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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geben. Die Schwarzen haben da ein stärkeres Herz als wir Weißen. Ich muß an das Chloroform herankommen. Und bis dahin … reden … reden … reden.
    Er schob sich vom Bett weg und hinüber zur anderen Seite des Tisches, wo seine Arzttasche stand. »Ihrem Kind geht es gut«, sagte er im beschwörenden Ton, mit jener ruhigen, eindringlichen Stimme, wie man in der Psychiatrie Geisteskranke besänftigt. »Ihm geht es sehr gut. Er schläft jetzt. Sie müssen es schlafen lassen. Schlaf ist gut. Sie sollten auch schlafen … hören Sie … schlafen! Ganz fest schlafen … Ruhe, wundervolle Ruhe … ganz ruhig bleiben …«
    Meine Tasche, dachte er dabei. Noch vier Schritte. Dann wird es wieder kritisch. Ich muß sie betäuben, ohne mich selbst auf den Boden zu legen. Chloroform ist ein Teufelszeug!
    »Sie brauchen sich nicht zu Ihrer Tasche zu schleichen«, sagte die fremde Frau. »Ich bin nicht verrückt.«
    Sie sagte es fast heiter, und ihre Lippen – das einzige, was er zwischen den ins Gesicht hängenden Haaren sah – diese Lippen lachten!
    »Natürlich sind Sie nicht verrückt.« Alex Huber machte den nächsten großen Schritt in Richtung Tisch. »Wer das behauptet, ist selbst verrückt! Sie sind ganz gesund.«
    Die Frau stieß sich von der Wand ab. Mit einem Ruck schleuderte sie die Haare aus dem Gesicht. Huber spannte jeden Muskel. Er war bereit, diese Frau mit rücksichtsloser Gewalt von Sikinophis fernzuhalten. Ich werde sie niederschlagen müssen, um ihr eine Injektion geben zu können, dachte er. Mir bleibt nichts anderes übrig. Ein richtiger K.o.-Schlag. Denk nicht daran, daß sie eine Frau ist … sie ist eine Gefahr für den Jungen! Nur daran mußt du denken.
    Sie standen sich gegenüber, kaum einen Schritt voneinander entfernt, und musterten sich. Wie kann eine Irre so klare, schöne Augen haben, dachte er. Ein so reines klassisches Gesicht? Nicht die geringsten Anzeichen des Wahnsinns im Blick oder in den Bewegungen.
    »Warum stößt du mich immer weg?« sagte sie plötzlich. Ihre Samtstimme hatte einen Unterton, der Huber traf wie ein Feuerstrahl. »Ich will doch nur einmal ein Mensch sein, einmal wieder ein richtiger Mensch. Ich habe doch auch ein Recht darauf.«
    Das war das fünfte Mal, daß Huber in Urapa sprachlos wurde. Er stand wie angewurzelt und rührte sich auch nicht, als sie zu ihm trat, sein Gesicht umfaßte und ihn küßte. Und an diesem Kuß erkannte er sie endgültig wieder. Er kannte dieses Feuer, das die Berührung mit ihr in ihm entfachte. »Göttin …«, sagte er tonlos, als sie seine Lippen endlich freigab. Ihm war, als stünde sein ganzer Mund in Flammen.
    »Du hast schon einmal Madame zu mir gesagt.« Sie schob ihr Haar wieder nach hinten über die Schultern. »Sikinika klingt noch besser. Wieso bin ich eine Göttin? Sieh mich an? Was ist göttlich an mir?«
    »Alles!« sagte Huber mit trockener Kehle. »Alles!«
    »Kein Gold, kein Diamantenstaub! Ich bin ein Mensch … faß mich an!«
    Sie bewegte sich anmutig vor ihm, breitete die Arme aus und schien zu schweben. »Sie hat gesagt, ich sei nur eine starre Maske! Nur eine Statue! Ich hätte Runzeln unter dem Gold! Das hat sie gesagt! Hast du das auch gedacht? Sieh mich an! Ich sage dir: Sieh mich an!«
    »Faß mich an!« rief sie plötzlich. Ihre Züge verzerrten sich unter diesem Aufschrei. »Ich will wissen, daß ich ein Mensch bin! Sag mir, daß ich eine Frau bin! Ich will einmal keine Göttin sein! Ich will, ich will nicht!«
    Sie warf sich in seine Arme, er mußte sie umfassen, damit sie nicht hinstürzte, da stöhnte sie auf. Sie krallte sich in seinen Haaren fest, biß ihn in die Schulter, und plötzlich begann sie zu weinen.
    Ihre Wildheit erschlaffte. Sie ließ sich von ihm zum Hocker führen. Sie setzte sich gehorsam, und dann fiel sie nach vorn und weinte in die Decke, unter der Sikinophis in tiefem Schlafe lag.
    Wenn jetzt Veronika kommt, dachte er, gibt es einen Doppelmord. Sie werden sich gegenseitig zerfleischen. Dann setzte er sich vorsichtig auf die Bettkante. »Sikinika«, sagte er leise und berührte ihre Schulter.
    »Ich will kein Mitleid!«
    »Das wäre auch das Letzte, was ich jetzt empfinden könnte«, sagte er ehrlich.
    »Hast du Angst?«
    »Vielleicht.« Er beugte sich vor und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. Ihre sonst so kalten, harten Augen waren sanft wie ihre veränderte Stimme.
    »Vor ihr?« Sie drehte ihren Kopf zur Tür. »Sie schläft. In ihrem Tee war ein Mittel. Sie wird schlafen bis in

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