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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Kinn vor. »Bedaure. Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Erkundigen Sie sich in der Direktion.«
    Einen Moment schaute sie ihn wütend an. »Sehr kollegial!«, erwiderte sie dann schroff, ließ ihn stehen und ging davon.
    Becker sagte keinen Ton zu dem Vorfall. Diese Raffinerie-Interna waren ihm erkennbar gleichgültig. Schweigend stiegen sie in Krupkas Dienstwagen und fuhren zur Claus-Anlage. Dort ging Krupka zu der Stelle, an der Sempold gelegen hatte. Mit einem unbehaglichen, frostigen Schaudern, trotz der milden Mailuft, blickte er sich um. Becker, der sein Betäubungsgewehr geschultert hatte, gesellte sich stumm zu ihm.
    »Wirklich schwer zu glauben, dass sich ausgerechnet hier ein schwarzer Panther oder dergleichen herumtreiben soll«, durchbrach Becker schließlich das Schweigen.
    »Dort zwischen den Rohren ist das Biest herausgesprungen und hat Sempold angefallen.«
    »Vielleicht kauert er ja jetzt auch dort und beobachtet uns«, sagte Becker. Er nahm sein Betäubungsgewehr von der Schulter. Langsam ging er ein paar Schritte auf die Stelle zu.
    Krupka warf einen Blick hinüber auf die andere Seite der Straße, wo die hohen schlanken Türme der Gaswäsche aufragten. Da bewegte sich ein Schatten und jetzt schälten sich die Konturen eines Körpers aus der Dunkelheit. Schwarzes Fell. Leuchtende Augen, die ihn wachsam anblickten, aus höchstens zehn Metern Entfernung. »Becker!«, zischte Krupka.
    Mit langen Sätzen verschwand die große Katze in der Nacht.
    »Was ist?«
    »Da drüben war sie. Ich hab sie gesehen!«
    »Scheiße! Wohin ist sie verschwunden?«
    Krupka zeigte in Richtung Gaswäsche.
    »Dann los! Worauf warten Sie? Sagen Sie den anderen Bescheid!«
    Natürlich. Krupka zog sein Handy aus der Tasche. Ohne auf ihn zu warten, pirschte Becker mit erhobenem Gewehr los. Als Krupka gerade die Nummer eintippen wollte, hörte er die Stimme des Chefs.
    »Gute Arbeit, Krupka. Sie leisten ausgezeichnete Arbeit, das wollte ich Ihnen immer schon mal sagen.«
    Krupka zuckte unwillkürlich zusammen und drehte sich um. Der Chef stand zwei, drei Meter hinter ihm. Er kam auf ihn zu und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Chef! Ich habe die Raubkatze gesehen ...«
    »Ich auch, Krupka, ich auch.«
    »Ich wollte gerade meine Leute verständigen. Sie ist hinüber zur Gaswäsche gelaufen.«
    Die Haltung des Chefs war verändert. Seine Schultern hingen herab. Im Dämmerlicht glaubte Krupka zu sehen, dass es in Feltens Gesicht seltsam zuckte. Er lachte plötzlich schrill und etwas zittrig.
    »Ich habe immer alles gesehen, nicht wahr, Krupka?«
    Krupka schluckte. Wie meinte der Chef das? Was hatte er gesehen?
    »Ich habe alles gesehen ...«
    Krupka spürte, dass er etwas sagen musste, wusste aber nicht, was. »Nun, Sie sind ... ein weit blickender Mann, Chef.«
    Felten lachte wieder. Es klang unangenehm. Er packte Krupkas Schultern. »Ja, nicht wahr? Ich habe alles gesehen und deshalb konnte ich die Raffinerie immer gut führen. Ich habe alles durchschaut, was geschieht. Aber jetzt ist meine Sicht trübe geworden. Es geschehen Dinge, die ich nicht verstehe ... Oder vielleicht verstehe ich sie doch. Man muss für alles bezahlen, Krupka ... irgendwann. Für alles ... Schuld verjährt niemals ...« Sein Gesicht kam so dicht heran, dass Krupka seinen Atem spüren konnte. Was war nur mit dem Chef los?
    »Suchen Sie Ihren schwarzen Jaguar, Krupka. Sie werden ihn nicht finden. Aber vielleicht findet er Sie.«
    Der Chef ließ ihn los und ging davon. Das war nicht der gewohnte, Kraft und Führungsstärke ausstrahlende Gang. Gebeugte Schultern, langsame, beinahe schlurfende Schritte. Krupka wurde von einem eigenartigen Schauder erfasst. Jetzt besann er sich wieder darauf, dass er seine Leute herbeirufen wollte. Er wählte die entsprechenden Nummern und erteilte Anweisungen. Dann zog er seine Pistole und lief hinter Becker her, der sich jedoch bereits außer Sichtweite befand.
    Krupka lief auf die hohen Gaswäschetürme zu, die an senkrecht auf der Abschussrampe stehende Raketen erinnerten. Er war allein. Weit und breit sah er keinen Menschen. Auch den Chef hatte die Nacht verschluckt. »Becker?«, rief er. Da gab es so viele Schatten, in denen eine schwarze Raubkatze sich verstecken konnte. Plötzlich war die Raffinerie zu einem gefährlichen Ort geworden. Krupka brach der Schweiß aus. Es würde noch einige Minuten dauern, bis seine Leute eintrafen. Wo war Becker?
    Krupka blieb stehen, außer Atem. Er fragte sich, warum er so schnell gerannt

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