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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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blonden Locken.
    »Ich werde dich heilen«, sagte Huber spontan. »Hab keine Angst! Und jetzt will ich deine Mutter sprechen.«
    Der blonde Lockenkopf nickte, und zwei blaue Augen strahlten ihn an.

14
    »Sind Sie fertig?« fragte Dombono. Er stand dicht hinter Huber, seine tiefe Stimme hämmerte auf ihn ein. Was hier soeben geschah, hatte die uralten Traditionen Urapas weggewischt.
    »Für heute – ja!« Huber deckte den Schleier wieder über den Jungen. Er war noch ganz gefangen von der Schönheit des Kindes und von dem Blick dieser Augen.
    Blond und blauäugig! Was für eine Frau war die sogenannte Göttin? Wer war der Vater dieses Jungen? Was hatte sich hier vor fünfzehn Jahren abgespielt? Wo war der Vater dieses Kindes?
    »Ich habe mir ein Bild gemacht«, sagte Huber. »Es ist meine Pflicht als Arzt, die Eltern über alle Folgen und möglichen Komplikationen der Operation aufzuklären.« Er sah Dombono herausfordernd an. »Ich brauche vor allem das Einverständnis des Vaters.«
    »Es gibt keinen Vater!« sagte Dombono hart.
    »Was?« Doktor Huber sah dem Bett nach, das zwei Priester wieder aus dem Zimmer schoben. »Wachsen bei Ihnen die Kinder auf den Bäumen wie Äpfel?«
    »Ihre Neugier wird Sie umbringen, Doktor Huber!«
    »Meine Neugier hat mir schon viel geholfen, Dombono.« Er lächelte kampfeslustig, aber er wußte, daß es nur ein schiefes Lächeln wurde. »Wäre ich sonst hier? Der Vater des Jungen ist tot?«
    Dombono gab keine Antwort. Die Wand öffnete sich wieder auf geheimnisvolle Weise, sie verließen das Zimmer und kamen durch lange Gänge bis in jenen Raum, in dem auf dem goldenen Podest der edelsteingeschmückte Thron stand. Sikinika saß auf dem Sessel, unbeweglich, eine herrliche Götterstatue von unwirklicher Schönheit. Alex Huber hielt unwillkürlich den Atem an. Er stand nicht unter dem ungeheuren Druck von Leben oder Tod wie vor Tagen sein Kollege Stricker. Die Rollen hatten gleiches Maß: hier eine Mutter, die um ihr Kind bangt und die doch eine Göttin sein muß, dort ein Arzt, der als einziger helfen kann.
    Huber blickte sich um. Dombono war gegangen. Er war allein mit Sikinika.
    »Erwarten Sie von mir nicht, daß mir Ihr Anblick heilige Schauer über den Rücken jagt, Madame«, sagte er und bewunderte seinen eigenen Mut. »Wir sind allein, ich nehme an, daß niemand mithören kann. Versteckte Mikrofone dürfte es vor viertausend Jahren noch nicht gegeben haben. Wir sollten deshalb wie normale Menschen miteinander sprechen. Das Gottsein heben wir auf für den offiziellen Teil.« Er machte eine knappe Verbeugung. »Ich bin Doktor Huber. Chirurg aus München. Ich habe Ihren Sohn untersucht und bin bereit zu operieren. Ich knüpfe aber daran einige Bedingungen.«
    »Man stellt mir keine Bedingungen!«
    Eine Stimme, wie im Tiefkühlschrank gefroren. Und trotzdem eine Stimme, die jeden Mann faszinieren mußte. Während sie sprach, bewegte sich nichts in ihrem Gesicht, nicht einmal die Lippen. Sie könnte Bauchredner sein, dachte er. Ein verrückter Gedanke! Jeder Mensch muß doch beim Sprechen die Lippen bewegen. Er wandte sich an die Königin: »Wenn wir solche Feststellungen treffen – vor allem, wenn sie endgültig sein sollen –, brauchen wir gar nicht weiterzureden. Ihr Sohn hat ein osteoides Osteom. Nach dem Testergebnis – ich kann ja nicht röntgen – müßte es sich um ein Osteoma eburneum handeln.«
    »Reden Sie vernünftig!« sagte die Frau in Gold scharf. »Wird mein Sohn wieder gehen können? Ohne Schmerzen? Wird er geheilt sein?«
    »Das hängt von vielen Faktoren ab. Ihre Ärzte mögen durch Reiben Messer elektrisch aufladen können, aber ob sie auch antiseptisch operieren können, ist eine große Frage. Wir haben ein großes Operationsfeld, und damit ist die Anfälligkeit von Bakterien sehr vermehrt. Auch im Notfall reichen meine Antibiotika nicht aus. Das ist das eine Problem.«
    »Das andere?«
    »Die Vorbereitung. Blutuntersuchungen, der ganze Komplex der Laborarbeit, Narkosezwischenfälle, wenn nötig Bluttransfusionen. Ich muß Ihnen das sagen! Es ist nicht damit getan, einfach den Oberschenkel aufzuschneiden und das Osteom zu kürettieren. Es gibt hundert unvorhergesehene Dinge bei einer Operation.«
    »Wir sind mutig!« sagte Sikinika stolz. »Auch mein Sohn ist mutig, Herr Doktor Huber. Und Sie sind mutig.«
    »Das nutzt uns gar nichts. Das ist zuwenig. Ich muß meine Patienten kennen.«
    »Sie haben Sikinophis gesehen.«
    »Ja, und er hat blonde Locken und

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