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Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Wendland & Adrian 02 - Die Krypta

Titel: Wendland & Adrian 02 - Die Krypta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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ihr Kontakt aufnehmen.
    »Es würde dir bestimmt gut tun, etwas raus ins Grüne zu fahren«, sagte Roland.
    »Nimm Ahriman mit, der freut sich garantiert. So, ich muss los.« Er gab ihr noch einen Kuss und ging hinaus.
    In Bischofsweiler standen an diesem Morgen drei Ordensschwestern draußen vor der Klosterpforte und sahen zu, wie die Erste der mächtigen Kastanien gefällt wurde. Vom Dorf her drang der Lärm der Bagger herüber, die die letzten Häuser des alten Ortskerns niederrissen.
    »Ich glaube, Schwester Hildegardis und Weihbischof Oster hatten Recht. Es wird eine Katastrophe geben.« Die Stimme der alten Schwester Riglindis war über das Kreischen der Motorsäge hinweg kaum zu verstehen. Ein angeseilter Arbeiter hockte oben im Stamm der Kastanie und trennte gerade einen dicken Ast ab.
    »Alles liegt in Gottes Hand«, sagte Schwester Elisabeth.
    »Nach dem zu urteilen, was du uns dort unten in dem Gewölbe gezeigt hast, bin ich sicher, dass eine Katastrophe bevorsteht.« Riglindis sagte das ganz ohne Angst. Offenbar fand die alte Frau die Ereignisse erregend. Ihre Augen funkelten.
    »Ich fürchte mich«, sagte Schwester Irmtrud und rückte nervös ihre Brille zurecht. »Da kann ich noch so viel beten.«
    »Dennoch halte ich unsere Entscheidung für richtig«, sagte Elisabeth. »Ich glaube ohnehin nicht, dass Hildegardis und der Domprobst beim Ministerpräsidenten Gehör gefunden hätten. Wer nichts dabei findet, Kirchen, Klöster und ganze Dörfer von der Landkarte zu tilgen, wird sich durch die Warnungen von ein paar verschrobenen alten Nonnen wie uns wohl kaum von seinem Vorhaben abbringen lassen. Nein, es ist jetzt alles in Gottes Hand. Sie werden das alte Gewölbe zerstören und niemand weiß, was dann geschieht. Vielleicht ist es ja Gottes Wille, eine Katastrophe über die Menschen zu bringen, um sie wachzurütteln. Vielleicht braucht diese gottlos gewordene Gesellschaft Katastrophen.«
    »Auf jeden Fall finde ich das alles ungeheuer aufregend«, sagte Riglindis mit einem geradezu kindlichen Ausdruck im Gesicht. »Ich hätte nie gedacht, dass ich in meinem Alter noch Zeugin derartiger Ereignisse werden würde.«
    »Wie kannst du so was sagen?«, entgegnete Irmtrud empört. »Das ist unchristlich! Denk doch an die Not, die vielleicht über die Menschen hereinbricht!«
    Riglindis winkte ab. »Ich bin alt genug, um ehrlich zu sagen, was ich empfinde. Und ich fürchte mich nicht mehr vor dem Tod. Ich finde es ungeheuer spannend, was hier geschieht.« Sie kicherte. »Ich bin ganz kribbelig. Drüben bohren sie wieder an den Entwässerungsschächten und diese Vibrationen unter dem Kloster werden immer stärker. Ich glaube, es braut sich unten in der Erde etwas wirklich Gewaltiges zusammen, aber weil diese Ingenieure und Bauarbeiter, die hier alles in Schutt verwandeln, selber so viel Lärm machen, bemerken sie von dem anderen gar nichts. Das ist doch eine herrliche Ironie, oder nicht? Ich finde es jedenfalls amüsant.« Sie kicherte wieder.
    »Na, Riglindis, jetzt gehst du wirklich ein bisschen zu weit«, sagte Elisabeth vorwurfsvoll.
    Riglindis zuckte die Achseln. »Und? Wenn schon! Was macht das jetzt noch aus? Ich finde es toll, noch mal richtig was zu erleben, ehe ich sterbe. Deine Idee, das Kloster nicht freiwillig zu räumen, ist ausgezeichnet.«
    »Das sind wir Hildegardis schuldig«, sagte Elisabeth. »Wir werden vor der Pforte ausharren und Psalmen rezitieren.«
    Riglindis rieb sich kichernd die knochigen Hände. »Der Polizei wird nichts anderes übrig bleiben als uns wegzutragen. So, wie sie es mit den Leuten gemacht haben, die diese Atomtransporte blockiert haben. Bestimmt sperren sie uns über Nacht ins Gefängnis und wir bekommen einen Platz in den Fernsehnachrichten!«
    »Wie kannst du nur so über diese Dinge reden!«, stöhnte Irmtrud. »Es wird alles ganz schrecklich werden! Ich wünschte, wir hätten es schon hinter uns.«
    Ihre Worte gingen in lautem Getöse unter. Drüben im Dorf wurde der Kirchturm gesprengt und fiel polternd in sich zusammen.
    Chris Adrian saß an ihrem Schreibtisch im Wirtschaftsgebäude des Wildparks und starrte auf den Brief der Kreisverwaltung, der ungeöffnet vor ihr lag. Ein kühler Luftzug wehte durch das weit aufstehende Fenster herein, was ihr gerade recht war, denn die frische Luft half ihr beim Nachdenken. Draußen schwankten die Äste der alten Buchen hin und her.
    Ein besonders heftiger Windstoß fegte den Brief vom Schreibtisch und ließ ihn auf dem

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