Weniger Arbeit mehr Gemuese mehr Sex - Roman
Lektion gelernt. Bestimmt.
Kein Jammern, Zaudern, Hadern mehr.
Schluss mit den halbherzigen Vorsätzen.
In Zukunft werde ich voll und ganz in meiner Ehe aufgehen. Meinen Mann lieben und ehren, mich von Herzen an seinen statistischen Bonmots erfreuen, bis zu meinem seligen Ende begeistert ins Engadin fahren und bei Sexszenen im Fernsehen umgehend umschalten. Nie mehr werde ich auf rosa oder sonst welche Krawatten eifersüchtig sein. Überhaupt werden mir Libidolamentos aller Art in diesem Leben nicht mehr über die Lippen kommen. Ich werde Thomas’ Sukkulenten eine gute Mutter sein, so schnell wie möglich den Mietvertrag für unser Traumhaus am Weßlinger See unterschreiben, rot-weiß karierte Bettwäsche kaufen und mich auch sonst um den gesamten Umzug kümmern. Ich werde mir einen friedlichen kleinen Übersetzerjob suchen, von zu Hause aus arbeiten, einen Gemüsegarten anlegen und mich von morgens bis abends an unserem Glück im Winkel freuen. Außerdem werde ich in Zukunft meinen Freundinnen eine ebenso kluge wie uneigennützige Ratgeberin sein, einmal die Woche meine Eltern besuchen und mich ehrenamtlich bei Greenpeace und Amnesty International engagieren. Und aufhören zu trinken werde ich auch.
Letzteres aber erst ab morgen.
»Komm, lass uns anstoßen! Auf ein neues Kapitel in unserem Leben!«, rufe ich und öffne eine Flasche Champagner für Thomas und mich.
»Ich fühle mich wie neugeboren! Und ich finde, ich sollte das feiern. Mit einer richtig tollen Geburtstagsparty, wie in den alten Zeiten. Was meinst du?«
Thomas guckt etwas gequält. Bei den tollen Geburtstagspartys in den alten Zeiten haben wir uns in erster Linie darüber gestritten, ob als Tanzmusik nun Discohits der 80er-Jahre (ich) oder Glenn Millers Foxtrottoldies (Thomas) zum Einsatz kommen sollten. Außerdem ist er ja der klassische Cocooning-Typ. Bei größeren Festivitäten bekommt er vor lauter Nervosität schon Stunden vor Veranstaltungsbeginn Migräne.
»Das Ganze wäre natürlich auch eine Art Abschiedsfest, wo wir dann doch im Februar aufs Land ziehen«, lächele ich liebevoll und nehme Thomas’ Hand.
Seine Miene hellt sich auf. »Du hast recht, so machen wir’s«, sagt er schließlich. »Lass uns eine richtig schöne Silvesterparty machen. Ich werd gleich morgen mal beim Beck in der Musikabteilung schauen, ob ich nicht ein paar neue Aufnahmen von Benny Goodman und Bill Haley finde!«
Bill Haley, auch das noch! Ich habe mehr an Culture Club gedacht. Doch die neue Sandra ist weise, großmütig und auf Ausgleich und Harmonie bedacht wie ein Yogi auf dem Weg zum Nirwana.
»Wunderbar, ich freu mich! Lass uns alle unsere Lieben einladen!«, strahle ich und schenke uns Champagner nach. »Das wird bestimmt für uns alle ein unvergesslicher Abend!«
v v v
»Und seitdem seid ihr wirklich ein Herz und eine Seele?«, fragt Neele kritisch. Ich glaube, aus ihrer Stimme einen Hauch von Bedauern heraushören zu können. Aber wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein.
Sie hat zu unserem traditionellen Weihnachtsessen eingeladen, und ich stehe in ihrer Küche bereit, um so niedere Vorbereitungsarbeiten wie Gemüseputzen und Kräuterhacken zu übernehmen.
»Und was ist mit Schnackseln?«
Ich hab’s gewusst. Menschen können sich durchaus ändern, wie ich seit Neuestem aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Aber Neele wird auf ewig Neele bleiben. Gut, dass ich auf ihre Frage vorbereitet bin.
»Schnackseln ist kein Thema mehr«, erkläre ich ihr sanft und von innen heraus strahlend (wie ich hoffe).
»Wir haben endlich über wirklich alles total offen geredet. Und wir sind uns einig, dass es letztlich gar nicht darauf ankommt, wie oft man miteinander schläft. Halt genau das, was du mir damals an dem Rioja-Abend auch schon gesagt hast. Das Einzige, was wirklich wichtig ist, ist dieses starke Zusammengehörigkeitsgefühl.«
»Ja, du brauchst jetzt gar nicht so spöttisch zu gucken«, sage ich tadelnd und nehme noch einen Schluck Weinschorle. Ganz alkoholfrei ist doch ein bisschen viel verlangt, wie ich inzwischen gemerkt habe.
»Ich bin da jetzt völlig entspannt. Wenn Thomas Lust hat, genieße ich es – und wenn er keine Lust hat, bin ich trotzdem wunschlos glücklich. Auch liebender Verzicht kann eine Erfüllung sein, jawohl! Außerdem hab ich im letzten Jahr wohl oder übel lernen müssen, dass es ’ne Menge wichtigere Dinge gibt als unsere Orgasmusfrequenz. Aber sag doch mal, wie geht’s denn dir überhaupt?«
Neele seufzt und
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