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Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Waters
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zusammen, als ich ihm davon erzählte.
    »Er hatte es verdient«, empörte ich mich. »Wenn es ihm nicht gefällt, sollte er seine Zunge hüten und weniger trinken. Außerdem verstehe ich nicht, welchen Grund ich ihm gegeben haben könnte. Diese Spiele werden nur zum Spaß für die Männer und das Volk veranstaltet. Was kann es ihm bedeuten, an welchem Wettkampf ich teilnehme?«
    »Ich glaube nicht, dass es um dich geht«, sagte Marcellus.
    Und dann erzählte er mir, was er bis dahin verschwiegen hatte: dass Nevitta verärgert war, weil man ihn nicht gebeten hatte, den Fackelzug anzuführen.
    Zuerst lachte ich ungläubig. »Das ist der Grund?«
    »Das und seine Trinkerei, nehme ich an.«
    »Aber er ist gerade erst zum Heermeister befördert worden. Er ist einer der mächtigsten Heerführer des Westens, und kein anderer ist so schnell aufgestiegen wie er. Worüber hat er sich zu beschweren?«
    Marcellus hob die Schultern. »Er beschwert sich gern. Er sieht überall Herabsetzung.«
    Wir schlenderten einen der großen gebogenen Gänge des leeren Theaters hinter dem Forum entlang. Dort hatten wir uns verabredet. Marcellus setzte sich auf eine Steinbank und machte ein ernstes Gesicht. Ich setzte mich neben ihn.
    »Das hättest du mir erzählen sollen«, sagte ich. »Ich habe mich schon gewundert, dass du in den letzten Tagen so schweigsam gewesen bist.«
    »War ich das? Nun, es ist nichts, reine Torheit. Wirklich, es ist nicht wert, sich damit aufzuhalten.«
    Er schaute über die blutroten Ziegeldächer von Vienne zur Rhone hinüber, wo ein Ruderboot über das ruhige Wasser glitt und auf den Kai zuhielt. Der lange Sommer hatte den Härchen an seinen Beinen und Unterarmen einen dunklen Goldton verliehen. Er saß entspannt da, vertrauensvoll und nah, und war sich wie immer seiner Schönheit nicht bewusst.
    »Hast du gesagt, Rufus sei dabei gewesen?«, fragte er.
    »Ja. Neuerdings ist er immer in Nevittas Nähe. Ich glaube, er war betrunken, wie alle anderen.«
    Er zuckte die Achseln.
    »Warum fragst du?«
    »Aus keinem besonderen Grund. Er sollte nur mit uns zusammen für den Fackelzug üben. Wahrscheinlich hatte er Besseres zu tun.«
    Beim Wettlauf wurde ich Zweiter, eine Speerlänge hinter dem Sieger. Die Faustkämpfe sah ich mir gar nicht erst an. Ich hörte später, dass der Sieger ein stämmiger Bataver war.
    Die restlichen sonnigen Tage der Spiele verbrachten Marcellus und ich zusammen. Wir vergnügten und entspannten uns. Es gab Akrobaten und Jongleure zu sehen, ein Konzert im Theater, Glaskugelspiele und Hahnenkämpfe, eine Schar tanzender Hunde mit Glöckchen am Halsband, Sänger und Flötenspieler, und bei allem wurden Speisen und Wein und gallisches Bier verkauft sowie der Tand, der bei allen Festen feilgeboten wird.
    Am Abschlusstag beim Hippodrom im Tal zwischen den bewaldeten Hügeln und dem Fluss fand das Wagenrennen statt, bei dem Julian vor den Leuten in Erscheinung treten sollte.
    Er stand wartend im Vorraum, während der Sklave um ihn herumtrippelte, ihn zurechtzupfte und bürstete. Es war ein makelloser Tag, windstill und wolkenlos. Die Sonne schien von der Tribüne in den Treppenaufgang und warf gleißende Strahlen auf den rosa Marmor. Von draußen hörte man das Stimmengewirr der Menschen, die gespannt auf den Beginn des ersten Rennens warteten. Der Lärm schwoll an, als die verschiedenen Rennställe die Farben ihrer Gespanne ausriefen.
    Nevitta war ebenfalls im Vorraum und redete in einem fort mit seiner dumpfen Stimme über militärische Angelegenheiten, von denen keine so dringend war, dass sie nicht hätte warten können. Doch er spielte sich gern in den Vordergrund und erzählte Julian ständig, was er gerade tat. An Julians höflich zerstreutem Gesichtsausdruck sah ich, dass er gar nicht zuhörte. Er war mit seinen Gedanken auf den Zuschauerrängen, wo die Leute auf ihn warteten.
    Der Sklave sog den Atem durch die Zähne und schnalzte, um erneut Julians Kragen zurechtzuziehen.
    »Bist du noch nicht fertig?«
    »Aber Augustus, es muss makellos sein. Denk an all die Blicke, die auf dich gerichtet sein werden.«
    Julians Gesicht verfinsterte sich. Die gaffende Menge war das Letzte, woran er erinnert werden wollte.
    Eine Seitentür ging auf, und Oribasius kam herein. »Nun?«, fragte Julian, wobei er sich umdrehte. Er war nun angetan mit sämtlichen Symbolen des Imperiums: weiße Tunika mit besticktem Kragen, purpurner Mantel mit Goldspange und auf dem Kopf ein Diadem aus Silber und Rubinen, das

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