Wen die Sehnsucht besiegt
sagte?
Eifrig pflückte Axia ein paar Blumen und hielt sie unter Berengarias Nase. Ihre Schwägerin hatte tatsächlich nicht zuviel versprochen. Sogar Baumrinden vermochte sie voneinander zu unterscheiden.
»Wie erstaunlich! « lobte Axia. »Mit dir könnte ich großartige Geschäfte machen. «
»Niemals werden wir unsere Schwester in einen Laden stellen und von allen Leuten anstarren lassen«, fauchte Joby.
»Oh, du meinst, weil sie so schön ist? «
»Nein, weil sie blind ist. «
»Wen interessiert das schon, wenn sie einen so ausgeprägten Geruchssinn hat? «
»Was? « keuchte Joby.
»Oh, tut mir leid«, erwiderte Axia zerknirscht. »Wirklich, ich wollte nicht unhöflich sein. Ich hatte nur für einen Augenblick vergessen, daß sie blind ist. «
»Ich wünschte, alle würden das vergessen«, gestand Berengaria leise, »und ich müßte meiner Familie nicht mehr zur Last fallen. «
»Nun, das liegt ganz bei dir«, entgegnete Axia. »Glaub mir, wir beide könnten ein Vermögen machen. « Sie stand auf, alle schauten sie an, und sie hoffte, für eine kleine Weile sämtliche Sorgen zu verscheuchen. »Wir erzeugen ein ganz besonderes Parfüm, nennen es Elizabeth, und Jamie präsentiert es der Königin. Sicher wird’s ihr gefallen, nicht zuletzt, weil es ihr von einem so schönen Mann überreicht wird. Keine andere Frau auf der Welt darf diesen Duft verwenden. Wir stellen ihn nur für Königin Elizabeth her, und sie wird alle Höflinge beauftragen, große Flaschen zu kaufen und ihr zu schenken. « Erfreut sah sie Tode lächeln. Auch die Sorgenfalten auf Jamies Stirn glätteten sich. »Dann komponieren wir andere Düfte für das übrige weibliche Geschlecht. Alle Hofdamen werden sich drum reißen. «
Berengaria lächelte. »O ja, und Jamie muß an den Hälsen der Ladies schnuppern und erraten, ob sie nach Veilchen oder Jasmin riechen. «
Bis jetzt hatte Joby geschwiegen. Aber nun verflog die Feindseligkeit allmählich, die ihrer Schwägerin galt. Sie hob die Brauen, tat so, als würde sie eine Frauenhand festhalten und daran schnüffeln. »Ja, ja«, sagte sie nachdenklich, »ihr seid eine voll erblühte reife Schönheit… Natürlich, wie die Moschusrose! Und Ihr… « Ehrerbietig ergriff sie eine andere imaginäre Hand. »Ihr seid süß wie Veilchen. « Plötzlich wurde sie ernst. »Wir müssen ihm eine Liste aller Düfte mitgeben, die soll er auswendig lernen. «
»Natürlich«, stimmte Berengaria zu. »Und wir sollten entscheiden, welche Lady welches Parfüm bekommt, damit er keinen Fehler macht. In solchen Dingen sind die Männer sehr dumm. Jamie könnte einer winzigen Gräfin erzählen, sie würde nach Lilien duften, und einer Frau, die groß wie ein Pferd ist, schwärmerisch versichern, sie erinnere ihn an Morgentau. « »Es sei denn, sie erscheint ihm wirklich in diesem Licht«, meinte Axia. »Also Jamie, was hältst du davon? «
»Oh ich fühle mich geehrt, daß ihr drei euch an meine Anwesenheit erinnert. Bisher durfte ich nicht mitreden, während mein Charakter und meine Fähigkeiten eingeschätzt wurden. Aber nun stellt ihr mir immerhin eine Frage. Wenigstens ist meine Ehre wiederhergestellt«, fügte er grinsend hinzu. »Selbstverständlich beabsichtige ich nicht, mich an diesem Unsinn zu beteiligen. Ich werde doch nicht mein Leben lang Hände küssen und den Frauen erzählen, wie sie riechen. «
Axia schnitt eine Grimasse, dann erhellte sich ihre Miene. »Vielleicht wäre eine blinde Parfumkennerin besser für diese Aufgabe geeignet. «
»Ich? « Berengaria wußte nicht recht, ob ihre Schwägerin sie hänselte. »Ich - am königlichen Hof? «
»Stell dir vor, du würdest in einem Samtsessel sitzen… « Aufgeregt beschrieb Axia ihre Vision. »Die Damen gingen zu dir, würden dir ihre Hände reichen, und du müßtest entscheiden, welcher Duft am besten zu ihnen paßt. « »Berengaria kann unmöglich… «, befahl Jamie, aber Joby fiel ihm ins Wort.
»Und die Männer? Die wollen auch duften. Wonach wird Richard riechen? Nach Erde und Reichtum? «
Berengaria kicherte. »Und wonach müßte ein Parfüm duften, das den Namen Henry Olivers trägt? «
»Nach Pferdeschweiß«, antwortete Joby prompt. Die Frauen und Tode lachten. Sogar Jamie lächelte. Das sah sie und fühlte sich sofort ermutigt. Sie sprang auf, streckte die Brust heraus, straffte die Schultern, steckte die Daumen in ihren Gürtel und stolzierte wie ein eitler Pfau umher. »Ich bin ein Mann «, prahlte sie. »Und ich wünsche mir
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