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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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ihr vorging. Mit einem Seufzer stand sie auf und ging ins Schlafzimmer, um sich für den Park umzuziehen. Als sie sich schnaufend in ihre Arbeitsjeans zwängte, merkte sie, dass ihr wieder einmal eine Hose zu eng geworden war. Verdammter Mist, sie musste unbedingt weniger essen! Silver Bear hatte ihr prophezeit, dass sie später sehr dick werden würde, aber damals in Kanada hatte sie darüber gelacht, denn trotz ihres Appetits war ihr Körper vom vielen Wandern, Reiten und Kajakfahren straff und durchtrainiert gewesen. Nun, ihr ganzer Lebensrhythmus hatte sich eben verändert.
    Nachdem sie sich umgezogen hatte, ging sie unter den hohen, alten, noch winterlich kahlen Bäumen, über denen schwarze Krähen kreisten, hinüber zum Wirtschaftsgebäude des Parks, um sich um die Futterbestellungen zu kümmern. Unterwegs streichelte sie einem Schaf über den Kopf, das hinter dem Gatter stand und sie, wie es ihr schien, fragend anschaute. Unbehaglich überlegte Chris, ob sie Jonas von dem Fernsehinterview erzählen sollte. Besser, ich sage es ihm gleich, dachte sie. Wenn er es später auf andere Weise erfährt, ist er umso wütender.
    Vielleicht würde ja doch noch alles gut werden. Dieser Landrat war zwar ein Rindvieh und es war gut möglich, dass er ihr übermorgen nach der Ausstrahlung des Interviews gleich die Kündigung schickte. Aber vielleicht sah er nach dem Interview endlich ein, dass es überhaupt keinen Widerspruch zwischen ihrer Arbeit als Zoologin hier im Park und ihrer Bestimmung als Schamanin gab. Sie hatte sich vor der Fernsehkamera wirklich alle Mühe gegeben deutlich zu machen, dass schamanisches Bewusstsein ökologisches Bewusstsein war. Und der Park bot ideale Voraussetzungen, um Menschen, die den Kontakt zur Natur verloren hatten, durch die Begegnung mit Tieren und Pflanzen neue Einsichten zu vermitteln. Der Landrat und die Leute im Kreistag mussten doch einfach kapieren, dass die Arbeit, die Chris hier machte, sinnvoll war!
    Susanne fragte sich, was ihr Chef von ihr wollte. Vermutlich hatte er bereits Druck von der Staatsanwaltschaft bekommen, weil es noch keine Neuigkeiten in Sachen Dompropst gab. Als sie eintrat, lächelte Antweiler - ein gutes Zeichen. Trotz Antweilers im ganzen Präsidium gefürchteter Arbeitswut war sein Schreibtisch stets perfekt aufgeräumt.
    »Wie läuft's im Propstfall?«, erkundigte er sich. Die Perfektion setzte sich bei Antweilers Sakko, den makellos gescheitelten Haaren und dem Dressman-Gesicht fort. Seine Brille passte so vollkommen, dass sie kaum auffiel. Böse Zungen behaupteten, der Chef funktioniere vollelektronisch und würde das Präsidium außerhalb der Dienststunden nicht verlassen, sondern vom Hausmeister abgeschaltet und in einem geheimen Schrank im Keller abgestellt. Susanne wusste aber, dass an diesem Gerücht nichts dran war, da sie zu der kleinen Schar auserwählter Kollegen gehörte, die von Antweiler einmal im Jahr an seinem Geburtstag zu sich nach Hause eingeladen wurden. Er wohnte allein in einer hellen, asiatisch-nüchtern wirkenden Dachwohnung in Köln-Deutz, mit herrlichem Blick auf Rhein, Hohenzollernbrücke und Dom. Seine Küche war so perfekt aufgeräumt wie sein Schreibtisch und er kochte ganz vorzüglich.
    »Noch nicht zufriedenstellend«, antwortete sie. »Ich habe eine Zeugin, die gesehen hat, dass zwei Männer die Leiche aus dem Dom trugen. Die Beschreibung des einen passt auf Scharenbroich, den Dechanten. Aber die Zeugin ist obdachlos - delirierende Alkoholikerin.«
    Antweiler winkte ab. »Dann können Sie sie vergessen.« Susanne seufzte. »Meine einzige Hoffnung ist, dass Scharenbroich sich irgendwie verrät. Er ist sehr nervös und scheint etwas verbergen zu wollen. Dann ist da noch ein junger Theologe. Martin Hatheyer. Schwul, meiner Meinung nach. Er und Oster haben sich offenbar sehr nahe gestanden ... «
    Antweiler hob die Brauen. »Sie meinen, er hat dem Propst den Arsch gefickt?« Antweilers Wortwahl war mitunter nicht so makellos wie sein Äußeres.
    »Gut möglich«, sagte Susanne. »Jedenfalls werde ich ihm heute auf den Zahn fühlen. Er ist offenbar in tiefer Trauer. Und der Beschreibung nach könnte Hatheyer der Mann sein, den der Hotelportier wegrennen sah.«
    »Was hat die Obduktion ergeben?«
    Susanne hob die Schultern. »Nicht viel. Wie ich vermutet hatte, ist Oster von vorn erschlagen worden.« »Vermutlich mit einer Bibel...« Sie lachte. »Nein, mit einem länglichen, schweren Metallgegenstand. Ein großer Kerzenleuchter

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