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Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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mißhandelst, wirst du’s bereuen! «
    Während er im Regen stand und einer alten nordischen Gottheit glich, starrte Lachlan ihn verwundert an. Seit ihrer frühen Jugend kannten sie sich, und Jamie war immer freundlich gewesen. Offenbar hatte er sich verändert. Thomas schwang sich aus dem Sattel und zeigte auf den bemalten Wagen, aus dem soeben Frances ausstieg. Um sie vor dem Regen zu schützen, hüllte die Zofe sie in ein großes Wachstuch - aber nicht, bevor Lachlan ihr schönes Gesicht gesehen hatte. Er hob die Brauen und schaute Thomas an, als wollte er fragen: Ist Jamie ihretwegen so schlecht gelaunt?
    Seufzend flüsterte Thomas ins Ohr des Mannes, den er schon jahrelang kannte: »Da sind zwei Frauen. «
    Da warf Lachlan den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen. Wenn’s nichts weiter war als zwei Frauen… Nie hätte er gedacht, daß Jamie jemals Schwierigkeiten mit dem schönen Geschlecht bekommen könnte. »Verdammt! « schrie Jamie, als er in den Drachenwagen spähte und feststellte, daß Axia mitsamt ihrem Liebhaber verschwunden war. »Wo sind die beiden? « herrschte er einen Stallburschen an, der gerade versuchte, die Pferde ins Trockene zu bringen. Natürlich wußte der Junge nicht, wovon die Rede war, und flüchtete vor diesem wütenden, schlammigen Ungeheuer. Jamie wandte sich zu Lachlan. »Hast du sie gesehen? Ein Mädchen und einen Mann - er ist sehr klein und… « Wie sollte er Tode beschreiben?
    Doch er merkte, daß Lachlan keine Ahnung hatte, worum es ging. Natürlich, Tode will nicht gesehen werden, dachte Jamie. Und da er Lachlans Anwesen gut kannte, erriet er, wo der Krüppel sich verstecken würde. »Kümmere dich darum! « rief er Rhys zu und zeigte auf die Wagen. Dann riß er einem Pferdeknecht die Laterne aus der Hand und rannte zu den Stallungen. Niemals würde Tode einen Fuß in Tevershams hell erleuchtete Halle setzen.
    Jamie eilte von einer Box zur anderen. Was er tun würde, wenn er die beiden fand, wußte er noch nicht. Jedenfalls trug er die Verantwortung für Axia, und es war sein gutes Recht…
    Am Ende der Boxen lag ein Geräteraum, und als Jamie umkehren wollte, sah er einen schwachen Lichtschein unter der Tür und stieß sie auf. Entsetzt und ungläubig beobachtete er, wie Axia ihren Liebsten auskleidete.
    Seine Hand zuckte zum Schwert. Aber da wandte sich Axia zu ihm, und er sah nicht das Gesicht einer Liebenden, sondern unverhohlene Angst. »Helft mir! « flüsterte sie mit zitternder Stimme.
    Sofort verflog sein Zorn. Er stellte die Laterne ab und trat vor. »Was kann ich tun? «
    »Seine Beine… «
    Tode lag auf Stroh und schmutzigen Pferdedecken, den Kopf zur Seite gedreht, so daß er nur die unversehrte Wange zeigte. Seine wächserne Blässe erschreckte Jamie. »Wartet hier, ich hole jemanden… «
    »Nein! « Verzweifelt umklammerte Axia seinen Arm. »Bitte! « In ihren großen Augen glänzten Tränen. Feuchtes Haar klebte an ihrer Stirn. Auch ihr Kleid war klatschnaß. Sicher fror sie, war todmüde und hungrig. Doch das schien sie gar nicht zu bemerken. »Er ist so stolz und möchte sich nicht blicken lassen. Versteht Ihr das? «
    Niemand konnte den Stolz eines anderen Menschen besser nachempfinden als James Montgomery. »Was soll ich tun? «
    »Er hat schreckliche Schmerzen. Jetzt muß er erst einmal abgetrocknet und erwärmt werden. Zieh ihn aus! «
    Er nickte, kniete nieder und versuchte, Tode von der Hose zu befreien. Aber der nasse Stoff haftete an der Haut, und Jamie zerschnitt ihn mit seinem Dolch. Das Licht fiel auf die nackten Beine des jungen Mannes.
    Auf dem Schlachtfeld hatte Jamie viele verstümmelte Männer gesehen und gedacht, gegen einen solchen Anblick wäre er längst gefeit. Aber als er Todes Beine betrachtete, erschauerte er unwillkürlich. Sie glichen rohen Fleischklumpen, mit großen und kleinen Narben und zahlreichen Wülsten. Offenbar waren die mehrfach gebrochenen Knochen schief zusammengewachsen. Wie konnte der arme Bursche überhaupt gehen? Und wie ertrug er die Schmerzen, die ihm jeder Schritt bereiten mußte?
    »Reibt damit seine Beine ein, schnell! « bat Axia. Das Fläschchen in ihrer Hand enthielt eine dunkle Flüssigkeit, und als sie eine kleine Menge auf seine Handflächen schüttete, spürte er warmes Öl. Im Gegensatz dazu fühlten sich Todes Beine eiskalt an.
    Oft genug hatte Jamie seine Verwandten im schottischen Hochland besucht, und so wußte er, wie einem zumute war, wenn man fror. Ein schottischer Sommer war kälter

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