Wen die Sehnsucht besiegt
Frau. Als Soldat war er an schlaflose Nächte gewöhnt. Im Gegensatz zu ihr. Und nun hatte sie schon seit zwei Tagen kaum ein Auge zugetan.
In vollen Zügen genoß er die Nächte. Obwohl Axia tagsüber im Sattel fast einschlief - sobald sie ihre Zimmertür hinter sich schlossen, war sie hellwach. Hastig schlüpften sie aus ihren Kleidern und sanken einander in die Arme.
Jamie suchte und fand immer neue Methoden, um das Liebesspiel abwechslungsreich zu gestalten, und Axia war eine lernbegierige Schülerin. Bei Tagesanbruch schliefen sie engumschlungen ein, doch der Lärm in den Gasthöfen und die Sonnenstrahlen weckten sie bald. Widerstrebend ließen sie einander los, zogen sich an und gingen frühstücken.
Am Morgen nach der Hochzeitsnacht war das Bett neben Jamie leer gewesen. Zunächst geriet er in Panik, aber dann sah er seine Frau zusammengesunken auf dem einzigen Stuhl schlafen, im flackernden Licht einer fast herabgebrannten Kerze. Am Boden lagen mehrere Zeichnungen. Neugierig stand er auf, um Axias neueste Werke zu betrachten. Alle zeigten ihn - hoch zu Roß, auf einem Pferd, das sich bedrohlich aufbäumte, im Kampf mit den Banditen. Auf einer Zeichnung bückte er sich, um den Dolch aus dem Stiefelschaft zu ziehen, auf einer anderen flog die Klinge einem höhnisch grinsenden Räuber entgegen. Eine andere Skizze stellte ihn dar, wie er eine ohnmächtige Axia auf den Armen trug, oder er zückte sein Schwert und schob sie hinter seinen Rücken, um sie vor tödlichen Gefahren zu schützen.
Sorgfältig legte er die Blätter zusammen, dann trug er seine schlafende Frau ins Bett. In einem hat sie recht, dachte er, bevor auch er ins Reich der Träume zurückkehrte. Mein Leben würde ich für sie hingeben.
Nun gingen die Flitterwochen zu Ende, denn an diesem Tag würden sie sein Schloß erreichen und dann nicht mehr allein sein. So sehr er seine Familie auch liebte, es fiel ihm schwer, Axia mit irgend jemandem zu teilen.
Langsam ritt er dahin, und als er sich umdrehte, sah er, daß ihr beinahe die Augen zufielen. Sie hatte inzwischen eine Art Waffenstillstand mit ihrer Stute geschlossen und sorgte in jedem Gasthof dafür, daß das Tier ordentlich gefüttert, getränkt und gestriegelt wurde. Eine großartige Reiterin würde sie wohl niemals werden. Bei der kleinsten ruckartigen Bewegung ließ sie die Zügel los und klammerte sich am Sattel fest. Und wenn er das Tempo etwas beschleunigte, schlang sie beide Arme um den Pferdehals und kniff die Lider zusammen.
Nach einer Weile schlief sie tief und fest. Sie erwachte nicht, als er ihr die Zügel aus der Hand nahm. Zu seiner Rechten erstreckte sich eine Wiese voller Gänseblümchen. All diese Ländereien gehörten seinen Verwandten. Hinter dem hohen Gras führte ein Weg - gerade breit genug für ein Pferd - zu einem Hügel hinauf, wo ein Ahnherr der Montgomerys ein kleines Steinhaus erbaut hatte. Mittlerweile war das Dach verschwunden und eine Mauer eingestürzt, aber als kleines Mädchen hatte Berengaria behauptet, es gäbe kein schöneres Fleckchen Erde. Und nun konnte Jamie sich nicht vorstellen, wo seine Frau eine angenehmere Ruhepause genießen könnte.
Behutsam führte er ihre Stute den Hügel hinauf. Axia erwachte nicht einmal, während er sie aus dem Sattel hob und in die Ruine trug. Dort setzte er sich und hielt sie auf seinem Schoß fest.
Er hatte schon im Regen geschlafen, von Kanonendonner umtost. Und so konnte ihn die federleichte, kleine Gestalt auf seinen Knien nicht daran hindern, in erholsamen Schlummer zu versinken.
Als er die Augen öffnete, war die Sonne fast untergegangen, und es wurde immer kühler. Um Axia zu wärmen, drückte er sie fester an sich und blickte über die Gänseblümchen hinweg.
»Glaubst du immer noch, ich hätte Frances mit Gänseblümchen ersticken wollen«, murmelte sie.
»Oh, ich dachte, du würdest schlafen. «
»Jedenfalls habe ich geträumt. Diese Tagen waren die glücklichsten meines Lebens. O Jamie, du bist so gut zu mir. Wird deine Familie mich mögen? «
»Alle werden dich lieben«, versicherte er.
»Aber werden sie nicht enttäuscht sein, weil ich kein Geld besitze? Weil ich keine Erbin bin? « Oder nicht mehr lange, dachte sie.
»Gewiß werden sie dich so lieben, wie du bist. «
Ihr Kopf lag an seiner Schulter. Wie gern wäre sie für immer mit ihm hiergeblieben… Doch das war unmöglich. »Verschweigst du mir irgend etwas, Axia? «
»Nein - nichts«, stammelte sie, völlig unvorbereitet auf diese Frage,
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