Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
die Schwester betroffen war, verbarg sie das ziemlich gut. Ja, sie setzte sogar ein spöttisches, kühles Lächeln auf. »Weltliche Menschen vermuten hinter Klostermauern immer sehr gerne alle möglichen wüsten Geheimnisse, Herr Kommissar. Dass ein Mann und eine Frau auf eine sehr sittsame Art miteinander befreundet sein können, kommt Ihnen draußen wohl nur selten in den Sinn. Ich versichere Ihnen, zwischen den beiden ist nichts vorgefallen, das Anlass für irgendwelche Erpressungsversuche sein könnte.«
    Susanne musste unwillkürlich grinsen. Diese Schwester Elisabeth war gar nicht ohne. Der Bergheimer Kommissar schwieg jetzt grimmig, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
    Zum ersten Mal schaltete Tönsdorf sich ein. »Wenn ich Sie richtig verstehe, gehen Sie von Mord aus.«
    Schwester Elisabeth hob die Hände. »Da es kein Selbstmord gewesen sein kann ... Finden Sie den Mörder von Weihbischof Oster. Ich bin über zeugt, er hat auch unsere Oberin auf dem Gewissen.«
    »Und Sie haben keine Idee, worin das Motiv dieses Mörders bestehen könnte?«, fragte Susanne. »Wussten der Dompropst und die Oberin etwas, weswegen jemand sie zum Schweigen bringen wollte?«
    Sie hatte das ganz spontan gefragt, einfach ins Blaue hinein, und merkte, dass Schwester Elisabeth darauf reagierte. Sie hatte sich ausgezeichnet in der Gewalt. Aber da war ein kleines Zucken in ihren Augen und um den Mund. »Wir leben hier sehr zurückgezogen«, sagte sie. »An dem, was draußen in der Welt geschieht, nehmen wir nur wenig Anteil. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Suchen Sie in Köln nach den Antworten. Ich bin sicher, dass Sie sie dort finden werden.«
    Nach diesen Worten wurde das Gesicht der Schwester so steinern, dass es aussah, als hätte sie soeben beschlossen, ein Schweigegelübde für die nächsten dreißig Jahre abzulegen.
    Draußen auf dem mittelalterlich düsteren Flur schlug Tönsdorf vor, auch noch die anderen Nonnen zu befragen, doch Meilchen winkte ab. »Sinnlos«, sagte er.
    Susanne fragte die alte Nonne, die sie wieder nach draußen begleitete, ob sie wisse, welche historische Verbindung zwischen dem Kloster und dem Kölner Dom bestehe. »Keine von uns anderen weiß darüber mehr als Schwester Elisabeth«, entgegnete die Nonne schroff.
    Einen Moment spielte Susanne mit dem Gedanken, Tönsdorfs Vorschlag zu folgen und alle Nonnen zu vernehmen, verwarf diese Idee aber wieder. Dieser alte Drachen hier, der sie zum Tor begleitete, genügte ihr vollauf.
    Als der Mann im Trenchcoat ins Auto gestiegen und davongebraust war, warf Susanne Tönsdorf einen ratlosen Blick zu. »War nicht sehr ergiebig, unser kleiner Ausflug«, sagte sie.
    Tönsdorf zuckte die Achseln. »Immerhin haben wir so noch einen Blick auf ein historisches Gebäude werfen dürfen, das bald platt gemacht wird. Ist das nicht erhebend?«
    »Sehr witzig«, sagte Susanne. »Schauen wir mal, ob man hier in diesem Geisterdorf noch irgendwo Kaffee bekommt.«
    »Erst will ich einen Blick auf die Braunkohle werfen«, sagte Tönsdorf.
    Gleich hinter Bischofsweiler zweigte eine schlammverkrustete Stichstraße ab, die geradewegs zu einem hohen Erdwall führte. An der Stelle, wo die Straße dicht vor dem Wall nach links abknickte, parkte Tönsdorf. Sie stiegen wieder aus dem Wagen, ignorierten ein Betreten-verboten-Schild und kletterten einen kleinen Trampelpfad hoch, den andere neugierige Ausflügler im Laufe der Zeit in den mit niedrigem Gestrüpp bewachsenen Wall getreten hatten. Tönsdorf schnaufte dabei erheblich lauter als Susanne.
    Oben auf dem Wall sog Susanne scharf die Luft ein. Dass sie das letzte Mal am Rand einer Braunkohlegrube gestanden hatte, lag fast zwanzig Jahre zurück. Während eines Schulausflugs war das gewesen. Genau wie damals war der Anblick ein Schock für sie. Susanne und Tönsdorf standen am südlichen Rand des Tagebaus Hambach. Nach Westen und Norden erstreckte sich das gähnende Loch, in dem die mächtigen Schaufelradbagger die Kohle fraßen, kilometerweit bis zum Horizont, und der Dunst flimmerte über den aufgerissenen Erdschichten. Der Bagger, der sich mit seinem riesigen kreisenden Maul am Südrand der Grube vorwärtsfraß, war nicht mehr weit von einem einzeln stehenden Gebäude entfernt, einem prächtigen alten, schlossartigen Gutshof. Susanne fragte sich, ob das der Hof war, über den sie kürzlich in der Zeitung gelesen hatte. Er war von einem Biobauern bewirtschaftet worden. Jahrelang hatte der Bauer immer wieder Probleme mit dem

Weitere Kostenlose Bücher