Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
schriftlichem Bericht und Akte. Jetzt draußen eine rauchen, ehe ich ins Auto steige, dachte sie sehnsüchtig. Irgendwo hinten in ihrem Kopf turnte der Marder herum, hüpfte auf einen Ast und schaute sie wachsam an. Na gut, dachte sie. Keine Zigarette.
Ehe sie sich hinters Steuer setzte, sagte sie sich grimmig: Okay, es ist unwahrscheinlich, dass Vandenberg etwas mit dem Einsturz zu tun hat. Aber sollte sich herausstellen, dass er doch dahintersteckt, bringe ich ihn hinter Gitter! Mag Herkenrath auch noch so sehr um den guten Ruf der Familie besorgt sein.
Das blaue Licht, von dem Maggie gesprochen hatte, konnte Susanne nirgendwo einordnen und schrieb es einstweilen einer Sinnestäuschung zu. Immerhin war die Frau schwer verletzt und stand unter Schock.
Chris hatte erwartet, dass Jonas wütend werden würde, wenn sie ihm von dem Fernsehinterview erzählte. Doch er schwieg und rührte wortlos in seinem Nachmittagskaffee herum. Sie saßen am Küchentisch. Der alte Kühlschrank summte vor sich hin. Draußen vor dem Fenster verschwanden die Eifelhügel hinter einem grauen Schneeregen.
Mit diesem Schweigen hatte Chris nicht gerechnet. Sie versuchte irgendetwas aus seinem Mienenspiel abzulesen, was ihr aber nicht gelang. Er trank seinen Kaffee aus und schaute aus dem Fenster. Das Schweigen fing an schmerzhaft zu werden.
»Ich nehme an, du findest es ziemlich bescheuert, was ich da gemacht habe«, tastete sie sich ein Stück vor.
Er seufzte und zuckte die Achseln. »Spielt es denn eine Rolle, wie ich es finde? Du hast es doch längst getan, und du hättest es auch getan, wenn ich dir vorher davon abgeraten hätte. Allerdings ... «
»Ja?«
Jetzt schaute er sie endlich an, aber der Blick wirkte resigniert. »... verstehe ich es nicht. Was willst du anfangen, wenn sie dich rausschmeißen?« Seine Stimme klang leise und weit weg, als befände er sich unter Wasser. »Ich bin sicher, dass zwei Tage nach der Sendung dem Kündigungsschreiben im Briefkasten liegt. Ich verstehe nicht, warum du über ein Jahr lang für dem Projekt hier im Park kämpfst und dir jetzt selbst alles kaputtmachst.«
Er schüttelte langsam den Kopf. »Für mich ergibt das keinen Sinn. Ich glaube, ich habe dich früher besser verstanden.«
Chris starrte auf ihre leere Tasse und drehte sie langsam zwischen ihren Fingern hin und her. »Ich ... versuche doch nur meinem Weg zu folgen.«
»Aber wo soll er denn hinführen, dieser Weg? Das würde ich gerne mal wissen.« Nach einem kurzen, unbehaglichen Schweigen fügte er hinzu: »Du hast selbst keine Ahnung, stimmt's? Du folgst einem unerfüllbaren Ideal, das dir dieser alte Indianer in den Kopf gesetzt hat und das kein normaler Mensch nachvollziehen kann.«
Er schien nicht hier bei ihr in der Küche zu sein, sondern woanders, vielleicht auf seiner Dienststelle. Sie atmete tief durch und versuchte ihrer Stimme einen lockeren Klang zu geben. »Lass uns jetzt nicht mehr davon reden, okay? Nachher streiten wir uns bloß wieder, und das möchte ich nicht.«
Sie setzte ein Lächeln auf, hatte aber das Gefühl, dass es ziemlich schief aussah. »Weißt du was? Lass uns doch heute Abend nach Blankenburg fahren und ins Kino gehen. Wir waren schon lange nicht mehr im Kino ... «
Sein Blick wanderte wieder zum Fenster. »Nette Idee«, sagte er. »Aber sorry: Ich hab schon was vor. Bin mit Schöntges und Toni in der Pfeffermühle verabredet.« Er stand auf, wusch seine Tasse aus und stellte sie ins Spülbecken. Dann ging er wortlos hinüber ins Wohnzimmer.
Sie hörte, wie er den Fernseher einschaltete. Nun wäre es Chris fast lieber gewesen, sie hätten sich heftig gestritten. Es schien ihr kein gutes Zeichen zu sein, dass er nicht einmal mehr wütend wurde. Ich mag diese drückende Stille nicht, dachte sie. Wasser tropfte ins Spülbecken. Ich möchte, dass es zwischen uns wieder so ist wie früher. Da hat er mich so gewollt, wie ich bin, und es war ihm egal, ob die anderen mich für verrückt halten. Warum kann ich ihn nicht mehr verzaubern? Das Tropfen ging ihr auf die Nerven. Sie stand auf und drehte den Hahn über der Spüle fester zu. Dann zog sie in der Diele Wanderschuhe und Jacke an und ging in den Garten. Der Niederschlag hatte nachgelassen. Während sie auf den Waldrand zustapfte, hielt sie krampfhaft nach etwas Lebendigem Ausschau. Doch der Garten wirkte leer, wollte offenbar nicht mit ihr reden. Da war nicht dieses geheimnisvolle, viel versprechende Leuchten hinter den Dingen, wie an den guten
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