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Wen die Sehnsucht besiegt

Wen die Sehnsucht besiegt

Titel: Wen die Sehnsucht besiegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Tode sich wieder umdrehte. »Gehört Ihr zu seinen Männern? «
    »O nein«, erwiderte Tode lachend. An der Wand steckte eine Fackel. Er trat in den Lichtschein und schob die Kapuze ein wenig nach hinten, um sein entstelltes Gesicht zu zeigen.
    Angewidert wich der Bursche zurück. »Ihr würdet sicher kein Mädchen entführen«, meinte er spöttisch und merkte nicht, wie Tode zusammenzuckte.
    »Da hast du recht. « Schon vor vielen Jahren hatte er gelernt, seine verletzten Gefühle zu verbergen. »Eigentlich wollte ich dich fragen, was du gesehen hast. Aber wahrscheinlich bist du’s leid, darüber zu reden. Das muß sehr aufregend gewesen sein. «
    Aufmerksam musterte er das nachdenkliche Gesicht des Jungen, der vollauf damit beschäftigt gewesen war, seine Hand unter die Röcke der Magd zu schieben. Deshalb hatte er nicht auf die Ereignisse in seiner unmittelbaren Nähe geachtet. Daß sie sich daran erinnerte, ärgerte ihn. Und seit diesem Nachmittag sprach sie nur noch voller Ehrfurcht von diesem Earl, der sie angeschaut hatte, als wäre sie eine bedeutsame Persönlichkeit. »Mir hört niemand zu«, sagte er bitter. »Keiner will wissen, was ich gesehen habe. «
    »Also hast du was gesehen«, entgegnete Tode eifrig. »Oh, ich wußte gleich, daß du ein kluger Junge bist. Lord James hätte dich befragen sollen. « Vertraulich neigte er sich vor, das Gesicht wieder in der Kapuze verborgen. »Ich reise von Haus zu Haus, immer auf der Suche nach Geschichten, die ich erzählen kann. Was du beobachtet hast, würde überall Aufsehen erregen. Aber da müßte ich natürlich noch mehr wissen. «
    »Er hatte ein halbes Ohr. «
    »Wie bitte? «
    »Dieser Mann hatte ein halbes Ohr, hier abgeschnitten«, erklärte der Bursche und zeigte auf seine eigene Ohrmuschel, direkt über dem Gehörgang. »Die obere Hälfte fehlt. «
    Am liebsten hätte Tode ihn geküßt. Statt dessen hörte er ihm noch eine halbe Stunde lang aufmerksam zu. In allen Einzelheiten schilderte der Junge, was er gesehen hatte.
    Als Tode dann den Stall verließ, wollte er Jamie mitteilen, was er erfahren hatte. Doch auf dem Weg durch den Hof besann er sich anders. Wenn der Earl Bescheid wüßte, würde er sofort mit mehreren bewaffneten Männern aufbrechen, um den Entführer mit dem halben Ohr zu suchen. Sollte es zu einem Kampf kommen, würde Frances womöglich ein Leid geschehen.
    Nein, dachte Tode, das muß ich selber erledigen. Wie er der schriftlichen Nachricht des Entführers entnommen hatte, glaubte der Mann, daß Jamie ihn kannte. Natürlich durfte Tode nicht hoffen, der Earl würde ihn einweihen. Aber vielleicht freute sich Rhys, wenn ihm jemand Gesellschaft leistete.
    »Ich bin gekommen, um Euch zum Lachen zu bringen«, erklärte Tode und steckte den Kopf durch Rhys’ Tür, einen Weinschlauch unter dem Arm.
    »Oh, Ihr seid hoch willkommen! « Rhys setzte sich im Bett auf, dann stöhnte er vor Schmerzen. »Hat man irgendwas herausgefunden? Irgendwelche Neuigkeiten über Frances? «
    »Noch nicht«, erwiderte Tode. »Aber das solltet Ihr jetzt vergessen, sonst wird Euer Bein niemals heilen. Ich will Euch eine amüsante Geschichte erzählen. «
    Zwei Stunden später verließ er Rhys’ Zimmer und lächelte unter seiner Kapuze. Es war nicht schwer gewesen, den Mann zum Reden zu bringen.
    Nachdem Rhys über Todes lustige Geschichte gelacht hatte, sprach er bereitwillig über alle Leute, die er kannte. »Keiner ist dümmer als Henry Oliver. Der glaubt, er wäre taub, weil er nur ein halbes Ohr besitzt. « Und dann schilderte er, wie Jamies älterer Bruder dem armen Oliver mit einem Schwert das Ohr abgeschnitten hatte.
    »Was für ein Mann ist das? « fragte Tode leichthin. »Könnte er gefährlich werden? « »Oliver? O nein, es sei denn, seine Dummheit beschwört Gefahren herauf. Er liebt Jamies Schwester und will die Familie seit Jahren zwingen, die Heirat zu erlauben. «
    »Er will die Familie zwingen? « Tode war froh, daß Rhys betrunken war und ihm die wachsende Panik nicht anmerkte.
    »Erst versuchte er, Berengaria Jamies älterem Bruder abzukaufen, und Edward wäre dazu bereit gewesen. Aber sein Vater blickte lange genug von seinen geliebten Büchern auf, um zu verkünden, Oliver sei keine passende Partie für seine Tochter. « Rhys kicherte. »Teilweise wurde er von Berengaria beeinflußt, denn sie drohte, bevor sie diesen Mann heiratete, würde sie sich vom Dach stürzen. Nachdem Edward und der alte Earl gestorben waren, ging Oliver zu Jamie und

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