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Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Wendland & Adrian 03 - Nachtauge

Titel: Wendland & Adrian 03 - Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Görden
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Idee. Es ist wichtig, Präsenz zu zeigen, damit die Arbeiter von der Nachtschicht sich sicher fühlen.« Krupka bot ihm Kaffee an, doch Becker lehnte ab. Er könne kein Koffein vertragen, wegen seines Magens.
    Der Chef hatte die Belegschaft nach wie vor nicht über die Raubkatze informiert, was Krupka für falsch hielt. Der Polizeieinsatz am Nachmittag war schließlich nicht zu verbergen gewesen. Andererseits waren Unfälle trotz aller Vorsichtsmaßnahmen in technischen Anlagen dieser Größe unvermeidlich. Dass eine Raubkatze Sempold getötet hatte, überstieg wohl die Phantasie der meisten Arbeiter. Die Nachtschicht hatte jedenfalls wie gewohnt ihre Arbeit angetreten, ohne dass bislang unangenehme Fragen laut wurden. Jedenfalls war Krupka nichts zu Ohren gekommen.
    »Aus Sicherheitsgründen wäre es am vernünftigsten, die Raffinerie für zwei, drei Tage zu schließen und die Arbeiter alle nach Hause zu schicken«, sagte Becker. »Dann könnten wir jeden Winkel absuchen. Irgendwo muss das Vieh schließlich abgeblieben sein! Es kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben.«
    Der Mann hatte wirklich keine Ahnung! Krupka schüttelte heftig den Kopf. »Die Raffinerie schließen? Unmöglich! Eine Raffinerie ist in dieser Hinsicht wie ein Hochofen. Man kann sie nicht einfach für ein paar Tage zumachen wie eine Tankstelle! Die Anlagen müssen ständig weiterlaufen. Oder was glauben Sie, warum hier im Schichtbetrieb gearbeitet wird?«
    Becker zuckte mit sichtlichem Desinteresse an technischen Einzelheiten die Achseln. »Ich bin nur für die Sicherheit zuständig. Im Übrigen rücken wir morgen früh sowieso wieder ab.«
    Krupka seufzte. Beamte! »Ich lege mich jetzt etwas hin. Wir beide übernehmen dann mit Hilgert und Schneider und zweien Ihrer Männer die nächste Wache ab vierundzwanzig Uhr. Einverstanden?«
    Als Becker gegangen war, stellte sich Krupka den Wecker und streckte sich auf seiner Pritsche aus. Er fiel in einen unruhigen Schlaf. Als er verschwitzt und etwas zittrig nervös aufwachte, war es dunkel. Da war der beunruhigende Nachhall düsterer Traumbilder – schnelle, schattenhafte Bewegungen, ein Schrei. Rasch schaltete er das Licht ein und den summenden Wecker aus. Er träumte selten oder konnte sich jedenfalls nie daran erinnern. Mit einer ärgerlichen Handbewegung schüttelte er die Traumschatten ab. Er räusperte sich. Seine Kehle fühlte sich rau an, wie Schmirgelpapier. Er schluckte schmerzhaft, musste husten. Während er ein Glas Wasser trank, stand er einen Moment am Fenster und schaute hinaus auf die langen Schatten zwischen den tausend Lichtern der Raffinerie. Dann überprüfte er seine Pistole und ging hinüber zum Mannschaftsraum.
    Die erste Wache kam gerade zurück. »Etwas Auffälliges bemerkt?«, fragte Krupka. Seine Stimme hatte den gewohnten Ton, der keinen Zweifel daran aufkommen ließ, dass er der Werkschutzleiter war. Seine Kehle fühlte sich wieder normal an, das merkwürdig kratzende, schmerzhafte Gefühl war verschwunden. Bekam er etwa eine Erkältung? Dazu neigte er normalerweise überhaupt nicht. Er besaß eine Konstitution wie ein Pferd, was sich von seinen Männern leider nicht durchweg behaupten ließ.
    Hoppen, den Krupka schätzte, weil er diszipliniert und besonnen war, antwortete: »Nein, Herr Krupka, alles ruhig.« Hoppen arbeitete schon seit sieben Jahren beim Werkschutz hier in der Raffinerie und hatte Krupka doch vom ersten Tag an als neuen Leiter akzeptiert. Hoppen war einer der Aktivposten in der Mannschaft. Der Polizist, der Hoppen begleitet hatte, grinste. »Kein Wunder, dass dieses wilde Kätzchen sich hier wohl fühlt. Das ist ja der reinste Dschungel. Allein hätte ich mich garantiert verlaufen.«
    »Dieses Kätzchen hat einen Menschen getötet, vergessen Sie das nicht!«, sagte Becker säuerlich.
    Der angesprochene Polizist senkte den Blick, aber Krupka hatte nicht den Eindruck, dass er seinen Vorgesetzten besonders ernst nahm. Überhaupt fand Krupka ihre Art des Umgangs ziemlich flapsig und respektlos. Bei seinen Leuten hätte er ein solches Benehmen niemals geduldet. Becker hatte ganz offensichtlich Mühe sich Respekt zu verschaffen.
    Sie gingen in drei Zweiergruppen los, jeweils ein Polizist und ein Werkschutzmann. Wie abgesprochen, wurde Krupka von Becker begleitet.
    »Einen ziemlich schlappen Haufen haben Sie da«, brummte Krupka. Ein ganzer Kerl war er eindeutig nicht, dieser Becker. »Ist mir schon heute Nachmittag aufgefallen. Bei der Suchaktion. Sie

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