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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allem, wenn man sie in einer solchen Situation bewältigen muß – den Tod unmittelbar im Nacken!
    Er blickte Dombono durch den Vorhang seines Schweißes, der seine Augen verklebte, an. »Wenn ich um ein Glas Wasser bitten dürfte«, sagte er mit englischer Kühle. Wenn schon in diesem Bilderbuchstaat jemand Englisch spricht wie ein Oberhausabgeordneter, dann spielen wir dieses makabre Spiel auch englisch weiter.
    Dombono rührte sich nicht. »Wer sind Sie?« fragte er steif. »Wie haben Sie den Zugang zu Urapa gefunden?«
    »Durch Zufall, Glück, mit Spürnase, durch Gottes Hilfe – wie immer Sie wollen. Ich weiß es selbst nicht. Ich mußte einfach weiter – Felsbarrieren, Wasserfällen, schwindelerregenden Pfaden und verfilzten Regenwäldern zum Trotz. Ich hatte so ein Gefühl: Dort irgendwo muß Veronika sein.«
    »Sie haben Miß Ruppl gesucht? Es war also kein Zufall?«
    »Nein! Miß Ruppl ist meine Verlobte. Nachdem die ganze Welt Anteil am geheimnisvollen Verschwinden der Reisegruppe genommen hatte, bin ich sofort nach Uganda geflogen. Wir dachten alle an Rebellen.«
    »Wir sind keine Rebellen.«
    »Wer konnte dies ahnen?«
    »Wir sind ein friedliches Volk.«
    »Darüber könnte man diskutieren.« Huber wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Eine Galgenfrist, dachte er. Sie stechen nicht gleich mit den Speeren auf dich ein. Rede, mein Junge, rede dir deinen Kopf frei! Jedes Wort ist eine Sekunde Leben! »Es ist nicht die feinste Art, Gäste in Käfigen an Tempelmauern aufzuhängen.«
    »Sie werden bald daneben hängen«, sagte Dombono hart.
    »Auch dies bliebe abzuwarten.« Er konnte jetzt klarer sehen; der Schweiß war aus den Augen gewischt. Der Platz vor ihm war schwarz von Menschen, sie standen so dicht, daß keiner sich mehr rühren konnte. »Natürlich können Sie mich neben die anderen an die Mauer hängen und mich dann Ihrem Regengott opfern, davon aber wird Sikinophis nicht gesund. Er wird weiter lahmen, furchtbare Schmerzen erdulden und eines Tages elend sterben.«
    Nur weiterreden, Huber, dachte er. Und wenn es der größte Quatsch ist! Erzähl ihnen medizinische Dinge, für die man dich in München mit einem Tritt aus der Klinik jagen würde. Schildere ihnen das dämliche Osteom wie einen Knochenkrebs; mach ihnen klar, daß es Metastasen über den ganzen Körper ausstreut, vor allem ins Gehirn – fabriziere die tollsten Märchen. Hier sind allein Worte die Garantie für ein Weiterleben …
    Dombono starrte Alex aus finsteren Augen an. Sein dunkles Gesicht war zu einer steinernen Maske geworden. »Was weißt du von Sikinophis?« fragte er leise.
    »Alles, was auch Doktor Stricker weiß. Er hat den Tod in der Hüfte, und keiner kann ihn herausholen.« Huber ging jetzt die letzte Stufe der rissigen Treppe hinunter. Neben dem mächtigen Dombono wirkte er ausgesprochen klein, trotz einer Größe von immerhin einsachtundsiebzig. Militärmaß, bei der Musterung ermittelt.
    »Es hilft nur eine Exzision – wie wir das nennen.«
    »Wir werden ihn operieren«, sagte Dombono steif.
    »Sie nicht. Ich nehme an, ich spreche mit Herrn Dombono? Doktor Stricker nannte Sie den Chefchirurgen, aber er macht ja noch Witze, wenn er oben auf Ihrem Opferstein liegt. Damit beruhigt er sich selbst. Ich bin da anders. Ich habe eine verdammte Angst, Herr Dombono, und ich will auch nicht sterben. Gilt Ihr Angebot noch, daß alle Gefangenen freikommen, wenn die Operation gelingt?«
    »Das Angebot kommt von der Göttin.« Dombono blickte wieder über Alex Huber hinweg zur Pyramidenspitze hinauf. »Ich bin dagegen.«
    »Wir sollten uns das überlegen.« Alex Huber bückte sich und ergriff seinen Arztkoffer. Sofort zuckten die Speerspitzen vor. Er schüttelte den Kopf und lächelte schief. »Nein, da ist keine Bombe oder Geheimwaffe drin. Dombono – ich bin Arzt. Chirurg! Ich erkläre mich bereit, den Jungen zu operieren.«
    »Sie sind …« Dombono blickte ihn forschend an. Nur einen Augenblick hellte sich seine Miene auf, dann erstarrte sie wieder. »Sie wollen mehr können als wir?«
    »Ich habe schon etliche Osteome ausgeräumt. Vor allem bei Kindern. Sie springen heute herum wie junge Lämmer.« Das versteht er, dachte er. Das ist ein Begriff, der ihn überzeugt. Wie ist überhaupt so etwas möglich? Spricht ein gepflegtes Englisch und denkt mit dem Hirn der Pharaonen? Es ist zu verrückt, um wahr zu sein, aber es ist Tatsache! Hinter mir hängen vier Käfige an einer Mauer, hängt Veronika hinter Gittern, gefangen wie

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