Wen die Sehnsucht besiegt
zum Teufel mit den beiden! - ritten neben dem anderen Wagen, also mußte er sich mit der Hilfe des Fahrers und Todes begnügen, der drinnen saß.
Zunächst studierte Jamie das eingesunkene Rad so aufmerksam, daß es eine Weile dauerte, bis er auf Todes Geschrei achtete. »Steine! Schiebt Steine unter die Räder! Und Zweige! «
Jamie nickte. Natürlich. Mit seinen persönlichen Problemen beschäftigt, konnte er nicht einmal an die einfachsten Dinge denken. George kauerte auf dem Fahrersitz und versuchte, die nervösen Pferde zu kontrollieren, die bei jedem grellen Blitz die Köpfe hochwarfen. Unterdessen rammten Jamie und Tode alles, was sie nur finden konnten, unter das rechte Hinterrad.
»Könnt Ihr schieben? « rief Jamie, und Tode nickte. Wasser rann über sein Gesicht, tropfte von der Nase und floß durch die tiefen Rinnen seiner Narben.
Nachdem Jamie den Fahrer alarmiert hatte, stemmte er seine Schulter gegen die eine Seite des Wagens, und Tode preßte sich an die andere. Tief versanken seine kurzen, verkrüppelten Beine im Morast.
»Fertig? « schrie Jamie, und als sie den Peitschenknall hörten, versuchten sie den Wagen mit vereinten Kräften voranzuschieben. Immer wieder verloren ihre Füße im aufgeweichten Boden den Halt, und sie rutschten aus.
Aber das Rad begann sich zu bewegen. »Noch einmal! « brüllte Jamie. »Ihr müßt Euch mehr anstrengen, Tode. « Als das Rad schon fast befreit war, landete Jamie rücklings im Schlamm. Auf seiner Brust lagen hundert Pfund geballter weiblicher Zorn. »Das kann er nicht! « kreischte Axia und schlug ihm ins Gesicht.
Er hob die Arme, um sich vor den kleinen Fäusten zu schützen, und der Schlamm sog ihn immer tiefer hinab wie ein riesiges Meeresungeheuer, das ihn verschlingen wollte. Es war Rhys, der Axias Taille umschlang und sie wie einen Mehlsack hochhob. Jamie steckte so tief im Morast, daß er sich am Wagenrand hochziehen mußte. »Ist sie verrückt geworden? « schrie er und wischte sich den Schmutz vom Gesicht.
Mühsam hielt Rhys die junge Frau fest, die sich erbost wehrte, und zuckte die Achseln. »Laßt mich los! « kreischte sie.
Nachdem Jamie sich gegen einen neuerlichen Angriff gewappnet hatte, nickte er seinem Freund zu, der Axias Wunsch erfüllte. Aber statt sich auf Jamie zu stürzen, watete sie durch den Schlamm zu Tode, der am Boden kauerte und an der Rückwand des Wagens lehnte. Liebevoll wischte sie das Regenwasser von seinem entstellten Gesicht und schaute ihn forschend an. Doch er schien sie nicht zu bemerken. Reglos saß er da, die Augen geschlossen. »Seht doch, was Ihr angerichtet habt! « rief sie Jamie zu. »Möget Ihr in der Hölle schmoren! Helft mir, Rhys. Wir müssen ihn in den Wagen bringen. «
Beide Männer traten vor, aber Axia versperrte Jamie den Weg, und ihr Blick bewog ihn stehenzubleiben. Ein Liebespaar, dachte er. Deshalb sorgt sie gut für Tode und läßt keinen anderen Mann in ihre Nähe…
Helle Wut verlieh ihm neue Energien, und als Rhys aus dem Wagen stieg, gab Jamie dem Fahrer Bescheid. Die zwei Männer stemmten sich gegen das Vehikel.
Plötzlich schien Jamie die Kraft eines Herkules zu besitzen. Als das Rad weiterrollte, schob er den Wagen immer noch an und ignorierte Rhys’ Hand, die seine Schulter berührte. Unter Schlamm und Regenwasser floß sein Schweiß in Strömen.
Als Jamie sich zu ihm wandte und ihn zornig anstarrte, wich der Freund erschrocken zurück. Wortlos schwang sich Rhys auf sein Pferd und ritt zum anderen Wagen. Auch Jamie stieg wieder in den Sattel, zu verbittert, um über irgend etwas nachzudenken.
Endlich erreichten sie Lachlan Tevershams Tor, und sobald sie das Haus betraten, wurde Jamie herzlich umarmt. »Mein lieber Junge! « schlug Lachlan grinsend auf die Schulter des jüngeren Mannes. Er war groß und kräftig gebaut, hatte dichtes rotbraunes Haar und buschige Brauen. Auf dem Schlachtfeld hatte seine bloße Anwesenheit genügt, um zahlreiche Feinde zu verjagen. Aber trotz seiner beängstigenden Erscheinung schlug er das weibliche Geschlecht nicht in die Flucht.
Einmal hatte eine Frau zu Jamie gesagt: »Wer könnte einen Mann mit so hübschen, weichen Lippen fürchten? « »Steckst du da drunter? « Grinsend wischte Lachlan den Schlamm vom Gesicht seines Freundes.
Aber Jamie war nicht zum Lachen aufgelegt. Ärgerlich wandte er sich ab und kehrte zu den Wagen zurück. »Zieht die Bremsen an! « befahl er den Fahrern. »Und du, Smith, kümmerst dich um die Pferde. Wenn du sie
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