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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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erfunden.
    »Aber die meiste Zeit seines Lebens verbringt er im Busch. In Afrika, Südamerika, Asien. Überall, wo’s große wilde Tiere gibt. Er ist Zoologe. Und wenn er sich zwischendurch mal in Köln aufhält, ist er im Zoo anzutreffen.«
    Susanne betrachtete den toten Wachmann noch einmal eingehend. »Dann meinst du also, er ist von einem wilden Tier angefallen worden?«
    Toni machte ein Gesicht, als sei er ein bisschen enttäuscht, dass sie von alleine darauf gekommen war.
    »Kannst du mir dann vielleicht auch verraten, was dieses wilde Tier in einer Ölraffinerie zu suchen hatte?«
    Toni zuckte die Achseln. »Bin ich Kriminalist? Ich ermittele nicht. Ich gucke mir nur Leichen an. Komm, überbrücken wir die Zeit, bis Harry eintrifft, mit einem Käffchen.«
    Er schob die Leiche wieder ins Kühlfach und sie gingen über einen kurzen, steril riechenden, spiegelblank gebohnerten Flur in sein Büro, dessen Rückwand von einer großen Collage aus lauter Karnevalsfotos dominiert wurde. Toni war Karnevalist mit Leib und Seele und ein sehr gefragter Büttenredner. In einer kleinen Glasvitrine häuften sich Orden und andere karnevalistische Ehrenzeichen in großer Menge.
    Während er Kaffee aufsetzte, fragte Susanne: »Warum ist denn dein Harry Anfang Mai noch da? Karneval ist doch schon lange vorbei.«
    »Er bereitet eine neue Expedition vor. Wenn ich richtig orientiert bin, geht’s nach Borneo. Zu den Orang-Utans. Seit da die ganzen Urwälder abgefackelt wurden, geht’s denen wohl ziemlich dreckig. Schade. Das sind wirklich interessante Viecher. Ich würde gerne mal einen obduzieren.«
    Susanne verzog das Gesicht. Gerichtsmediziner! Sie mochte Orang-Utans und stattete ihnen im Menschenaffenhaus des Zoos gelegentlich einen Besuch ab. Wie Susanne selbst hatten sie endlos lange, schlaksige Arme und Beine. Und Susanne schaute ihnen wahnsinnig gern in die Augen, ohne genau sagen zu können, was sie darin zu finden hoffte.
    Sie zündete sich eine Zigarette an und Toni reichte ihr eine dampfende Kaffeetasse, die – wen wunderte es – mit dem Emblem eines Kölner Traditions-Karnevalskorps verziert war.
    »Tach auch!«
    Ein kleiner, ziemlich dicker Mann mit Stirnglatze und Brille stand in der Tür, der auf den ersten Blick eher wie ein Schalterbeamter wirkte. Auf den zweiten Blick sah Susanne aber, dass er große, kräftige Hände hatte und dass diese Hände und sein Gesicht jene tiefe Bräune aufwiesen, wie sie sich bei Leuten entwickelt, die den größten Teil ihres Lebens im Freien zubringen.
    »Nett, dass Kaffee für mich bereitsteht!« Er griff sich zielsicher eine der karnevalistisch verzierten Tassen und hielt sie Toni hin, der brav eingoss und sie dann miteinander bekannt machte.
    »Sie sind bei der Mordkommission?« Harry pfiff durch die Zähne. »Wie spannend! Krimis sind meine Leidenschaft, wissen Sie? Wenn ich nachts im Dschungel im Zelt liege, lese ich am liebsten Großstadtkrimis. Ich stopfe immer einen Stapel davon in meinen Rucksack. Wahrscheinlich ist es der Kontrast zwischen äußerer Umgebung und literarischer Welt, der mich dabei reizt. Aber der reale Polizeialltag ist vermutlich weit weniger aufregend, nehme ich an?«
    Susanne zog die Nase kraus. »Klar. Viel trockene Schreibtischarbeit.«
    Sie leerten ihre Kaffeetassen. Toni stellte seine mit einem Ruck ab. »Auf geht’s! Bin gespannt auf deine Meinung!«
    Sie gingen zurück in die Leichenhalle. Toni zog den Toten wieder aus dem Kühlfach. Wieder pfiff Harry durch die Zähne. Er beugte sich interessiert vor und musterte die Verletzungen gründlich. Dann richtete er sich auf und schaute Susanne mit fachmännischer Miene an. » Panthera pardus oder Panthera onca , wie mir scheint.«
    »Siehst du?«, triumphierte Toni. »Hab ich doch gesagt!«
    »Wie wär’s mit einer Übersetzung?« Susanne schaute Harry fragend an.
    »Ein Leopard oder ein Jaguar. Ja. Ich bin mir praktisch sicher, dass dieser Mann von einem Leoparden oder einem Jaguar getötet wurde. Schaut euch die Krallenspuren auf der Brust an und diese große Bissverletzung am Hals. Ein Löwe oder Tiger war’s nicht. Die sind zu riesig. Außerdem setzen sie an der Kehle meist nur einen Würgebiss an und reißen dann große Stücke Fleisch aus dem Körper heraus. Ein Puma wäre eventuell auch denkbar.« Er überlegte einen Moment, schüttelte dann den Kopf. »Nein. Pumas sind nicht stark genug, nicht so furchtlos. Ich tippe am ehesten auf einen Jaguar, weil der etwas kräftiger als ein Leopard

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