Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
Denkmalschutzamt gehabt, weil jede kleine Veränderung an den Ställen oder dem Wohngebäude genehmigt werden musste. Doch dann kam die Kölnische Braunkohle AG, und der Bauer musste seinen Hof und sein Land verkaufen. Dagegen, dass die Braunkohle AG den ganzen Hof niederwalzte, um darunter die Kohle wegzubaggern, hatte das Denkmalschutzamt keine Einwände.
Wie alt mochte der Gutshof dort sein, fragte sich Susanne. Zweihundert Jahre? In ein paar Wochen würde keine Spur mehr von ihm übrig sein, als hätte die von den Baggerschaufeln zerpflügte Erde ihn vollkommen verschluckt
Tönsdorf sog an seiner Zigarette und starrte auf die von Menschen geschaffene Wüste. Nach einer Weile sagte er: »Bin ich froh, dass ich meine Brötchen als Polizist verdiene und nicht als Baggerführer.« Er gab Susanne einen behutsamen Klaps auf die Schulter. »Komm, jetzt kann ich auch einen Kaffee vertragen.«
Eine halbe Stunde, nachdem die Polizei gegangen war, bat Schwester Elisabeth alle Nonnen zu einer Besprechung ins Refektorium des Klosters. Acht Frauen in Grau saßen dort um den großen Tisch versammelt, die jüngste von ihnen war dreiundsechzig, die älteste fünfundachtzig Jahre alt. Die Räume hinter den dicken Mauern strahlten mittelalterliche Düsternis aus, dennoch war es den Schwestern gelungen, hier im Refektorium eine wohnliche Atmosphäre zu schaffen. Es gab viele Kerzen, bunte Blumengestecke und freundlich gemusterte selbst gehäkelte Tischdecken.
Schwester Elisabeth hielt einen Brief in der Hand. »Der war heute Morgen in der Post«, sagte sie. »Es ist ein anonymer Brief, den Text hat der Absender aus Zeitungsausschnitten zusammengeklebt.«
Sie reichte den Brief der Nonne, die rechts von ihr saß, einer kleinen, kugelrunden Frau mit einer Nickelbrille. »Irmtrud, lies ihn vor.«
Irmtrud rückte ihre Brille zurecht, räusperte sich und las: »An die Schwestern im Kloster Bethlehem. Weihbischof Oster und Schwester Hildegardis sind tot, weil sie ihren Eid brechen wollten. Wer das Geheimnis kennt und nicht darüber schweigt, muss sterben.«
Schwester Irmtrud machte ein sehr betroffenes Gesicht. »Mein Gott«, ächzte sie. »Unterschrieben ist der Brief mit: Einer aus der Geheimen Zunft.« Die alten Schwestern redeten aufgeregt durcheinander.
Elisabeth hob die Hand. »Ihr wisst, dass ich eingeweiht bin«, sagte sie. »Es war in der Tradition dieses Klosters immer üblich, dass die Stellvertreterin der Oberin eingeweiht wird, damit das Geheimnis bewahrt bleibt, falls die Oberin plötzlich verstirbt.«
Sie schwieg einen Moment. Ihre Mitschwestern schauten sie erwartungsvoll an. »Ich habe heute Nacht lange gebetet«, fuhr Elisabeth fort. »Dabei hat unser Herr mir den Weg gezeigt. Es ist eine ganz besondere Stunde gekommen. Angesichts der drohenden Gefahr werde ich das Geheimnis mit euch allen teilen ... «
Wieder redeten die anderen aufgeregt durcheinander. Elisabeth hob die Stimme. »... Ich werde es mit euch teilen, damit ihr in der Lage seid, mit mir gemeinsam eine Entscheidung zu treffen. Ich will diese Last nicht allein tragen. Weihbischof Oster und Hildegardis wollten sich an den Ministerpräsidenten wenden, in einem letzten, verzweifelten Appell - in der Hoffnung, das Kloster und« - sie deutete auf den Fußboden - »das, was sich darunter befindet, doch noch retten zu können. Nun liegt die Entscheidung bei mir, bei uns, ob wir uns an den Ministerpräsidenten wenden und riskieren, dass der Mörder ein weiteres Mal zuschlägt - oder ob wir beten und schweigen und alles Weitere in Gottes Hände legen.«
Ein schwaches, kaum merkliches Zittern lief durch den Fußboden. Leise, von weit her, war Maschinenlärm zu hören. »Sie fangen wieder mit den Bohrungen an«, sagte Irmtrud mit ängstlicher Stimme und rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her.
Da die Arbeiten offenbar unter Zeitdruck stattfanden, wurden jetzt sogar nachts Entwässerungsbohrungen in die Erde getrieben. Gleich neben dem Kloster. Die Schwestern hatten kaum ein Auge zubekommen. Und keine hundert Meter entfernt wurde gesprengt.
Elisabeth zog etwas aus der Tasche ihres Habits und legte es auf den Tisch. Die anderen Frauen streckten neugierig die Köpfe vor. Es war ein ganz normal aussehender einzelner Schlüssel, befestigt an einem kleinen braunen Schlüsseletui.
»Ist er das?«, fragte die alte Riglindis mit großen Augen. »Ich meine, ist es tatsächlich der Schlüssel?«
Elisabeth nickte. »All die Jahre hätte ich viel darum gegeben«,
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