Wen die Sehnsucht besiegt
Pflicht erfüllen, bis ich davon entbunden werde. Verstanden? «
»Natürlich. Sicher hat dir der halbe Haushalt zugehört. « Seufzend schnitt er eine Grimasse. »Zieh dich an. Im Morgengrauen reiten wir los. « Mit diesen Worten eilte er aus dem Zimmer und ließ die Tür offen. Axia schloß sie lächelnd und lehnte sich dagegen. Dann begann sie umherzutanzen und sang leise vor sich hin.
19
Jamie war erschöpft und seine Stimmung noch düsterer als die Schatten unter seinen Augen. Was um alles in der Welt hatte ihn bewogen, Axia mitzunehmen? Lachlan würde sie mit seinem Leben schützen, ebenso wie Thomas und Rhys, sobald sie wieder zu Kräften kamen. Also wäre sie im Schloß vor allen Entführern und Frances’ Vater sicher. Obwohl er das wußte, hatte er es nicht über sich gebracht, sie zurückzulassen. Es ergab zwar keinen Sinn, aber er wollte selber auf sie aufpassen. Vielleicht konnte sie später bei seinem Onkel bleiben. Doch er gestand sich ein, daß er diesen Gedanken nicht ertrug.
Bei Tagesanbruch war er reisefertig. Verschlafene Diener schlichen umher, und er hielt vergeblich nach Axia Ausschau. In ihrem Zimmer hielt sie sich nicht auf, niemand hatte sie gesehen. Trotzdem sorgte er sich nicht. Wahrscheinlich saß sie bei ihrem geliebten Tode. Eifersucht erfaßte Jamies Herz, und er bedachte nicht, daß es ihr gutes Recht war, sich von ihrem Freund zu verabschieden. Nur ein einziger Gedanke bewegte ihn - sie durfte nicht mit einem anderen Mann allein sein.
»Oh, ich werde mich so einsam fühlen«, klagte sie.
»Euer Jamie ist doch bei Euch«, erwiderte Tode, der im Geräteraum auf den Pferdedecken lag.
»Oh, er ist nicht mein Jamie. Wenn er jemandem gehört, dann Frances. «
Verächtlich lachte er. »Das glaubt Ihr doch selber nicht. Sie will ihn nur haben, weil er verfügbar ist, und er braucht sie. Er ist ein guter Mann, und ich glaube, er liebt Euch. « »Mich? Du mußt wirklich sehr krank sein. James Montgomery kann es gar nicht erwarten, mich loszuwerden. «
»So? Warum nimmt er Euch dann zu seinem Onkel mit? « Ein schwaches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Um mich von Lachlan fernzuhalten. «
»Genau. Und warum tut er das, wenn Ihr ihm nichts bedeutet? Da er annimmt, Ihr würdet keine Mitgift bekommen, denkt er natürlich, Teversham wäre eine großartige Partie für Euch. «
»Die allerbeste. Ich habe ihn gebeten, mich hier zurückzulassen, bei Lachlan und seinen lieben Söhnen. «
»Ihr meint, diese kleinen Teufel? Die finden es wahnsinnig komisch, Kletten in die Betten anderer Leute zu legen. « »Und Kaulquappen und andere eklige Dinge«, ergänzte Axia und rümpfte die Nase. »Du wirst nicht glauben, was sie dem Verwalter zu trinken gaben. «
»Unglücklicherweise kann ich’s mir vorstellen. Ich tat mein Bestes, um mich vor den Jungen zu verstecken und ihren bösen Streichen zu entrinnen. «
Plötzlich hielt sie den Atem an, als ihr ein neuer Gedanke kam. »Tode, du mußt mit uns kommen. So krank bist du nicht. Ich werde Jamie sagen… «
Als sie aufstehen wollte, hielt er ihren Arm fest. »Nein, so krank bin ich nicht. Deshalb werde ich losreiten und versuchen, Euren Vater aufzuhalten. «
»O Tode, er wird uns alle umbringen! Warum mußte Frances so dumm sein? Hätte sie mir doch erzählt, daß Jamie meinem Vater schreiben würde! Sicher wäre mir irgendwas eingefallen… «
»Was denn? Hättet Ihr die Handschrift Eures Vaters gefälscht und Jamie geantwortet, er dürfe Frances heiraten? Wolltet Ihr auf Euren geliebten Jamie verzichten? « »Meinen - was ? Du weißt doch, wie sehr ich Leute hasse, die nur an ihre äußere Erscheinung denken. «
»So ist Jamie nicht. Es macht Euch wohl großen Spaß, ihn zu quälen, was? «
Seufzend schlug sie auf ihre Hände hinab. »Was soll er schon mit mir anfangen? «
»Vor lauter Liebe zu Euch ist der Mann fast verrückt. Beinahe wäre er in Tränen ausgebrochen, als Ihr Rhys das Daunenkissen geschenkt habt. «
»Wirklich? Du glaubst, er mag mich? Nein, antworte nicht! Für ihn bin ich nur ein Ärgernis. «
»O ja, und deshalb nimmt er Euch mit. «
Als ein Geräusch durch die geschlossene Tür drang, mahnte Tode: »Bald wird er Euch hier suchen. Ihr müßt gehen, Axia, Ihr wißt doch, daß ich - daß ich… «
Sie wußte, was er zu sagen versuchte - Worte, die er noch nie ausgesprochen hatte. Bis jetzt war das auch nicht nötig gewesen. Seit ihr Vater den dünnen Jungen, der unentwegt an seinen Schmerzen litt, zu Axia geschickt
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