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Wendekreis des Krebses

Wendekreis des Krebses

Titel: Wendekreis des Krebses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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gerade hineinschieben wollte, sagte sie nonchalant, sie habe den Tripper. Er rollte von ihr herunter wie ein Klotz. Ich hörte ihn in der Küche mit der schwarzen Seife hantieren, die er bei solchen Gelegenheiten benutzte, und ein paar Augenblicke später stand er, ein Handtuch in Händen, an meinem Bett und sagte: «Ist das nicht die Höhe? Dieses Miststück von einer Fürstin hat den Tripper!» Er war ganz schön erschrocken. Die Fürstin kaute indes einen Apfel und rief nach ihren russischen Zeitungen. Für sie war das Ganze ein Witz. «Es gibt schlimmere Sachen», sagte sie, während sie dort in ihrem Bett lag und sich durch die offene Tür mit uns unterhielt. Schließlich begann auch Fillmore es als einen Spaß anzusehen, er entkorkte eine neue Flasche Anjou, schenkte sich ein Glas ein und goß es hinunter. Es war erst ein Uhr, und so saß er da und unterhielt sich eine Weile mit mir. Er ließe sich durch so was nicht abschrecken, versicherte er mir. Natürlich müsse er vorsichtig sein, da war der Trio, den er sich in Le Havre geholt hatte. Er könne sich nicht mehr erinnern, wie es zugegangen war. Manchmal, wenn er betrunken sei, vergesse er sich zu waschen. Es sei nichts sehr Schlimmes, aber man wisse nie, was sich später daraus entwickeln konnte. Er wollte nicht, daß ihm jemand seine Prostatadrüse massierte. Nein, das sei kein Genuß. Den ersten Trio habe er sich auf der Universität geholt. Er wußte nicht, ob das Mädchen ihn ihm oder er ihn dem Mädchen aufgehängt hatte; es herrschte ein solcher Betrieb auf der Hochschule, daß man nicht wußte, wem man glauben sollte. Fast alle Studentinnen schnappten ihn früher oder später auf. Sie waren zu verdammt unwissend, sogar die Professoren waren unwissend. Einer der Professoren habe sich kastrieren lassen, ging das Gerücht …
    Jedenfalls beschloß er, es am nächsten Abend – mit einem Präservativ – zu riskieren. Nicht viel Risiko dabei, außer es reißt. Er hatte sich eines von der langen Sorte aus Fischhaut gekauft – sie seien die verläßlichsten, versicherte er mir. Aber dann ging es auch so nicht. Sie war zu eng gebaut. «Mein Gott, an mir ist nichts unnormal», sagte er. «Wie erklärst du dir das? Jemand kam doch in sie hinein, um ihr diesen Tripper anzuhängen. Er muß anomal klein gewesen sein.»
    So gab er es einfach auf, nachdem eins nach dem anderen fehlgeschlagen hatte. Sie liegen jetzt wie Bruder und Schwester beisammen, mit blutschänderischen Träumen. Mascha sagt in ihrer philosophischen Art: «In Rußland kommt es oft vor, daß ein Mann mit einer Frau schläft, ohne sie anzurühren. Sie können Wochen um Wochen so weitermachen und nie etwas dabei finden. Bis er sie – paff! – einmal angerührt hat … Paff, paff … Danach geht’s paff, paff, paff!»
    Alle Anstrengungen sind jetzt darauf gerichtet, daß Mascha wieder ihre Figur bekommt. Fillmore meint, wenn er sie vom Tripper kuriert hat, würde sie abnehmen. Ein komischer Gedanke. Also kaufte er ihr eine Spülspritze, einen Vorrat von Permanganat, eine Tripperspritze und andere kleine Dinge, die ihm von einem ungarischen Arzt, einem unweit der Place d’Aligre wohnenden kleinen Quacksalber von Abtreiber, empfohlen worden waren. Es scheint, daß sein Chef einmal ein sechzehnjähriges Mädchen geschwängert und sie ihn zu dem Ungarn gebracht hatte. Dann hinterher hatte der Chef einen schönen Schanker, und wieder war es der Ungar. So schließt man in Paris Bekanntschaften – Genitalien- und Harnwege-Freundschaften. Jedenfalls verarztet sich Mascha unter unserer strengen Aufsicht selbst. Unlängst nachts waren wir jedoch eine Weile in Verlegenheit. Sie führte sich das Zäpfchen ein und konnte dann den daran befestigten Faden nicht finden. «Mein Gott!» schrie sie. «Wo ist dieser Faden? Mein Gott! Ich kann den Faden nicht finden!»
    «Hast du unterm Bett nachgesehen?» fragte Fillmore.
    Endlich beruhigte sie sich. Aber nur für ein paar Minuten. Das nächste war: «Mein Gott! Ich blute wieder! Ich hatte gerade meine Periode, und nun kommen wieder Tropfen. Es muß dieser von dir gekaufte billige Champagner sein. Mein Gott, willst du, daß ich verblute?» Sie kommt in einem Kimono und ein Handtuch zwischen die Beine geklemmt heraus und versucht, so würdevoll wie immer auszusehen. «So ist mein ganzes Leben», sagt sie. «Ich bin eine Neurasthenikerin. Den ganzen Tag umherrennen, und am Abend bin ich wieder betrunken. Als ich nach Paris kam, war ich noch ein unschuldiges

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