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Wen die schwarze Göttin ruft

Wen die schwarze Göttin ruft

Titel: Wen die schwarze Göttin ruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kaltschnäuzige Weltenbummler hatte alle Farbe verloren. Sein Gesicht war grau. »Was ist denn? Worauf warten wir?! Das Osteom springt nicht allein vom Knochen!« Münchener Chefworte! Stricker lächelte gequält.
    »Wenn alles vorbei ist, Huber«, sagte er nach einer Weile heiser, »erlauben Sie mir, Ihnen in den Hintern zu treten!«
    »Sie können sich bedienen, Kollege, wenn es Ihnen Spaß macht.« Huber kam an den Tisch zurück. Sikinophis lag flach auf der Platte, man hatte ihn bereits angeschnallt. Mit verzerrtem Mund nickte er Huber zu. »Wenn Sie wüßten, Stricker, wie mir der Schließmuskel zittert! Aber jetzt ist es durchgestanden. Wie gesagt, es war eine reine Privatsache!«
    Dombono beugte sich jetzt über den Jungen. In einer goldenen Schnabeltasse reichte er ihm das geheimnisvolle Getränk, das einen tiefen, narkotischen Schlaf bewirkte. Sikinophis zögerte einen Augenblick, dann griff er zu und setzte die Tasse an seine Lippen. Huber kaute lautlos, als habe er einen Kaugummi zwischen den Zähnen. »Stricker, halten Sie für alle Fälle den Äther bereit«, sagte er.
    »Nicht nötig. Ich habe Ihnen von der Gallenblase erzählt. Das Zeug wirkt probat. Die Patienten lächeln in der Narkose, als hätten sie wunderschöne Träume.«
    Huber wartete. Neben ihm standen zwei Oberärzte und rieben mit versunkenen Mienen die blanken stählernen Messer. Die Kraft ihres Willens floß ins Metall über und verwandelte sich in strahlende Energie.
    »Können Sie Gefäßklemmen setzen?« fragte Huber.
    Stricker betrachtete den Instrumententisch. Kocherklemme zahnlos, dachte er. Kocherklemme gezahnt. Klemme nach Krönlein-Sauerbruch. Arterienklemme nach Höpfner. Wundhaken stumpf, nach Volkmann. Scharfer Löffel nach Schede. Knochenfeile. Raspatorium nach Langenbeck. Pinzetten. Die Cooper-Schere. Wie das alles wieder ins Gedächtnis kommt. Und was dieser Huber alles mit sich herumschleppt!
    Er nickte und begann zu schwitzen. »Ich glaube, es geht, Huber.«
    »Jeder Handgriff muß sitzen! Und es muß schnell gehen! Wenn die hier viel Blut sehen, drehen sie durch.«
    Sikinophis schlief ein. Er lächelte tatsächlich, losgelöst von allem Irdischen. Dombono demonstrierte die Schmerzfreiheit: Er zog mit einem Haken die Bauchdecke des Jungen hoch. »Überzeugt Sie das?« fragte er dabei.
    »Noch nicht. Wie tief ist die Narkose? Das ist ein Oberflächenschmerz. Wie steuern Sie die Narkose? Sie können den Jungen doch nicht nachtrinken lassen.«
    »Solange es nötig ist, wird er schlafen.«
    »Ihr Wort in aller Götter Ohren.« Huber griff zu dem ersten Skalpell. Mit den Fingern der linken Hand tastete er das deutlich manifestierte Osteom ab. Stricker versorgte sich mit Klemmen und Haken. Es würde eine große Fleischwunde geben, damit Huber genug Platz hatte, die Knochenwucherung abzutragen. Falls es nur eine Wucherung war.
    »Ich mache einen geraden Schnitt, und Sie ziehen die Wundränder breit auseinander. Das genügt mir!« sagte Huber. »Es bleibt dann später nur eine auch im kosmetischen Sinne vertretbare Narbe zurück.«
    »Sie haben Nerven!« stöhnte Stricker.
    Dombono und die anderen Priester-Ärzte waren nähergetreten. Ihre energiegeladenen Messer lagen in Dombonos breiten Händen. Sein dunkles Gesicht war maskenhaft; er hielt die Energie im blanken Stahl.
    Der erste Schnitt. Schnell, wie mit dem Lineal gezogen. Die Haut klaffte auf; jetzt die obere Fettschicht; es blutete nur wenig. Stricker tupfte ab. Er schielte zu den Ärzten hin. Ihre Augen waren ausdruckslos. Blut! Der Sohn der Sonne blutet. Bei ihren Messern gab es kein Blut.
    »Wollen Sie nicht doch – nur wegen der Blutstillung – Dombonos Messer ansetzen?« fragte Stricker tonlos. »Abwechselnd, Huber. Sie schneiden mit dem Skalpell, die anderen stillen die Blutung.«
    »Abwarten.« Huber nahm ein neues größeres Skalpell. In die Tiefe arbeiten bis zum Knochen.
    Es wurde, trotz Strickers guter Assistenz, eine blutige Operation. Dombonos Gesicht glänzte wie ein polierter Stein. Er schwitzte. Die Priester-Ärzte beteten stumm. Huber stieß ihn mit dem Ellenbogen an. Es blieb ihm keine andere Wahl, wenn der Blutverlust des Jungen nicht zu groß werden sollte. Zwar setzte Stricker die Klemmen richtig, aber immer ein paar Augenblicke zu spät. Er war Internist. Seine letzte Arbeit am offenen Menschen war vor zweiundzwanzig Jahren in der Pathologie gewesen. Als Student.
    Ich habe keine Möglichkeit für Transfusion, dachte Huber. Ich muß Dombonos Messer

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