Wendland & Adrian 02 - Die Krypta
Flamme gekocht werden sollten. Nun ist Rüters der Ansicht, dass Sie charakterlich nicht dazu in der Lage sind, Ermittlungen auf sehr kleiner Flamme zu kochen - was, genau besehen, natürlich ein dickes Lob für Sie ist.«
»Und natürlich«, fiel ihm Susanne ins Wort, »haben Sie Rüters daraufhin auf den Kopf zugesagt, dass Sie ihn für ein Arschloch halten und dass er sich seine Planstellen in dasselbe stecken kann!«
Sie sah Antweiler erwartungsvoll an, doch dessen Gesicht blieb beunruhigend ausdruckslos. »Im Laufe meiner langen Dienstjahre in Köln habe ich gelernt mich mit der rheinischen Klüngel-Mentalität zu arrangieren«, sagte er. »Wenn man es geschickt anstellt, kann man sich zwischen den verschiedenen Fallgruben hindurchlavieren und dabei einen möglichst großen Nutzen für alle Beteiligten erreichen. Selbstverständlich nehme ich die beiden Planstellen. Angesichts der dunklen Ringe, die Sie und Ihre Kollegen unter den Augen haben, bleibt mir gar keine andere Wahl.«
Susannes Magen zog sich in plötzlicher Wut zusammen. »Das heißt, Sie nehmen mir den Fall weg?«
»Heepenstrick bekommt ihn.«
Susanne stöhnte. »Heepenstrick? Na, dann braucht sich Rüters ja keine Sorgen mehr zu machen!«
Sie sprang aus dem Stuhl auf. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie mir so in den Rücken fallen würden! Tönsdorf und ich leisten gute Arbeit und wir sind gerade dabei, den Dingen auf den Grund zu gehen!«
»Eben«, sagte Antweiler scheinbar ungerührt, »das ist es ja. Wenn jemand im Präsidium in der Lage wäre, diesen rätselhaften Fall aufzuklären, dann Sie. Sie sind ein Naturtalent, das weiß ich.«
»Und trotzdem werde ich dafür bestraft, dass ich gute Arbeit leiste?« Sie ging zur Tür. »Ich quittiere den Dienst!«, rief sie wütend. »Dieser Laden hier ist ja durch und durch korrupt. Und ausgerechnet Sie ... «
»Setzen Sie sich hin!«, rief Antweiler ärgerlich und schlug dabei mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich bin noch nicht fertig!«
Widerstrebend ging Susanne zum Stuhl zurück, tat ihm aber nicht den Gefallen sich zu setzen, sondern schaute von oben zu Antweiler herunter. Er nahm seine Brille ab und bewegte sie zwischen den Fingern hin und her.
»Bei Ihren vielen Überstunden und dem ganzen Resturlaub wäre es doch an der Zeit, dass Sie sich endlich mal ein paar Tage frei nehmen. Eine Woche vielleicht, oder zwei... «
»Resturlaub? Ich kündige!« Vor Susannes innerem Auge tauchte der Marder auf und schien in ihrem Geist ein Stück weiter nach vorn zu klettern. Sie merkte, wie sie etwas ruhiger wurde. Langsam, langsam, sagte eine leise innere Stimme, vielleicht der Marder, vielleicht ein rheinischer Schutzengel mit schief sitzendem Heiligenschein. Willst du wirklich alles hinschmeißen? Dass der Laden hier korrupt ist, weißt du nicht erst seit heute, wenn du ehrlich bist. Hör dir wenigstens an, worauf er hinaus will.
»Wie Sie Ihren Urlaub verbringen, ist natürlich Ihre Sache. Ich kann Sie nicht daran hindern, in Ihrer Freizeit die Nase in Dinge zu stecken, die dem Polizeipräsidenten Kopfzerbrechen bereiten. Wenn Sie bei dieser Freizeitbeschäftigung die ein oder andere kleine Hilfestellung aus der Abteilung bekommen, müsste das ja nicht an die große Glocke gehängt werden. Ich denke, Tönsdorf könnte die Rolle des Verbindungsmannes zu mir spielen. Dieser Aufgabe ist er wohl gerade eben noch gewachsen. Aber seien Sie vorsichtig.«
Susanne glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. War Antweiler völlig übergeschnappt? Andererseits war die Idee durchaus nicht ohne Reiz. Ihre Wut verflog allmählich wieder. »Kann es sein, dass Ihre Methoden ein wenig ungewöhnlich sind?«, fragte sie. »Vorsichtig ausgedrückt.«
Antweiler lehnte sich sichtlich zufrieden im Schreibtischstuhl zurück. »Schauen Sie sich doch den Zustand der Welt im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert an«, sagte er. »Glauben Sie etwa, dass wir damit gewöhnlichen Methoden weiterkommen?«
Auf dem Weg zur Tür blieb Susanne noch einmal stehen. »Was ist eigentlich mit dem Hauseinsturz?«, fragte sie. »Werden diese Ermittlungen auch auf kleiner Flamme gekocht?« Antweiler zuckte die Achseln, als ginge ihn das alles nichts an. »Die zuständige Abteilung in der Stadtverwaltung hat Oberstaatsanwalt Herkenrath heute einen Untersuchungsbericht geliefert, demzufolge der Einsturz auf eine Gasexplosion zurückzuführen ist. Ursache: Nicht ordnungsgemäße Instandhaltung der Heizung durch die Hausbesetzer. Damit ist
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