleitet von Florentius.
Er wurde von mir in Empfang genommen, da Julian am Morgen ausgeritten war, um die Bootsbrücke zu begutachten, die er zur Überquerung des Flusses bauen ließ. Ich schickte einen Boten und wartete mit dem Präfekten in dem verlassenen Bauernhaus, das Julian als Quartier benutzte.
Florentius stand mit langem Gesicht schweigend da und tippte ungeduldig mit den Sohlen seiner Kalblederstiefel auf den Steinboden. Zwischendurch fiel mir auf, dass er Zeit gefunden hatte, sich Locken brennen und frisieren zu lassen. Aus Höflichkeit versuchte ich ein Gespräch anzufangen und erkundigte mich nach seiner Reise und ähnlichen Dingen. Doch er antwortete nur knapp, als wäre ich einer seiner Sklaven, und bald gab ich es auf und verfiel in unbehagliches Schweigen. Inzwischen war mir klar, dass Gaudentius ihm Bericht erstattete, und wenn ich mich nicht in ihm täuschte, hatte er die Geschichte kräftig ausgeschmückt.
Nach einiger Zeit waren draußen Stimmen zu hören. Julian kam hereingepoltert, gefolgt vom Hauptmann der Pioniere sowie Oribasius und Severus. Stiefel und Mantel waren schlammbespritzt, und er hatte einen Fleck an der Stirn, wo er sich mit dem Handrücken den Schweiß abgewischt hatte. Er sah aus, als wäre er über die gesamte Uferböschung geklettert – was er vermutlich auch getan hatte, da er nicht zu den Männern gehörte, die schmutzige Arbeit nur anderen auferlegen. Er war ein wenig außer Atem, und sein Enthusiasmus war noch immer zu spüren. Er lächelte sogar.
»Du bist persönlich gekommen«, sagte er freundlich.
Florentius erwiderte das Lächeln mit eisigem Blick. »Wie könnte ich anders? Die Sache sei dringend, wurde mir gesagt.«
»Ja, das ist wahr. Trotzdem danke ich dir, dass du dich hierherbemühst.«
Es folgte eine unangenehme Pause. Schließlich räusperte Julian sich und erkundigte sich nach Dingen, die er bestellt hatte – Pökelfleisch und Zwieback, Amphoren mit Öl und Wein, neue Brustpanzer und verschiedene Bauwerkzeuge.
»Dazu kann ich nichts sagen«, fiel
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