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Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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als ein englischer Winter. Kraftvoll massierte er das Öl in Todes kalte Haut. »Sucht mein Pferd und öffnet die Satteltaschen, Axia, darin findet Ihr ein paar Kleidungsstücke. Die müßten trocken sein. Holt sie, und wenn Euch jemand sieht, erklärt ihm, ich würde sie brauchen. Bringt mir auch die Flasche, die im Beutel an der Seite steckt. «
    Wortlos eilte sie in die Stall und fand den Sattel, der neben Jamies Pferd über einem Holzgestell hing. Nachdem sie die Kleider aus guter englischer Wolle und die Silberflasche hervorgesucht hatte, wollte sie zum Geräteraum zurückkehren, doch dann hielt sie inne.
    Hinter einer Boxenwand erklang die Stimme des Reitknechts. »Wie ich höre, ist sie die Maidenhall-Erbin. Das soll geheim bleiben, aber jeder weiß Bescheid. «
    »Oh, die würde ich gern zwischen die Finger kriegen«, erwiderte ein anderer Mann. »Stell dir vor, all das Gold! Das wäre die Erfüllung meiner schönsten Träume. «
    »Willst du ihr einen Heiratsantrag machen? «
    »Ha, ich werfe sie über meinen Sattel und verlange Lösegeld von ihrem Vater. «
    Lautlos schlich Axia über den strohbedeckten Boden davon. Wieder im Geräteraum sah sie, daß Jamie den bewußtlosen Tode bis auf den leinenen Lendenschurz ausgezogen hatte. Nun rieb er die Brust und die Arme mit dem warmen Öl ein. »Hat Euch jemand gesehen? « fragte er. »Sehr gut«, fügte er hinzu, als sie die Kopf schüttelte. »Wir dürfen die Leute nicht neugierig machen. «
    Wann immer er mit Berengaria ausgeritten war, hatte sie Aufsehen erregt. Die Kinder waren um sie herumgetanzt und hatten geschrien: »Die Blinde! Die Blinde! « Was geschehen würde, wenn Tode über eine Dorfstraße ginge, wollte sich Jamie lieber nicht vorstellen.
    »Jetzt ziehe ich ihn an. Und dann flößt ihm das ein! « Er zeigte auf die Silberflasche. »Soviel er bei sich behalten kann. « Skeptisch runzelte sie die Stirn, und er erklärte: »Das ist guter schottischer Malt Whisky. McTarvit, der allerbeste. Tut, was ich sage! «
    Gehorsam rollte Axia eine Pferdedecke zusammen, schob sie unter Todes Kopf und träufelte Whisky zwischen seine Lippen. Sie sah ihm an, daß er inzwischen zu sich gekommen war, aber wegen der schmerzenden Beine sehnte er sich gewiß nach einer neuen barmherzigen Ohnmacht.
    Es fiel Jamie nicht leicht, den reglosen Körper anzukleiden. Im Gegensatz zu den schwachen Beinen besaß Tode den muskulösen Oberkörper eines gesunden jungen Mannes. Nachdem Axia ihm den Whisky eingeflößt hatte, begann er zu husten. »Nein«, würgte er hervor und drehte den Kopf zur Seite. »Laßt mich schlafen. «
    »Natürlich. «
    Axia strich ihm das Haar aus der Stirn. Mittlerweile war ein bißchen Farbe in seine Wangen zurückgekehrt. »Schlaf nur. Ich bleibe bei dir. Heute nacht lasse ich dich nicht allein. « Sie griff unter die Decke, die Jamie über ihn gebreitet hatte, umfaßte Todes große Hand und drückte sie an ihren feuchten Busen.
    Wie lange sie neben ihrem Freund gesessen hatte, wußte sie nicht. Irgendwann versuchte Jamie, sie wegzuziehen, doch sie wehrte sich energisch.
    Da packte er ihr Kinn und zwang sie, ihn anzuschauen. »Langsam habe ich’s satt, daß Ihr mich als Euren Feind betrachtet. Ihr seid völlig durchnäßt und friert und… « »Nein, ich lasse Tode nicht im Stich! « Entschlossen riß sie sich los. »Ihr seid schuld an diesem Zustand, Sir! «
    Müde strich er über sein Gesicht. Getrocknete Schlammbrocken fielen herunter. Inzwischen hatte er gelernt, nicht mit Axia zu streiten. Er konnte sie gewaltsam ins Haus bringen und ihr trockene Kleider anziehen. Aber wenn er sie nicht fesselte, würde sie zweifellos Mittel und Wege fin-den, um in den Stall zurückzukehren. Wortlos nahm er eine dicke Pferdedecke von einem Wandhaken und wickelte sie darin ein. Dann hob er sie hoch. »Seid still, oder Ihr weckt ihn! « flüsterte er ihr zu, als sie erbittert Widerstand leistete.
    »Laßt mich los! «
    Diesen Befehl ignorierte er, setzte sich mit auf den strohbedeckten Boden und hielt sie auf seinem Schoß fest, an die kalte Steinmauer gelehnt. Sie versuchte noch immer, sich zu befreien, und er bat leise: »Tut mir nicht noch mehr web! Seit ich Euch kenne, ist mein Körper mit Kratzern und blauen Flecken übersät. Bald werde ich zu bluten anfangen, wenn ich Euch nur sehe. «
    Dieser Scherz besiegte ihren Zorn. Zu ihrer eigenen Bestürzung legte sie den Kopf an seine starke Schulter und begann zu weinen. Wie ein Kind wiegte er sie hin und her.

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