Wen die Götter lieben: Historischer Roman (German Edition)
kürzlich bei einem Edelsteinschleifer in Vienne gekauft worden war.
»Ein prächtiger Anblick«, sagte Oribasius mit hochgezogenen Brauen. »Du siehst fast wie ein Kaiser aus.«
Julian grinste. »Dank meinem Malchos.« Der Sklave, ein dunkeläugiger Syrer, machte eine wegwerfende Handbewegung, wie um zu sagen, das gehöre nun einmal zu seinen täglichen Aufgaben. Ich lächelte. Julian vergaß solche Leute nie.
»Den Leuten wird es gefallen«, sagte Oribasius, während er um Julian herumging und den schweren, leuchtenden Mantel betrachtete.
»Ach, die Leute! Stell mich lieber an die germanische Grenze, wo ich meine Feinde kenne.« Dabei vergaß er, stillzuhalten, machte einen Schritt nach vorn und griff sich sogleich an den Kopf, wo das Diadem saß. »Sitzt es noch richtig? Beim Himmel, ich wage mich kaum zu rühren. Ich komme mir vor wie ein zum Braten verschnürter Pfau.«
Die Anwesenden lachten, aber Julian blickte grimmig zu der sonnenbeschienenen Treppe. Den Städtern gegenüber fühlte er sich stets unwohl; er verglich sie mit einem ungezähmten Tier, launisch und gefährlich, wie ein Zitat seines geschätzten Platon besagte. Doch ich glaube, in Wirklichkeit war Julian scheu undzog die Gesellschaft von einigen guten Freunden vor, die seine Ansichten teilten.
»Wenn du still stehst«, sagte Oribasius, »wird das Diadem nicht hinunterfallen. Die Leute sind gekommen, um ein Spektakel zu erleben, und du bist ein Teil davon. Sie wollen einen Gott unter Menschen sehen.«
Julian zog die Brauen zusammen. »Dann wollen sie belogen werden. Ein Kaiser sollte nicht mehr sein als ein Bürger, ein Erster unter Gleichen.«
»Ja, ja«, sagte Oribasius seufzend. Das war ein alter Streit zwischen ihnen. »Das mag einmal so gewesen sein, aber jetzt ist nicht die rechte Zeit für solche Experimente. Die Leute hängen an ihren Mythen. Außerdem …« Der Rest des Satzes ging im Schmettern der Trompeten unter.
»Es ist so weit«, verkündete der Zeremonienmeister.
»Und möge es bald vorbei sein«, murmelte Julian.
Er ging einen Schritt und drehte sich zu mir herum, wahrscheinlich, weil er hoffte, ich könnte den letzten Moment für ihn hinauszögern. »Sag mir, Drusus, was kann sinnloser sein, als einen Tag lang zuzuschauen, wie eine Handvoll Wagen im Kreis fahren?«
»Geh!«, sagte ich lachend, und er schmunzelte. Dann holte er tief Luft wie ein Taucher vor dem Sprung von der Klippe und stieg langsam die sonnigen Stufen hinauf.
Wir anderen sahen seinem Schatten hinterher. Meine kurz geschnittenen Haare kribbelten am Hinterkopf. Von diesem Augenblick, das wusste Julian besser als jeder andere, hing die ganze Zukunft ab. Konnte er Vienne nicht für sich gewinnen, konnte er Gallien nicht halten, und ohne Gallien würden ihm die anderen Provinzen nicht folgen.
Der Schatten verschwand, und eine schreckliche Stille breitete sich aus. Dann setzte anschwellendes Gebrüll ein, wie beim Angriff in der Schlacht, oder wie die anrollende Flut, die gegen Felsen tost. Das Geräusch füllte den Vorraum und halltevon den Wänden wider, bis wir unser eigenes Wort nicht mehr verstehen und unser ungläubiges Gelächter nicht mehr hören konnten. Aber wir wussten, was wir tun sollten, und auf das Zeichen des Tribuns stiegen wir die Stufen hinauf und traten ins gleißende Tageslicht und das weite Rund der Rennbahn. Von allen Seiten jubelten die Leute und hoben die Arme zum Gruß; in den Händen flatterten leuchtende Bänder in Rot, Weiß, Grün oder Blau. Und am Geländer stand Julian und nahm mit erhobenen Händen den freudigen Beifall entgegen.
Der Feiertag im Januar fiel mit einem heiligen Tag der Christen zusammen, den sie Epiphanias nennen. Der Bischof von Vienne, ein großer Mann mit derben Zügen, der sich erlesen kleidete und ein gelehrtes Benehmen an den Tag legte, machte deutlich, dass er Julians Teilnahme an dem Ritus erwartete.
»Ich werde nicht hingehen«, gab Julian seinen Freunden bekannt. »Ich kann mich nicht länger verstellen. Meine Soldaten werden mich als Heuchler verurteilen.«
»Du hast nur dreiundzwanzigtausend Mann«, gab Eutherius zu bedenken. »Es sind auch Christen darunter.«
»Na und? Die meisten sind keine.«
»Die keine sind, haben dich auch bisher akzeptiert. Jetzt ist nicht der Augenblick, schlafende Hunde zu wecken.«
Julian wandte sich an Marcellus. »Du bist kein Christ«, sagte er. »Und du auch nicht, Drusus. Und die Männer beschweren sich nicht.«
»Aber Marcellus ist kein Augustus«, wandte
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