Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
Vom Netzwerk:
gegen dich aufhetzen und es genießen, Zuschauer des dann folgenden Trauerspiels zu sein.«
    »Stuer, das geht wirklich zu weit«, sprang Ermekeil Scharenbroich zur Seite. Scharenbroich nickte ihm dankbar zu. Dann verließ, er, ohne die anderen noch eines Blickes zu würdigen, die Krypta. Während er die Treppe hocheilte und hinüber zur Sakristei ging, dachte er: Ich wünschte, ich wäre im Mittelalter Propst gewesen, als die Domherren noch reiche, mächtige, kriegserprobte Adelige waren. Wie Konrad von Hochstaden hätte ich mir den Bischofsstuhl erkämpft und meine Gegner unter den Domherren im Schlaf ermorden lassen. Während er durch die kühlende frische Luft draußen vor dem Dom zum Priesterseminar ging, versuchte er sich auszumalen, welche Figur er hoch zu Ross gemacht hätte, mit seinen Leuten gezückten Schwertes den Bischofspalast erstürmend. Nein, dachte er, meine Beine wären dafür zu kurz und mein Bauch zu dick.
    Scharenbroich vermutete, dass er Martin um diese Zeit in der Bibliothek antreffen würde. Er ging durch einen langen Flur, an dessen Wänden die ernsten Gesichter von Kölner Theologen hingen. Josefs Ermordung. Martins und seine Verwicklung in die Sache. Diese knochenharte Kommissarin, die ihn wie mit Röntgenaugen angeschaut hatte. Der Tod der Oberin. Das Verschwinden der Schlüssel und des Geheimen Buches. Seine neuen Aufgaben als Propst. Alles schien auf ihn einzustürzen. Herr, lass mich einen kühlen Kopf bewahren, flehte er innerlich, zog sein Taschentuch hervor und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    Die Tür zur Bibliothek war geschlossen. Vor der Tür stand ein bulliger Mann mit stattlichem Bauch und rauchte. Als Scharenbroich auf die Tür zumarschierte, fragte er: »Zu wem wollen Sie?« Dann blies er etwas gelangweilt, wie es schien, Rauch zur Decke.
    »Zu Herrn Hatheyer«, antwortete Scharenbroich irritiert. »Wer sind Sie überhaupt?«
    Der Mann, dessen gerötetes Gesicht auf eine gewisse Neigung zum Alkohol schließen ließ, zog einen Ausweis aus der Jackentasche und hielt ihn ihm hin. »Kommissar Tönsdorf, von der Kripo. Meine Kollegin, Frau Wendland, ist gerade dort drin und unterhält sich mit Herrn Hatheyer.«
    Er musterte Scharenbroich interessiert. »Sie sind der Domdechant, stimmt's? Sie haben in der Nacht auf der Domplatte Herrn Oster identifiziert. Was wollen Sie denn von Hatheyer, wenn ich fragen darf?«
    Scharenbroich überlegte fieberhaft, wie er sich verhalten sollte. Was wollte die Polizei von Martin? Welche Fragen stellte diese Kommissarin ihm gerade? Und was würde er ihr für eine Geschichte erzählen?
    »Ich ... wollte ihn in einer persönlichen Angelegenheit sprechen. Ich denke nicht, dass ich Ihnen darüber Auskunft geben muss.«
    Tönsdorf überlegte einen Moment. Dann öffnete er die Tür. »Kommen Sie«, sagte er und ging mit Scharenbroich hinein. »Könnte mir vorstellen, dass Herr Hatheyer ein bisschen geistlichen Beistand gebrauchen kann.«
    Der Geruch nach alten, staubigen Büchern, der den kleinen Leseraum erfüllte, war Scharenbroich immer schon unangenehm gewesen und reizte ihn zum Husten. Und die theologischen Traktate, mit denen die dicken alten Bände in den Regalen gefüllt waren, hatten ihn noch nie interessiert, ganz im Gegensatz zu Martin, der ein richtiger Bücherwurm war.
    Martin saß vorgebeugt neben einem der Tische und starrte zu Boden, nervös die Hände ineinander verknäult. Die Art, wie die Kommissarin vor ihm auf der Tischkante saß, erschien Scharenbroich geradezu aufreizend lässig. Offenbar betrachtet sie den Jungen als ihre Beute, die sie nun nicht mehr aus den Fängen lässt, dachte Scharenbroich.
    Martin blickte auf. »Sie haben mir gerade noch gefehlt, Domdechant.« Seine Stimme klang gereizt und müde.
    Die Kommissarin wandte sich Scharenbroich zu. »Haben Sie uns etwas zu sagen?«, fragte sie kühl und stand auf. Sie war so groß und energisch. Ihre scharf funkelnden Augen verunsicherten ihn zutiefst. Er musste sich zusammennehmen, Autorität ausstrahlen.
    »Wie ich schon zu Ihrem Kollegen sagte, wollte ich Herrn Hatheyer in einer persönlichen Angelegenheit sprechen.«
    Martin schien weniger nervös zu sein, als Scharenbroich zunächst ver mutet hatte. Mit ruhiger Stimme sagte er: »Ich habe ihr von meiner Liebesbeziehung zu Josef erzählt.« Scharenbroich blickte irritiert zwischen ihm und der Kommissarin hin und her.
    »Sie wussten ebenfalls davon, nehme ich an?«, fragte sie.
    »Nun ...« Hatte er ihr nur von der

Weitere Kostenlose Bücher